Polizei startet Ermittlungen gegen Mitarbeiter von Präsident Zeman

Vratislav Mynář

Die Aufregung um den Krankenhausaufenthalt von Präsident Miloš Zeman zieht immer größere Kreise. Am Dienstag hat die Polizei bestätigt, dass sie Ermittlungen eingeleitet hat wegen mutmaßlicher Gesetzesverstöße, die Anzeichen von Straftaten gegen die Republik aufweisen. Ohne Namen zu nennen wurde erkennbar, dass sich diese Maßnahme auf Vratislav Mynář, den Leiter der Präsidialkanzlei, bezieht. Premier Andrej Babiš (Partei Ano) forderte ihn daher zum Rücktritt auf.

Miloš Zeman | Foto: Vojtěch Rejl,  ČT24

Seit Montag ist klar: Präsident Zeman, der seit dem 10. Oktober auf der Intensivstation des Zentralen Militärkrankenhauses in Prag liegt, ist derzeit arbeitsunfähig. Und die zweite Auskunft der Krankenhausleitung auf Anfrage des Senats lautet, dass sich sein Gesundheitszustand in absehbarer Zeit kaum verbessern werde. Mit diesen Informationen war der Kanzler des Präsidialamtes schon fünf Tage vor der Veröffentlichung vertraut. Vratislav Mynář aber gab nichts von seinem Wissen preis, sondern arrangierte am 14. Oktober sogar einen nicht erlaubten Besuch von Abgeordnetenhauschef Radek Vondráček (Partei Ano) am Krankenbett von Zeman. Vondráček behauptete anschließend, der Präsident habe gescherzt, gute Laune gehabt und sich für die Verhandlungen im Parlament interessiert. Der Parlamentschef präsentierte zudem ein Dokument, anhand dessen der Präsident mittels seiner Unterschrift die konstituierende Sitzung der neuen Abgeordnetenkammer einberufen haben soll. Diese Vorgänge der vergangenen Woche passen indes überhaupt nicht zusammen mit dem, was am Montag bekannt wurde – als dem Senat nämlich von der Krankenhausleitung bestätigt wurde, dass Zeman krankheitsbedingt nicht amtsfähig sei. Daraufhin reagierte die Polizei. Kateřina Rendlová ist die Sprecherin des Polizeipräsidiums:

„Unter Berücksichtigung der neuen Informationen, die auf der Pressekonferenz des tschechischen Senats verkündet wurden, leitet die Polizei Ermittlungen ein wegen mutmaßlichen ungesetzlichen Handelns, in dem sich Anzeichen von Straftaten gegen die Republik finden lassen.“

Andrej Babiš | Foto: Michal Kamaryt,  ČTK

Derjenige, dem dieser Vorwurf gilt, ist eben Vratislav Mynář. Premier Andrej Babiš (Ano) hat den Leiter der Präsidialkanzlei deshalb zum Rücktritt aufgefordert.

„Es geht darum, die Öffentlichkeit wie auch die Opposition von dem Gefühl zu befreien, dass jemand den Gesundheitszustand des Präsidenten ausnutze. Dazu wäre es am besten, wenn der Kanzler des Präsidialamtes zurücktreten würde.“

Doch Mynář sträubt sich und hält all seinen Kritikern immer wieder nur ein und dieselbe Erklärung entgegen:

Jan Wintr | Foto: Khalil Baalbaki,  Tschechischer Rundfunk

„Der Präsident des Landes ist Miloš Zeman. Er hat mich mit meiner Funktion betraut, und er hat als Einziger das Recht, mich abzuberufen.“

Verfassungsrichter Jan Wintr machte andererseits deutlich, dass die Handlungen von Mynář und Vondráček mehr als nur fragwürdig seien:

„Meiner Meinung nach wäre es am nützlichsten, wenn die Präsidialkanzlei dem Staatsoberhaupt nun keine Unterlagen mehr zur Unterschrift vorlegen würde angesichts der gesundheitlichen Lage, in der sich Zeman jetzt befindet. Ganz einfach deshalb, weil die Akten strittig und somit anfechtbar sein könnten.“

Unterschrift des Präsidenten unter dem Dokument,  das Radek Vondráček vor sechs Tagen zeigte | Foto: Kateřina Součková,  Tschechischer Rundfunk

Aus diesem Grund befasst sich die Polizeizentrale für die Bekämpfung des organisierten Verbrechens (NCOZ) nun auch genauer mit der Unterschrift des Präsidenten unter dem Dokument, das Vondráček vor sechs Tagen vor die Kameras hielt. Es soll herausgefunden werden, ob es sich tatsächlich um das eigenhändige Signum Zemans handelt.

Am Dienstag wurde außerdem bekannt, dass ein weiterer Vertrauter des Präsidenten, der persönliche Berater Martin Nejedlý nämlich, seinen Diplomatenpass zurückgeben muss. Außenminister Jakub Kulhánek sagte dazu:

„Den Diplomatenpass hat Nejedlý für den Zweck, den Staatspräsidenten bei Auslandsreisen zu begleiten. Aufgrund der hohen Unwahrscheinlichkeit, dass Präsident Zeman in naher Zukunft Reisen in das Ausland unternimmt, entfällt die Legitimation seines Beraters, diesen Ausweis zu besitzen.“

Martin Nejedlý | Foto:  ČT24

Bei all den Ungereimtheiten, die nun über die Personen im direkten Arbeitsumfeld Zemans bekannt wurden, wird fast schon vergessen, dass die dienstlichen Aufgaben des Präsidenten bis mindestens Mitte November nicht wahrgenommen werden. Zudem endet am Donnerstag das Mandat der Volksvertreter in der unteren Parlamentskammer. Das neue Abgeordnetenhaus wird am 8. November zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentreten. Erst danach wird entschieden, ob die Vollmachten des Staatsoberhaupts laut Artikel 66 der Verfassung an den Premier und den Abgeordnetenhauschef übertragen werden. Für die Tschechische Republik, die in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen wird, stehen derzeit also entscheidende Weichenstellungen bevor.

Autor: Lothar Martin
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