Regierung bringt Briefwahl für Tschechen im Ausland auf den Weg

Schon nächstes Jahr könnten im Ausland lebende Tschechen bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus per Briefwahl abstimmen. Den entsprechenden Gesetzentwurf hat die Regierung am Mittwoch unterstützt.

Um an den Wahlen teilzunehmen, müssen die im Ausland lebenden Tschechen bisher die am nächsten gelegene diplomatische Vertretung ihres Landes besuchen und dort ihre Stimme abgeben. Dies soll sich nun bald ändern. Das Regierungskabinett unterstützte auf seiner ersten Tagung im neuen Jahr die Einführung der Briefwahl für im Ausland lebende tschechische Bürger.

Vít Rakušan | Foto: Zuzana Jarolímková,  iROZHLAS.cz

Sie müssen die Möglichkeit, per Post zu wählen, rechtzeitig beantragen. Anschließend würden sie die für die Wahl notwendigen Umschläge erhalten, beschrieb Innenminister Vít Rakušan (Bürgermeisterpartei Stan) in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks und fuhr fort:

„Der Umschlag muss dem Wähler durch ein Einschreiben zugestellt werden. Zu den Unterlagen wird auch der sogenannte Identifizierungsschein mit einem nummerierten Formular mit Sicherheitsmerkmalen gehören.“

Die bisherige Möglichkeit, an den Botschaften zu wählen, ist für die Tschechen im Ausland zeitlich sowie finanziell anspruchsvoll. Und genau darauf machen die Befürworter der Briefwahl aufmerksam. Zu ihnen gehört auch Senator Marek Hilšer (parteilos):

Marek Hilšer | Foto: Martin Vaniš,  Radio Prague International

„Für viele der Tschechen bedeutet beispielsweise die Präsidentschaftswahl eine bis zu 2000 Kilometer lange Reise zum Wahllokal. Und meist gibt es bei der Abstimmung zwei Runden, das heißt dann sogar zwei Reisen. Ich bin davon überzeugt, dass dies für die Bürger im Ausland eine Diskriminierung bedeutet.“

Der Opposition hingegen missfalle, dass die Briefwahl schon bei den nächsten Wahlen zum Abgeordnetenhaus gelten solle, erklärt Jana Mračková Vildumetzová, Abgeordnete der Partei Ano.

„Es besteht ein großes Risiko, dass ein Misstrauen gegenüber den Wahlen aufkommt“, meint die Oppositionsabgeordnete.

Die Opposition betont zudem, dass die Gefahr drohe, dass die Briefwahl verfassungswidrig sein könnte. Im Unterschied zur gängigen Wahl in einem Wahllokal kann ihrer Meinung nach nämlich nicht garantiert werden, dass die Wahl geheim sein wird.

Karel Havlíček | Foto: Michaela Danelová,  Tschechischer Rundfunk

Der Gesetzesentwurf dürfte im Abgeordnetenhaus Ende Januar oder im Februar erörtert werden. Die beiden Oppositionsparteien – die Partei Ano und die Rechtsaußenpartei „Freiheit und direkte Demokratie“ (SPD) – erhielten von den im Ausland lebenden Tschechen zuletzt nur wenige Stimmen. Dies hält die Regierungskoalition für den Grund, warum die beiden Parteien die Einführung der Briefwahl ablehnen. Die Opposition kündigte bereits an, sie habe vor, die Verabschiedung des Gesetzentwurfs mit Obstruktionen zu verlangsamen. Der Vizevorsitzende der Partei Ano Karel Havlíček merkte im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen an:

„Es werden Obstruktionen sein, die – soweit würde ich gehen – beispiellos sein werden. Bevor wir zu den härtesten Varianten greifen, werden wir uns aber bemühen, die Sache zu erklären, die Leute zu überzeugen und Beispiele zu nennen.“

Auf die Worte von Havlíček reagierte der bürgerdemokratische Abgeordnete Marek Benda:

Marek Benda | Foto: Jana Přinosilová,  Tschechischer Rundfunk

„Im vergangenen Jahr wurde uns schon etwa viermal mit bespiellosen Obstruktionen gedroht. Immer endete dies aber damit, dass der Regierungsentwurf schließlich doch gebilligt wurde.“

Tschechien ist derzeit eines der vier EU-Länder, das den Bürgern im Ausland keine Briefwahl ermöglicht. Die weiteren Staaten sind Frankreich, Kroatien und Malta. In Frankreich ist es jedoch seit 2020 möglich, online zu wählen.

Autoren: Martina Schneibergová , Josefína Folprechtová
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