Pernštejns, Purcell, Premieren: Smetanas Litomyšl lädt ein

Foto: Pavel Vopálka, Archiv des Festivals

Sie ist ein Unesco-Weltkulturerbe, berühmt geworden als Geburtsstadt des Komponisten Bedřich Smetana: Das ostböhmische Litomyšl / Leitomischl. Seit Mitte Juni steht die Stadt wie jedes Jahr einige Wochen lang im Fokus der Musik.

Insgesamt 31 Veranstaltungen – Opern, Konzerte sowie Ballettvorstellungen – stehen auf dem Programm des 54. internationalen Opernfestivals Smetanas Litomyšl. Das Festival widmet sich aber nicht nur der Oper, neben klassischer Musik findet diesmal auch ein Jazzkonzert statt und sogar der populäre Liedermacher Jarek Nohavica hat einen Auftritt. Bereits nach dem ersten Vorverkaufstag war der Großteil der Eintrittskarten vergriffen. Ausverkauft ist das Festival Litomyšl aber noch nicht. Den Veranstaltern zufolge sind von den insgesamt 28.000 Karten momentan immer noch rund 3000 Karten zu haben. Festivaldramaturg Vojtěch Stříteský:

Vojtěch Stříteský
„Es gibt elf bis zwölf Veranstaltungen, für die noch Karten zu haben sind: zum Beispiel für die beiden Eröffnungskonzerte der Tschechischen Philharmonie, die unter der Leitung von Jakub Hrůša mit dem türkischen Klaviervirtuosen Fazil Say spielen. Er wird Tschaikowskis Konzert in b-Moll spielen. Noch nicht völlig ausverkauft ist auch das Konzert des renommierten Tenors Marcello Giordani.“

Der Dramaturg macht zudem auf ein ambitiöses und aus künstlerischer Sicht anspruchsvolleres Projekt aufmerksam – die Veranstaltung „Die Musik und das Wort“.

Im Geburtshaus von Bedřich Smetana werden neben Mozarts Sinfonie in D-dur auch drei Melodrame von modernen tschechischen Komponisten aufgeführt. Es erklingt unter anderem das Melodram Kafkas Träume. Die Komponistin Sylvie Bodorová nutzte für ihr Werk einige von Kafkas Texten. Mit großen Erwartungen ist das Konzert des renommierten Bariton Thomas Hampson verbunden. Er wird in einer Weltpremiere den Liederzyklus Lingua angelorum eben von Bodorová vortragen. Sie schrieb den Zyklus anlässlich des 400. Todestags von Rudolf II.“

Rokokoschloss Nové Hrady  (Foto: Mardoko,  CC BY 3.0 Unported)
Eines der Festivalthemen ist in diesem Jahr eine Huldigung an die Pernštejns / Pernsteins – die Adeligenfamilie, die im Schloss von Litomyšl lebte. Vojtěch Stříteský:

„Vor 445 Jahren hat Vratislav von Pernštejn die Ländereien von Litomyšl erworben. Wir können natürlich nicht einige Wochen lang nur Musik aus der Zeit der Pernštejns spielen. Aber wir schenken der Beziehung zwischen Musik und Architektur viel Aufmerksamkeit. Eines der Festivalzentren ist der zweite Hof des Schlosses, das einst Familiensitz der Pernštejns war. Eine der Opern wird wiederum im Rokokoschloss Nové Hrady bei Litomyšl aufgeführt, das dem Graf Chamaré gehörte. Konzerte finden aber auch in einigern Barockkirchen statt. Wir haben uns bemüht, dass an den einzelnen Orten Musik erklingt, die dorthin passt. In Nové Hrady wird beispielsweise eine Barockoper aufgeführt.“

Magdalena Švecová  (Foto: ČT 24)
Die Oper von Henry Purcell heißt The Fairy Queen und wird im Freilichttheater des Schloss gespielt. Radio Prag hat mit der Regisseurin der Oper, Magdalena Švecová, gesprochen:

Frau Švecová, wie entstand die Idee, diese bei uns wenig bekannte Oper aufzuführen?

„Ich habe vor einer Zeit das Schloss Nové Hrady besucht und mir das dortige Freilichttheater angeschaut und das hat mich sehr inspiriert. Ich habe dann mit meinem Mann, der Musiker ist, mit Herrn Pikna, dem Festivaldirektor, gesprochen. Er bot uns an, dass wir in Nové Hrady etwas inszenieren können. Wir haben uns das Schloss noch einmal angesehen, und ich habe mich an diese Oper von Purcell erinnert. Ich habe mir gesagt: ´Das ist der Garten, die Bäume und die ganze Atmosphäre wir in der Oper The Fairy Queen. ´ Und ich fing an, meine Idee in die Tat umzusetzen.“

Foto: Martina Schneibergová
Worum geht es in dieser Oper? Geht sie von Shakespeare aus?

„Die Oper ist um 100 Jahre jünger als Shakespeares Sommernachtstraum. Aber einige Geschichten aus diesem Spiel tauchen dort auf. Wir haben die Oper ein wenig gekürzt. In der Originalfassung der Oper treten 20 Personen auf, und in diesem kleinen Freilichttheater wäre es unmöglich gewesen. In unserer Fassung gibt es nur fünf Personen. Sie stammen alle aus Shakespeares Sommernachtstraum. Natürlich geht es in der Oper um die Liebe.“

Mit welchem Ensemble, welchen Solisten arbeiten Sie zusammen?

„Für die musikalische Einstudierung sorgt mein Mann David Švec. Die Musiker spielen auf authentische Barockinstrumente. Die Sängerinnen und Sänger sind Solisten des Prager Nationaltheaters. Wir haben eine Gruppe von Tänzern, einen Akrobaten und den Chor Boni Pueri engagiert.“

David Švec  (Foto: Zdeněk Chrapek)
Die Oper wird viermal aufgeführt und ist, soviel ich weiß, inzwischen ausverkauft. Ist es nicht schade, dass sie dann nicht mehr gespielt wird?

„Natürlich ist es schade. Aber wir hoffen, dass wir die Oper nach einem Jahr wieder aufführen können. Es kommt natürlich darauf an, wie das Echo sein wird. Wir sind auch vom Wetter abhängig, hoffentlich klappt alles.“



Verkaufte Braut  (Foto: Pavel Vopálka,  Archiv des Festivals)
Vor vier Jahren hatten Sie in Litomyšl Regie von Smetanas Oper Verkaufte Braut übernommen. Von Smetana zur Barockoper – das ist ein verhältnismäßig großer Sprung. Ist es für Sie anspruchsvoll?

„Ich liebe diese Barockmusik. Ich bin sehr froh, dass ich keine tschechische klassische Oper, sondern eben diese Barockoper einstudieren kann. Denn nach der Verkauften Braut habe ich noch den Jakobiner von Antonín Dvořák aufgeführt. Jetzt freue ich mich darüber, dass es eine völlig andere Arbeit mit einem völlig anderen Stoff ist.“

Pavel Chalupa  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Das Opernfestival findet in Litomyšl bereits zum 54. Mal statt. Zum 8. Mal werden die Musikfestspiele durch ein Festival der bildenden Kunst begleitet. Insgesamt werden in Litomyšl in diesen Tagen 22 Ausstellungen zu sehen sein, erzählt der Direktor des Festivals der bildenden Kunst, Pavel Chalupa.

„Das Programm von Smetanas Litomyšl in der bildenden Kunst steht in diesem Jahr im Zeichen mehrerer Jahrestage. Vor 180 Jahren wurde der Landschaftsmaler Julius Mařák in Litomyšl geboren. In seinem Geburtshaus auf dem Marktplatz befindet sich heutzutage das Café Mařák. Die bislang letzte große Ausstellung aus Mařáks Werk war 1999 in der Prager Nationalgalerie zu sehen. Mařák ist der bedeutendste tschechische Landschaftsmaler der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sein Werk präsentieren wir in insgesamt vier Ausstellungen. Die größte davon wird im Schloss installiert, für die Ausstellungen haben wir mehrere Gemälde von der Nationalgalerie ausgeliehen, die sonst nicht ausgestellt werden.

Bild von Julius Mařák
In diesem Jahr wäre der Maler und Graphiker Kamil Lhoták 100 Jahre alt geworden. Eine Ausstellung zum Jubiläum dieses namhaften Mitglieds der Künstlergruppierung ´Skupina 42´wird in Litomyšl von der Zdeněk-Sklenář-Galerie vorbereitet. Die White Gallery eröffnet eine Ausstellung anlässlich eines Ereignisses, das man für einen Wendepunkt in der Geschichte der bildenden Kunst halten kann: Vor 100 Jahren wurde in Paris zum ersten Mal ein abstraktes Gemälde ausgestellt. Es handelte sich um František Kupkas Gemälde ´Fuge in zwei Farben´. Ein Zyklus seiner Werke, die er nach diesem berühmten Gemälde schuf, wird in Osík bei Litomyšl zu sehen sein.“

„Herz für Václav Havel“  (Foto: E-kultura)
In Litomyšl wird in den nächsten Tagen auch an den vor kurzem verstorbenen Präsident Václav Havel erinnert. In der ehemaligen Schlossbrauerei werden Fotos von Oldřich Škácha ausgestellt, der 40 Jahre lang Václav Havel fotografiert hat – von den 1970er Jahren bis zum Dezember des letzten Jahres. Im Hof der Schlossbrauerei wird das „Herz für Václav Havel“ zu sehen sein – eine Plastik, für die Tonnen von Wachs aus jenen Kerzen benutzt wurde, die die Menschen nach Václav Havels Tod an vielen Orten Tschechiens anzündeten.

Haus `Zu den Rittern`  (Foto: Sokoljan,  CC BY-SA 3.0 Unported)
Neben Ausstellungen in den Galerien und anderen Räumlichkeiten werden in Litomyšl auch einige große Kunst-Installationen unter freiem Himmel zu sehen sein. Architekt Zdeněk Fránek arbeitet zum Beispiel am Bau eines persischen Turms vor der Stadtgalerie im Haus `Zu den Rittern`.

Smetanas Litomyšl findet vom 14. Juni bis zum 8. Juli statt. Mehr über noch vorhandene Karten sowie das Programm erfahren Sie unter www.smetanovalitomysl.cz.

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