Porträt Štěpánka Hilgertová: Strecke liegt mir, was aber den Erfolg nicht garantiert
Die Wettkämpfe der Spiele in London sind seit Samstag in vollem Gange. Und gleich in der ersten Woche sind für Tschechien mehrere Athletinnen und Athleten am Start, die berechtigte Medaillenchancen haben. Die Sportlerin, die wir Ihnen heute vorstellen, trägt zwar nicht mehr die Favoritenbürde, mit ihrer Erfahrung und Hingabe zum Sport aber könnte sie durchaus wieder für Furore sorgen. Die Rede ist von der zweifachen Olympiasiegerin im Kajak-Einer des Wildwasser-Kanusports, Štěpánka Hilgertová.
„Ich muss zugeben, dass ich wieder ein wenig nervös bin. Aber hoffen wir, dass alles gut verläuft.“
Ihre Nervosität aber bezog sich nicht auf das vorfreudige Kribbeln vor den Spielen. Der Grund ging vielmehr auf ihr vorolympisches Training auf dem Wildwasserkanal in Waltham Cross zurück:
„Ich habe dort ein neues Rennkanu ausprobiert, das bis ins kleinste Detail perfekt auf mich abgestimmt war. Ich habe mit dem Boot zwei Wochen lang trainiert, doch auf dem Rücktransport nach Prag ist es zu Bruch gegangen. Das hat mich einige Tage lang demoralisiert, denn mir schien es unwahrscheinlich, dass man in zwei Wochen noch ein neues Boot herstellen kann.“
Der slowakische Ausrüster aber hat es tatsächlich geschafft, der tschechischen Olympionikin ein nagelneues Rennkanu mit auf den Weg zu geben. Die kurze Zeit vor dem olympischen Wettkampf nutzte Hilgertová deshalb intensiv, sich auf der Olympiastrecke mit dem Boot anzufreunden. Einer Strecke, die ihr liegt:„Die Strecke gefällt ihr wirklich sehr. Schon beim ersten Training im letzten Herbst fand sie die Anlage toll. Seitdem kommt sie immer wieder gern hierher zurück“, sagt ihr Gatte und Trainer Luboš Hilgert.
Das Training mit Ehemann Luboš gehört auch zum Erfolgsrezept ihrer Karriere:
„Mir macht das Training mit ihm Spaß, denn es ist sehr abwechslungsreich. Luboš wählt immer wieder neue Varianten in der Aufeinanderfolge der Torstangen, daher ist jedes Training für mich eine Herausforderung. Das ließ sich von der Strecke vor vier Jahren in Peking bestimmt nicht sagen.“In Peking belegte die damals 40-Jährige nur den 9. Platz. Aber auch schon bei ihren ersten Spielen, 1992 in Barcelona, fehlte ihr etwas zum großen Glück:
„Dort fehlte mir der olympische Geist. Wir haben nicht im olympischen Dorf gewohnt, sondern rund zwei Autostunden vom Zentrum Barcelonas entfernt. Das war wohl nicht das Richtige.“
In Barcelona wurde Hilgertová sogar nur Zwölfte. Umso besser klappte es bei ihr dann 1996 in Atlanta und 2000 in Sydney, als sie jeweils Olympiasiegerin wurde. Zwei WM-Titel, ein Sieg im Gesamt-Weltcup und viele weitere vordere Platzierungen flößen der Konkurrenz immer noch gehörig Respekt ein. Zu ihren Erfolgsaussichten in London aber äußerte sich Hilgertová eher zurückhaltend:
„Dass mir die Strecke liegt und auch gefällt, muss nichts bedeuten. Schon gar nicht, dass ich damit in der Lage bin, auch ein gutes Resultat zu erzielen.“
In der Qualifikation aber bewies die Grand Dame des Wildwasser-Kanusports das Gegenteil. Sie qualifizierte sich souverän für das Halbfinale, das ebenso wie der Finaldurchgang am Donnerstag ausgetragen wird.