Reaktion auf WHO-Kritik: Tschechien sollte Alkoholpreise erhöhen

Mitte August wurde die Tschechische Republik in einem Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) dafür kritisiert, dass sie viel zu wenig unternehme, um den relativ hohen Alkoholkonsum in der Bevölkerung einzudämmen. Auf einer unlängst in Prag von der Tschechischen Gesellschaft zur Unterstützung der Gesundheit (CSPZ) durchgeführten Pressekonferenz haben Fachärzte und Gesundheitsexperten erstmals öffentlich auf diesen Bericht reagiert. Lothar Martin war für Radio Prag dabei.

Der in einer Publikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichte Bericht "Global Status Report: Alcohol Policy" hat sich mit den nationalen Strategien zum Alkoholkonsum in 118 Ländern der Erde befasst. Darin erhält die Tschechische Republik eine außergewöhnlich niedrige Bewertung für die Maßnahmen, die sie zur Einschränkung des Alkoholkonsums bisher unternommen habe. Kritisiert werden darin die extrem niedrigen Alkoholpreise im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt in Tschechien, die nahezu uneingeschränkte Reklame für alkoholische Getränke, der Verkauf von alkoholischen Getränken ohne entsprechende Lizenzen oder aber die nur minimal eingeschränkte Zeit für den Verkauf von Alkohol. Zudem gebe es ein viel zu dichtes Netz an Verkaufsstellen, an denen Alkohol ausgehändigt wird, moniert die WHO. Das alles führe letztlich dazu, dass Tschechien beim jährlichen Alkohol-pro-Kopf-Verbrauch mit an führender Stelle stehe, was Radio Prag gegenüber durch Ladislav Csémy, dem Laborleiter für unabhängige Studien beim Psychiatrischen Zentrum Prag, bestätigt wurde:

"Der Alkoholverbrauch bei uns liegt pro Kopf bei jährlich 10 Liter reinen Alkohols. Das ist ein Verbrauch, mit dem sich die Tschechische Republik anhand internationaler Statistiken unter die TOP 10 der Welt einreiht. Ich denke, wir sollten so an fünfter, sechster Stelle liegen. Es wäre selbstverständlich erforderlich, dass dieser Verbrauch sinken sollte. Der europäische Aktionsplan zur Einschränkung des Alkoholkonsums sieht hierbei vor, dass diejenigen Staaten, die sich an diesem Programm beteiligen, ihren Pro-Kopf-Verbrauch innerhalb von fünf Jahren um 25 Prozent verringern sollten. Im Zeitraum von 1995 bis 2000 ist das einigen Ländern gelungen, zum Beispiel Italien und Frankreich. Anderen Staaten wiederum ist das nicht gelungen, was sich ganz offensichtlich auf ein politisches Desinteresse an dieser Problematik zurückführen lässt. Das gilt leider auch für die Tschechische Republik."

Einer amerikanischen Studie zufolge sei er zu dem Ergebnis gelangt, dass hinsichtlich der Sterblichkeit in Tschechien fünf bis sechs Prozent der Toten unter dem Einfluss von Alkohol ihr Leben lassen. Um dies zu ändern, werde in Tschechien in der Tat zu wenig getan. Einer weiteren Studie zufolge, so Csémy, seien die Einschränkung der Alkoholbewerbung oder erzieherische Aktionsprogramme für die Jugend nur zweitrangiger Natur und würden ohnehin nur einen schwachen Effekt erzielen. Das, worauf es in erster Linie ankäme, hat Csémy uns wie folgt geschildert:

"Den größten Effekt erzielt man mit der Beschränkung der Zugänglichkeit. Das lässt sich realisieren durch legislative Maßnahmen, wie zum Beispiel das bereits vorhandene Alkoholverbot beim Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr. Am wirksamsten aber sind immer noch preisliche Maßnahmen. Es müsste in dieser Hinsicht eine untere Preisgrenze für Alkohol gefunden werden, die einerseits den Konsum noch möglich macht, ihn andererseits aber so einschränkt, dass die verbrauchte Menge sowohl der Gesellschaft als auch dem Einzelnen keinen Schaden zufügt."