Erfolgreiches Jahr für Autobahnbau in Tschechien

Autobahn D3

111 neue Autobahnkilometer – das ist die Bilanz beim Straßenbau in Tschechien für 2024. Und es ist ein neuer Jahresrekordwert. Wichtiger für die Branche sind inzwischen auch sogenannte PPP-Projekte, bei denen öffentlicher und privater Sektor zusammenarbeiten.

Die Autofahrer in Tschechien erleben in dieser Woche vorgezogene Weihnachten. Fast 100 neue Autobahnkilometer werden bis Samstag freigegeben. Dies betrifft etwa einzelne Abschnitte auf der D48 im Kreis Olomouc / Olmütz oder auf der D55 im Kreis Zlín. Vor allem aber richtet sich am Dienstag alle Aufmerksamkeit auf das Gebiet zwischen Prag und České Budějovice / Budweis, wo die D4 um etwa 50 Kilometer verlängert wurde. Nun kommt man von der Hauptstadt per Autobahn bis nach Písek. Martin Kuba (Bürgerdemokraten), Hauptmann des Kreises Südböhmen, sagte dazu in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

Martin Kuba | Foto: Judita Šímová,  Tschechischer Rundfunk

„Für uns hat diese Woche eine riesige Bedeutung. Der Kreis Südböhmen bekommt nun nicht nur Anschluss an die D4, sondern am Samstag werden wir noch einen weiteren Teil der D3 eröffnen. Sie führt dann als Umfahrung von Budweis bis nach Kaplice. Das alles ist sehr wichtig, damit die Menschen über kürzere Entfernungen schneller von einem Ort an den anderen gelangen. Dies trägt extrem zur Wirtschaft und zum Leben unserer Region bei.“

Der Ausbau der D4 ist das erste PPP-Projekt beim Straßenbau in Tschechien. Public-private-Partnership ist die englische Bezeichnung für eine Kooperation des öffentlichen und des privaten Sektors. In diesem Falle hat das tschechische Verkehrsministerium das französische Konsortium Via Salis mit der Ausführung der Baupläne beauftragt. Der Publizist Jan Sůra vom Portal zdopravy.cz gibt eine erste Einschätzung:

„Es ist ein Pilotprojekt. Derzeit ist es noch zu früh, den ganzen Prozess zu bewerten. Denn Bestandteil dieser PPP-Projekte ist nicht nur der Bau der Autobahn, sondern auch ihr Erhalt in den kommenden Jahren. Es war im Interesse der ausgewählten Unternehmen, alles pünktlich fertigzustellen, damit sie nun die Finanzen für den Autobahnbetrieb einkassieren können. Man muss nämlich auch dazu sagen, dass diese Art der Finanzierung des Autobahnnetzes nicht ganz billig ist. Mit Blick auf die künftige Belastung des Staatshaushaltes kann das noch zu einem recht großen Problem werden.“

Jan Sůra | Foto: Jan Jaskmanický,  Český rozhlas

Im Falle der D4 zahlt der tschechische Staat insgesamt etwa 18 Milliarden Kronen (720 Millionen Euro) an Via Salis.

Sůra macht noch auf ein weiteres zentrales Bauprojekt in Tschechien aufmerksam, nämlich die Weiterführung des Prager Stadtrings. Am Montag ist der östliche Bauabschnitt eröffnet worden, der ab 2027 die D11 und die D1 verbinden soll. 13 neue Kilometer des Stadtrings, der einmal ganze 83 Kilometer messen soll. Bisher ist etwa die Hälfte vorhanden. Verkehrsminister Martin Kupka (Bürgerdemokraten) gibt einen Ausblick für den Nordwestteil der D0:

„Für das nächste Stück schauen wir ins Jahr 2030, wenn es fertig sein könnte. Dieses Jahr ist es uns gelungen, den positiven Bescheid zur Umweltverträglichkeit dieses wichtigen Abschnitts zwischen Ruzyně und Březiněves zu bekommen.“

Der Prager Ring hat laut Kupka, ebenso wie die geplante Verbindung D35 zwischen Pardubice / Pardubitz und Olmütz, eine große Bedeutung für ganz Mitteleuropa.

Martin Kupka | Foto: Khalil Baalbaki,  Tschechischer Rundfunk

Das kann zukünftig auch für die D3 in Südböhmen gelten, wenn sie denn irgendwann bis an die Grenze nach Österreich heranführt. Dass der Autobahnausbau hierzulande so lange dauere, sei ein spezifisch tschechisches Problem, meint Kreishauptmann Kuba:

„In Mittelböhmen wird um die D3 wortwörtlich ein Kampf mit den Gegnern geführt. Die Rechtsvorschriften im tschechischen Baugesetz erlauben leider ein Einspruchsystem. Es bietet jedem, der ein Bauvorhaben blockieren und aufhalten will, breiten Raum. Ich persönlich bin überzeugt, dass die Bearbeitung solch unsinniger Dinge eine viel größere Verzögerung verursacht als etwa die Digitalisierung der Baugenehmigungsverfahren, über die so viel diskutiert wird. Denn jeder Einwand muss ans Ministerium gehen, dann wird erneut Widerspruch eingelegt, und dann geht es auf die Gerichtsebene.“

So hätten es die Gegner von Bauvorhaben in Tschechien heute wesentlich leichter, die Arbeiten zu verzögern, als die Bauherren, die die Arbeiten zu Ende führen wollten, kritisiert Martin Kuba.

Autoren: Daniela Honigmann , Lucie Špetová | Quelle: Český rozhlas Plus
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