Psychologische Hilfe, Diskussion zu Sicherheitsvorkehrungen: Die Karlsuniversität nach dem Amoklauf

Gedenkstätte vor der Philosophischen Fakultät

Nach dem Attentat an der Philosophischen Fakultät der Prager Karlsuniversität vom 21. Dezember ist nichts mehr so, wie es war. Der Lehrbetrieb ist derzeit ausgesetzt, das Gebäude geschlossen. Außer über die weitere psychologische Unterstützung für die Betroffenen beraten der Krisenstab und die Universitätsleitung auch über schärfere Sicherheitsvorkehrungen.

Gedenkstätte vor der Philosophischen Fakultät | Foto: Zuzana Jarolímková,  iROZHLAS.cz

Ein Kerzenmeer brennt vor dem Hauptgebäude der Philosophischen Fakultät der Prager Karlsuniversität – auch fast zwei Wochen nach dem schrecklichen Angriff. Rote Kerzen, weiße Kerzen, Blumen, die langsam verwelken. Und vor dem Rektorat der geschichtsträchtigen Universität die gleichen Bilder. Der Schock nach der Schusswaffenattacke vom 21. Dezember, bei der 14 Menschen getötet und 25 verletzt wurden, sitzt noch immer tief.

Das Fakultätsgebäude in der Prager Altstadt ist nach wie vor geschlossen. Es wieder zu öffnen, sei derzeit undenkbar, meint Universitätsrektorin Milena Králíčková. Mindestens mehrere Wochen werde das Haus nicht zugänglich sein.

Milena Králíčková | Foto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

„Wir müssen sensibel mit dem Kollegium und den Studierenden umgehen, die von den Ereignissen betroffen sind – manche direkt, andere indirekt.“

Die Lehrveranstaltungen an der Philosophischen Fakultät sind für den Rest des Wintersemesters abgesagt. Die Prüfungen, die bis Mitte Februar angesetzt waren, können die Studierenden freiwillig ablegen. Abgehalten werden sie online oder in Ausweichräumlichkeiten. Otomar Sláma leitet aktuell den Krisenstab der Universität:

„Selbst wenn ein Student im Wintersemester keinen einzigen Leistungspunkt bekommt, wird er mit dem Studium fortfahren können. Außerdem beraten wir über die Verlängerung des Semesters. Wir wenden alle Mittel an, die uns das Gesetz ermöglicht, um den Studierenden maximal entgegenzukommen.“

Statt Lehrveranstaltungen gibt es ab Montag kommender Woche die Möglichkeit für Studierende und Lehrende, zu Gesprächen zusammenzukommen, um das Geschehene zu verarbeiten. Das sei eine gute Initiative, findet Michal Farník. Er ist der Vorsitzende der Studierendenkammer im Rat der Hochschulen.

„Mir wäre es gar nicht eingefallen, derartige Zusammenkünfte zu veranstalten. Ich denke, die Psychologen haben viele richtige Ansätze, wie man die Situation kollektiv verarbeiten kann. Diese Idee halte ich für besonders sinnvoll.“

Am Neujahrstag kam erneut der Krisenstab der Karlsuniversität zusammen. Besprochen wurde unter anderem die Verteilung des Geldes, das die Menschen nach dem Amoklauf an den Stiftungsfonds der Einrichtung gespendet haben. Fast 68 Millionen Kronen (2,8 Millionen Euro) stehen derzeit zur Verfügung. Laut Rektorin Králíčková sollen die Spendengelder den Hinterbliebenen und Augenzeugen des Attentats zu Gute kommen, die weiterhin auf psychologische Hilfe angewiesen sind.

„Zum Tatzeitpunkt haben sich mehrere Hundert Menschen an der Fakultät aufgehalten. Es war kurz vor Weihnachten, und der Unterricht lief ganz normal. Nun brauchen aktuell mehrere Hundert Menschen psychologische Hilfe und mehrere Dutzend von ihnen auch langfristig, da sie die Gewalt unmittelbar erlebt haben.“

Die Namen der 14 Opfer sind der Universitätsleitung laut Králíčková bekannt. Veröffentlicht werden sollen ihre Identitäten aber erst, wenn die Zustimmung aller betroffenen Familien eingegangen ist.

Derweil wird an der Bildungseinrichtung auch über die Renovierung des Gebäudes nach dem Angriff gesprochen.

„Ein großes Thema ist die Reparatur der Türen, denn viele von ihnen wurden im Rahmen des Polizeieinsatzes gewaltsam geöffnet“, sagt Krisenstabschef Sláma.

Foto: Zuzana Jarolímková,  iROZHLAS.cz

Auch neue Sicherheitsvorkehrungen sind derzeit im Gespräch. Erste Neuerungen in dieser Richtung sollen bei einer Pressekonferenz am Donnerstag vorgestellt werden.

Autoren: Ferdinand Hauser , Eva Mikulka Šelepová , Lucie Špetová
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