Palachs Botschaft gilt auch heute

Ausstellung in der Nähe des Wenzelsdenkmals über Jan Palach (Foto: Ian Willoughby)
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Am 16. Januar 1969 hat sich der Student der Karlsuniversität Jan Palach auf dem Prager Wenzelsplatz selbst verbrannt. Mit seiner Tat versuchte er die Öffentlichkeit aus der Lethargie wachzurütteln, die sich nach der Niederschlagung des Prager Frühlings in der Tschechoslowakei verbreitete. Das In Prag wurde am Mittwoch das Andenken an Jan Palach bei mehreren Veranstaltungen geehrt.

Foto: Martina Schneibergová

Ausstellung in der Nähe des Wenzelsdenkmals über Jan Palach  (Foto: Ian Willoughby)
Ein zentraler Ort des Erinnerns war der Prager Wenzelsplatz. Den ganzen Tag über pilgerten viele Menschen zu dem Ort vor dem Nationalmuseum, an dem sich Jan Palach vor 50 Jahren selbst verbrannt hat. Sie legten dort Blumen nieder und zündeten Kerzen an. In der Nähe des Wenzelsdenkmals entstand eine Ausstellung, die nicht nur das Leben und die Tat von Jan Palach, sondern auch die Reaktionen darauf in der Tschechoslowakei sowie im Ausland beschreibt. Erinnert wird zudem an weitere Menschen, die genauso wie Palach als lebende Fackeln gegen die kommunistischen Regime in ihren Ländern protestiert haben. Er habe lange geforscht und eine Liste dieser Menschen zusammengestellt, sagte der Historiker Petr Blažek am Mittwoch bei der Ausstellungseröffnung.

„Es handelt sich um 20 Menschen, deren Gründe für die Tat politisch waren. Der erste Fall stammt schon aus dem Jahr 1966, als sich ein 25-jähriger Ukrainer vor dem KGB-Sitz in Moskau selbst verbrannt hat. Auf einer Pressekonferenz für die westlichen Journalisten wurde damals erklärt, der Mann habe die Tat aus Solidarität mit dem vietnamesischen Volk begangen. Auch später versuchten die offiziellen Stellen in der Tschechoslowakei sowie in anderen Ostblockländern diejenigen zu entwürdigen, die sich aus Protest selbst opferten. Vier Tage nach Jan Palach hat sich der 16-jährige ungarische Lehrling Sándor Bauer vor dem Ungarischen Nationalmuseum selbst verbrannt. Und es folgten weitere Menschen. Es würde mich freuen, wenn sich die Öffentlichkeit für deren Schicksal interessieren würde. Ich finde es traurig, wenn ich lese, dass es verrückte oder kranke Menschen waren. Lassen Sie sich so etwas nicht einreden.“

Dana Němcová | Foto: Lukáš Žentel,  Post Bellum
In Tschechien sind beispielsweise seit Jahren die Namen von Jan Zajíc und Evžen Plocek bekannt, die sich ebenfalls 1969 verbrannt haben. Eine internationale Konferenz an der Karlsuniversität konzentriert sich am Donnerstag auf das Thema Selbstverbrennung im ehemaligen Ostblock.

Ehemalige Teilnehmer der sogenannten „Palach-Woche“ im Januar 1989 haben auf dem Prager Wenzelsplatz die Bürger zu mehr Verantwortung ermahnt. Die damalige Dissidenten Dana Němcová sagte, Palachs Appel an die Gesellschaft gelte auch heute.

„Ich werde nie vergessen, was Palach gemacht hat. Ich vertraue heute den jungen Menschen sehr. Wenn sie wie Palach an Demokratie und Freiheit glauben werden, kommen wir nie wieder in die Lage, dass wir uns für unsere Gesellschaft schämen müssen. Wir haben heute so viel Freiheit, dass wir das durchsetzen können, was wir für richtig halten und was unser Gewissen von uns fordert.“

Lichtermarsch zum Andenken an Jan Palach  (Foto: Martina Schneibergová)
Der Verein „Million Augenblicke für Demokratie“ initiierte am Mittwochabend einen stillen Lichtermarsch zum Andenken an Jan Palach. Tausende von Menschen begaben sich mit Kerzen in der Hand vom Wenzelsplatz auf den Altstädter Ring. Der Philosophiestudent Mikuláš Minář ist Mitbegründer des Vereins. Er wandte sich zum Abschluss an die Teilnehmer des Umzugs. Über den Zustand unserer Demokratie entscheide unsere Fähigkeit, Informationen zu verbreiten und nachzudenken. Vor allem aber unser Bemühen, uns für Dinge zu interessieren, sagte Minář:

„Palachs Botschaft gilt heute fast genauso wie 1969: ‚Seid nicht gleichgültig, seid mutig. Ehrt die Wahrheit und toleriert nicht die Lüge.‘ Palachs Botschaft ist zeitlos. Manche Leute befürchten, es beginne erneut eine Zeit der sogenannten Normalisierung. Es kann aber auch sein, dass eine ganze postrevolutionäre Zeit, die 1989 begann, zu Ende geht. Oder, dass es schon bald zu einem Generations- und Wertewechsel in der tschechischen Politik kommt. Denn die Zahl der Menschen, die weder Lüge noch Anstandslosigkeit tolerieren wollen, wächst.“