Ordnungsverstoß mit Ansage: Zahlreiche Gaststätten missachten vorgezogene Sperrstunde
In Tschechien regt sich weiterer Protest gegen die Anti-Corona-Maßnahmen. Am Mittwochabend missachteten zahlreiche Gastbetriebe die gerade in Kraft getretene Regierungsverordnung, nach der sie um 20 Uhr schließen müssen. In öffentlichen Ankündigungen wandten sich Betreiber von Kneipen und Restaurants gegen das, was sie als Vorschriftschaos bezeichneten.
Die vorsichtige Freude war noch gar nicht richtig ausgekostet, da kam schon wieder ein Dämpfer. Nach dem Lockdown konnten Restaurants, Cafés und Kneipen in Tschechien am Donnerstag vergangener Woche wieder öffnen. Bis 22 Uhr hatte die Regierung den täglichen Betrieb erlaubt. Da die Corona-Lage im Land sich aber seitdem wieder leicht verschlechtert, wurden die Öffnungszeiten am Mittwoch dieser Woche auf 20 Uhr eingeschränkt.
Ihren Unmut über die Restriktionen und das Verordnungschaos äußern die Wirte immer lauter. In den sozialen Netzwerken zirkulierten am Mittwoch zahlreiche Ankündigungen, bewusst nicht zur vorgeschriebenen Zeit zu schließen. In einer regelrechten Protestaktion haben allein in und um Teplice / Teplitz mehrere Dutzend Lokale einen Ordnungsverstoß mit Ansage begangen. Darunter die Brauerei Monopol. Besitzerin Gabriela Schönbauerová ist aufgebracht:
„Wir haben wieder angefangen, Bier zu brauen und Speisen vorzubereiten. Fast 100.000 Kronen (3800 Euro, Anm. d. Red.) haben wir investiert, um wieder voll betriebsfähig zu sein. Und nach ein paar Tagen setzen sie uns wieder eine solche Barriere vor. Das ist nicht mehr tragbar. Schon jetzt haben wir nichts mehr zu verlieren. Entweder gehen wir pleite, oder wir überzeugen die Regierung davon, dass sie so nicht mit uns umgehen kann.“
Die Kneipen- und Restaurantbetreiber argumentieren, dass gerade in den Abendstunden der meiste Umsatz gemacht werde, auf den sie nur schwer verzichten könnten. Die Gäste lassen sich am Mittwoch die überschrittene Sperrstunde und die Gelegenheit für ein weiteres Bier gern gefallen. Einer der Stammgäste im Brauhaus Jince versteht seine Anwesenheit aber auch als direkte Unterstützung:
„Wir sind heute selbstverständlich hier, die Frage stellt sich gar nicht. Wir kommen recht häufig und regelmäßig her, weil wir uns hier wohlfühlen. Jedem von uns würde es leidtun, wenn die Gaststätte ganz schließen müsste. Denn etwas Vergleichbares gibt es weit und breit schon lange nicht mehr.“
Brauhaus-Besitzer Jiří Janeček sagt, dass die nun wieder fehlenden zwei Stunden seinen täglichen Umsatz um 40 Prozent senken:
„Wir sind wirklich am Rande unserer physischen, psychischen und vor allem finanziellen Kräfte. Diese Unsicherheit und dauernden Änderungen lassen sich einfach nicht mehr aushalten. Das Chaos ist für uns vernichtend.“
Für ihre Protesthaltung nehmen die Gastwirte mittlerweile auch eventuelle Strafzahlungen in Kauf. Die Polizeistreife, die in Janečeks Brauerei kurz nach 20.30 Uhr eintrifft, vermerkt die Daten aller Anwesenden und kündigt an, diese an das Gesundheitsamt weiterzuleiten. Der Aufforderung, die Gläser zu leeren und dann das Lokal zu verlassen, leisten alle Gäste Folge. Dennoch können sie nun finanziell belangt werden, so der Sprecher des Polizeipräsidiums, Ondřej Moravčík:
„Die Geldbuße kann bis zu 10.000 Kronen (380 Euro, Anm. d. Red.) betragen. Ein Verfahren kann je nach Art des Verstoßes zu einer Strafe von bis zu 20.000 Kronen (760 Euro, Anm. d. Red.) führen. Bei einem konkreten Vergehen kann sie im Extremfall auf bis zu drei Millionen Kronen (110.000 Euro, Anm. d. Red.) erhöht werden.“
Auch wenn die Kommunikation mit der Polizei am Mittwochabend ruhig verlief, macht Jiří Janeček die Ausnahmesituation dennoch nervös:
„Die Polizei und das Gesundheitsamt erfüllen auch nur ihre Pflichten. Natürlich geht mir ein bisschen die Pumpe. Gewohnt bin ich das schließlich nicht, und ich möchte auch nicht den Rebell geben. Ich hoffe, dass sich der gesunde Menschenverstand durchsetzt, dass die Regierung ihre Fehler erkennt und behebt. Sie sollte, wie in Deutschland, die kleinen Unternehmer entschädigen und eben nicht Restriktionen durchsetzen.“
Die Polizei hatte am Mittwoch trotz der öffentlichen Ankündigungen keinen landesweiten Kontrolleinsatz geplant. Sie folgte Meldungen aus der Bevölkerung und suchte Gastbetriebe wegen überzogener Öffnungszeiten nicht nur in Teplice, sondern auch etwa in Prag oder Ostrava / Ostrau auf. Berichten zufolge haben sich einige Wirte zusammengeschlossen und wollen ihre Lokale weiterhin nach 20 Uhr geöffnet halten.