Prag errichtet Zeltlager für Roma-Flüchtlinge aus der Ukraine

Zeltlager für Roma-Flüchtlinge aus der Ukraine

Im Prager Stadtteil Troja wurde in der Nacht zum Donnerstag ein Zeltlager aufgebaut. Dort sollen etwa 150 Roma-Flüchtlinge aus der Ukraine unterkommen, die die vergangenen Tage auf dem Hauptbahnhof der Stadt verbracht haben.

Roma-Flüchtlinge am Prager Hauptbahnhof | Foto: Roman Vondrouš,  ČTK

Die Lage am Prager Hauptbahnhof sei in den vergangenen Tagen nicht mehr tragbar gewesen, ließ der tschechische Innenminister Vít Rakušan (Stan) am Mittwoch verlauten. Dutzende von Frauen und Kindern warteten und schliefen im Obergeschoss des Bahnhofsgebäudes. Ehrenamtliche hatten zudem in Zusammenarbeit mit der Bahnverwaltung leere Zugwaggons auf den Gleisen bereitgestellt, in denen bis zu 200 Personen unterkamen. Die Zahl der Geflüchteten nimmt aber täglich zu. Am Mittwoch seien es etwa 520 Menschen gewesen, die sich auf dem Bahnhofsgelände aufhielten, schätzt Geti Mubeenová von der Organisation für Flüchtlingshilfe:

„Die Geflüchteten melden sich beim Assistenzzentrum und beantragen den vorübergehenden Schutzstatus. Es gibt aber keine Unterkünfte mehr für sie. Vom Ministerium werden sie trotzdem aufgefordert, in zehn Tagen wiederzukommen, wenn über das Visum entschieden wird. Für diese Zeit haben sie aber keine Bleibe.“

Foto: Roman Vondrouš,  ČTK

Die schnelle Visavergabe werde den Verlautbarungen aus dem Innenministerium nach verhindert, weil die Nationalität der betreffenden Geflüchteten schwer festzustellen sei. Als Angehörige der Roma-Minderheit hätten sie oft eine doppelte Staatsbürgerschaft.

„Wir werden deswegen die Pässe der einzelnen Ankommenden daraufhin kontrollieren, ob sie tatsächlich einen Stempel enthalten, der die Überquerung der ukrainischen Grenze belegt",

Vít Rakušan | Foto: Regierungsamt der Tschechischen Republik

kündigte Ressortleiter Rakušan am Dienstag bei einer Pressekonferenz an und fügte hinzu, dass es am besten wäre, wenn die Menschen ohne Anspruch auf staatliche Hilfe gar nicht erst nach Tschechien kommen würden. Im Tschechischen Rundfunk erläuterte der Minister dann genauer:

„Wenn eine Person als Bürger Ungarns geführt wird, gilt sie in Tschechien als Tourist und hat keinen Anspruch auf den vorübergehenden Schutzstatus oder auf die finanzielle Unterstützung. In das Unterbringungssystem gelangt jemand nur, wenn er allein die ukrainische Staatsbürgerschaft hat und alle Bedingungen erfüllt.“

Foto: Roman Vondrouš,  ČTK

Prag habe aber, so heißt es in Agenturmeldungen, keinerlei freie Unterkünfte mehr. Deswegen hat Rakušan die Errichtung eines Zeltlagers im Norden der Stadt angeordnet. 150 Personen sollen hier Unterkunft finden, und dies spätestens bis Freitag.

Der Magistrat der Stadt bezeichnet dieses Zeltlager als Notlösung – zumal allen bewusst sein dürfte, dass dessen Kapazität nicht ausreicht. Im Gespräch sind deswegen auch mobile Wohncontainer. Die Regierung will sie in die Notreserven des Staates aufnehmen, wo sie dann auch für Opfer von Naturkatastrophen bereitstünden. Diese mobilen Wohneinheiten müssen aber erst bestellt und dann noch montiert werden. Das heißt, dass sie für die Geflüchteten aus der Ukraine frühestens im Sommer zur Verfügung ständen. Auch dies solle aber nur eine vorübergehende Maßnahme sein, mahnte der Minister für Regionalentwicklung, Ivan Bartoš (Piraten):

Ivan Bartoš | Foto:  Regierungsamt der Tschechischen Republik

„Ich will nicht, dass irgendwo ganze Viertel aus mobilen Häusern entsteheen. Darum ist dies nur eine der möglichen Varianten",

so Bartoš im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen.

Die politische Debatte zur Versorgung der Geflüchteten hat in Tschechien mittlerweile an Schärfe zugenommen. Am Dienstag verließ die Ministerriege während der Abgeordnetenhaussitzung den Plenarsaal, als sich der Rechtsaußenpolitiker Tomio Okamura (Svoboda a přímá demokracie) über die angeblich negativen Auswirkungen der aktuellen Flüchtlingspolitik ausließ. Im konkreten Falle der Roma-Flüchtlinge scheint Innenminister Rakušan aber weiter auf der Suche nach einer konstruktiven Lösung zu sein. Diese bespreche er nach eigener Aussage nämlich auch mit Roma-Organisationen.

Autoren: Daniela Honigmann , Vít Andrle
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