Raum für Interpretation: Zeitgenössisches Kunstwerk erinnert an Schlacht am Weißen Berg

Foto: Martina Schneibergová

Am westlichen Stadtrand von Prag befindet sich die Barockkirche „Maria vom Siege“. Die Wallfahrtsstätte entstand im 18. Jahrhundert nahe dem Ort, wo sich die erste entscheidende Schlacht des Dreißigjährigen Kriegs abgespielt hat – die Schlacht am Weißen Berg. Vor kurzem wurde die Stelle über dem Grab der gefallenen Soldaten künstlerisch neu gestaltet und eingeweiht.

Neu gestaltetes Denkmal  (Foto: Martina Schneibergová)
Die kleine Feier begann mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Kirche „Maria vom Siege“. Danach ging es durch den Kreuzgang in den Hof der Wallfahrtsstätte. Einige der Gläubigen zündeten Kerzen an und stellten sie rund um das neu gestaltete Denkmal auf – ein Kreis aus Sand inmitten des Rasens. An diesem Ort waren 1999 die sterblichen Überreste von 42 Soldaten bestattet worden, die auf der Seite der böhmischen Stände kämpften. Das Kunstwerk stammt von Václav Cigler und Michal Motyčka. Václav Cigler ist ein international anerkannter Künstler, der oft mit Glas arbeitet. Er befasst sich viel mit der Beziehung des Menschen zur Landschaft. Der Kreis stelle eine absolute Form dar, sagte Cigler:

Václav Cigler  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Es ging uns darum, auf einer größeren Fläche die sinnlos zerstampfte Erde des Schlachtfelds darzustellen. Aus unserer heutigen Sicht war der Kampf sinnlos, es wurde um Macht gekämpft. Es ist wunderbar, dass wir endlich zu dieser ökumenischen Bewertung der Ereignisse gekommen sind. Der Streit zwischen den Konfessionen wurde während der Jahrhunderte mit den verschiedensten Attributen bezeichnet. Heute denken die Christen anders. Wir wissen, dass wir einander wie Brüder behandeln sollten. Bei meiner Arbeit an dem Kunstwerk habe ich auch daran gedacht, dass wir manchmal nur reden und allzu lange darüber nachdenken, wie wir uns gegenüber den armen Menschen auf der Flucht verhalten sollen, die uns um Hilfe bitten.“

Barockkirche „Maria vom Siege“  (Foto: Martina Schneibergová)
Der Initiator des Kunstwerks ist der Architekt Norbert Schmidt. Die beiden Künstler hätten mit ihrem einfachen Konzept im Klosterareal einen Anlass zu Begegnungen geschaffen, sagt er. Und das in mehrerlei Hinsicht: als Begegnung mit sich selbst, mit anderen Menschen, aber auch mit denjenigen, die vor Jahrhunderten Opfer grausamer Ereignisse geworden seien. Norbert Schmidt.

„Das ist die bereits zweite ,künstlerische Intervention‘ an diesem Ort. Wir sind sehr froh, dass wir in diesem kleinen Barockareal auch mit zeitgenössischer Kunst arbeiten können. Die Barockanlage wurde höchstwahrscheinlich von Santini zu Ende gebaut. Darum ist sie so schön, mit einem tollen menschlichen Maßstab, man kann sich hier in die Ruhe von der Großstadt zurückziehen. Es ist hervorragend, dass wir die tragische Geschichte des Ortes neu interpretieren können und dass wir einen Spiegel haben, wie wir uns selbst und zudem die Geschichte sehen. Hier befindet sich ein Grab, in dem protestantische Soldaten beigesetzt sind. Kardinal Vlk hat 1999 initiiert, dass ein ökumenisches Grab an einem erzkatholischen Ort errichtet wurde, an einem Ort, wo einst pompös die Schlacht am Weißen Berg gefeiert wurde. Dies ist auch an der Architektur und den Malereien zu erkennen. Wir haben das Glück, dass Václav Cigler und Michal Motyčka eine neue Schicht, einen neuen Spiegel geschaffen haben. Wir sind froh, dass ein praktisch leerer Raum, ein Kreis entstanden ist, in den man seine Gedanken reinprojizieren kann. Der Kreis stellt eine Form dar, die auf das Absolute hinweist.“