Presseeinblick - und außerdem: Tschechischer Sportreporter berichtet aus Peking über seine Arbeit und die Situation vor Ort

Petr Souček (rechts) und sein Kollege Robert Mikoláš (Autor: Alena Palečková)

Wir schauen heute ganz aktuell nach Peking zu den Olympischen Spielen. Der Tschechische Rundfunk hat natürlich eine große Sportredaktion vor Ort. Der Leiter des Studios, Petr Souček, berichtet für Radio Prag über die tägliche Arbeit im Olympia-Rummel. Aber wir haben natürlich auch nachgefragt, wie es denn jetzt – während der Spiele - um die freie Berichterstattung bestellt ist. Doch zunächst – wie gewohnt – der Presseeinblick.

Die Tageszeitung „Právo“ bringt selten eigene Schwerpunktthemen über eine ganze Seite. Das folgende Thema war es ihr wert: „Chefin der Ultrarechten verteidigte ihre Doktorarbeit über die Nation“. Blond und blauäugig ist sie, die Vorsitzende der Nationalpartei, und trägt den deutschen Namen Petra Edelmannová. Ihre Doktorarbeit trägt den Titel „Tschechische Identität – nationale Interessen und die rechten politischen Parteien 2002 – 2006. Die „Právo“ hat die Arbeit gelesen und findet keine radikalen Darstellungen. Dazu befragt sie auch einen Politologen, bringt Hintergrundinformationen über die Nationalpartei und einen knappen Lebenslauf von Edelmannová. Sie arbeitet übrigens im Bankensektor, war zeitweise sogar Beraterin vom Vicegouverneur der Tschechischen Nationalbank, hat zwei kleine Kinder, spielt klassische Gitarre und treibt Sport. Es scheint, als wolle die Nationalpartei intellektuell mobilmachen.

Bei der „Mladá fronta Dnes“ schauen wir am Dienstag ausnahmsweise mal auf die Titelseite. Denn sie macht klar, wie Tschechen den Krieg zwischen Russland und Georgien bewerten: „August-Invasion. In Georgien“. Seit einigen Wochen und Monaten konzentrieren sich die tschechischen Medien auch auf eine August-Invasion. Und zwar auf die russische Invasion in die Tschechoslowakei vor 40 Jahren, am 21. August 1968. Diese Parallele zieht die „Mladá fronta Dnes“ mit ihrer Schlagzeile.

Chinesische Turnerinnen  (Foto: ČTK)
Und die „Lidové noviny“ wendet sich nach Peking: „Gold für China schinden Kinder heraus – Falsche Altersangaben sind Experten zufolge ein größeres Problem als Doping“, titel die „Lidové noviny“. Sie hält es kaum für möglich, dass die chinesischen Gold-Kinder in der Disziplin Gymnastik tatsächlich 16 Jahre alt sein sollen. Wie die Experten wittert sie Betrug.

Und wir bleiben in Peking. Wie die dpa druckfrisch meldet, wird die Stimmung im riesigen olympischen Medienzentrum in Peking schlechter. Der Ton wird angeblich rauer, weil das Internationale Olympische Komitee die Spiele als Erfolg verkaufen wolle. Human Rights Watch spricht von neun kurzzeitig verhafteten Reportern und physischen Attacken der chinesischen Sicherheitskräfte. Das IOC betont, dass die Spiele organisatorisch bestens liefen. Schauen wir selber nach Peking. Ich habe mit dem Leiter der Sportredaktion des Tschechischen Rundfunks, Petr Souček, gesprochen.


Foto: ČTK
Herr Souček, Sie sind Leiter der Sportredaktion des Tschechischen Rundfunks in Peking. Sechs Stunden Zeitverschiebung gegenüber Mitteleuropa - wie kommen Sie damit klar?

„Wir sind hier fast schon 14 Tage. Wir haben uns schnell angepasst und merken das eigentlich nicht mehr. Das ist die einzige Art, wie man die Olympischen Spiele in Peking überleben kann. Aber für mich ist natürlich jetzt Abend.“

Wie viele Redakteure haben Sie vor Ort im Studio des Tschechischen Rundfunks und wie bewältigen Sie das Arbeitspensum bei der Masse von Veranstaltungen?

„Wir sind hier insgesamt sechs Redakteure. Einer von ihnen, Robert Mikulas, ist für die Hintergrund-Berichterstattung zuständig und bereitet ein Olympia-Tagebuch vor. Fünf Redakteure decken die Sportveranstaltungen ab. Das ist nicht ganz einfach, denn jeden Tag sind rund 20 tschechische Sportler im Einsatz. Wir müssen also ganz genau planen, damit wir es auch schnell hin und her kommen. Jeder von uns kümmert sich um zwei bis drei Veranstaltungsorte. Dazu kommen noch der Dienst in der Redaktion, wo alle Ereignisse verfolgt werden, zu denen wir es nicht schaffen. Es geht ja auch nicht nur um die tschechischen Teilnehmer, uns interessieren natürlich auch die Stars anderer Nationen. Daher brauchen wir immer einen im Studio. Also, Arbeit von früh bis spät.“

Wie viele Beiträge liefern Sie und ihr Team täglich für die Wellen des Tschechischen Rundfunks?

„Allein für das ´Radiožurnal´ sind es an die 25 Beiträge am Tag. Hinzu kommen drei Mal täglich Zusammenfassungen für ´Radio Česko´ und Beiträge für den Tschechischen Rundfunk 2 ´Praha´. Und nicht zu vergessen solche Gespräche, wie unseres jetzt für ´Radio Prag´.“

So ist es. Bekommen Sie eigentlich noch irgendwelche Einschränkungen in Ihrer Bewegungsfreiheit zu spüren oder bei der Internetnutzung?

„Wir bekommen das selten zu spüren, weil wir uns hauptsächlich auf den Sportplätzen bewegen, wo die Medienvertreter auf Grundlage der olympischen Charta sich uneingeschränkt bewegen können. Abgesehen von einigen Zonen, die aus organisatorischen Gründen abgesperrt sind, damit die Sportler nicht bei ihrer Vorbereitung gestört werden. Was das Internet betrifft, so ist das etwas komplizierter. Die Organisatoren haben zwar auf Druck des Olympischen Komitees einige zuvor geblockten Seiten freigegeben. Aber jetzt, wo die Spiele angelaufen sind, haben wir gemerkt, dass einige Seiten doch nicht richtig zugänglich sind. Das gilt zum Beispiel für die Seiten der BBC. Und dann gibt es Seiten von Organisationen, die das chinesische Regime als staatsfeindlich ansieht und da konnte bisher auch das Komitte nichts machen. Da kommt man einfach nicht hinein.“

Sie sind Journalisten eines freien Landes. Wie gehen die Chinesen mit Ihnen um, insbesondere die Sicherheitskräfte?

Jaroslav Volf und Ondřej Štěpánek gewannen Silber im Kanuslalom  (Foto: ČTK)
„Ich wäre nicht glücklich, wenn in Prag der Eindruck entstünde, dass wir hier irgendwelchen Repressionen ausgesetzt sind. Das würden sich die Chinesen nicht erlauben und da würde auch das Internationale Olympische Komitee sehr schnell einschreiten. Uns begegnet man hier wie auf allen anderen Olympischen Spielen. Und das sind hier schon meine siebten Spiele, die ich vor Ort verfolge. Es ist so, dass die Sicherheitskräfte, die sich um uns Journalisten kümmern, sehr freundlich sind und sich bemühen uns zu helfen. Ein Beispiel: Ein Computer ging uns kaputt und wir brauchten dringend die Daten. Es war hier in Peking acht Uhr abends. Und es war nur dem großen Aufgebot von Leuten zu verdanken, die da sind, um uns zu helfen. Denn sie haben einen Techniker organisiert, der nachts in seiner Wohnung die Daten für uns aus dem Computer gefischt hat. Also alle sind sehr freundlich, da können wir uns nicht beschweren. Was die Sicherheitskräfte betrifft, die sind natürlich überall zu sehen, sie halten aber Abstand. Das war in Salt Lake City ganz anders. Das war kurz nach dem Anschlag auf das World Trade Center und da standen bewaffnete Soldaten an jeder Ecke. Hier in Peking bemühen sie sich schon, so wenig wie möglich in Erscheinung zu treten. Und die Sicherheitskontrollen werden so durchgeführt, dass man nicht lange Schlange stehen muss.“

Herr Souček, Sie als Sportredakteur, sind sie zufrieden mit der Leistung der tschechischen Sportler?

„Ja, zwei Goldmedaillen in den ersten zwei Tagen, das hatten wir nicht erwartet. Und wir haben ja noch Eisen im Feuer. Die tschechische Medaillen-Sammlung wird sich noch vergrößern. Wenn ich das mit den Polen vergleiche, die haben hier fast doppelt so viele Sportler und warten immer noch auf eine Medaille. Wir sind froh über jeder Medaille und jede Platzierung unter den ersten Acht.“

Ihr Tipp, Herr Souček, wie viele Goldmedaillen heimsen die Tschechen noch ein?

„Ich hoffe still, dass noch ein, zwei hinzukommen.“