Rückwirkende Analyse von Wasserqualität: Fischschuppen im Visier der Forscher
Mit dem Weltwassertag am 22. März wird auf die Bedeutung und den Wert von Wasser hingewiesen. Hydrobiologen in Tschechien haben eine neue Methode zur Erforschung der Wasserqualität entwickelt: Dabei werden die Fischschuppen analysiert.
So wie die Baumringe Aufschluss über das Klima in der Vergangenheit geben, können Fischschuppen über die Wasserqualität im Laufe der Jahrzehnte erzählen. Ihre Zuwachsringe besagen, wie alt ein Fisch war und wie er gewachsen ist. Wegen dieser Informationen werden Fischschuppen von Forschungsinstituten und Museen seit Jahrzehnten gesammelt. Nun haben die Forscher vom Biologischen Zentrum der tschechischen Akademie der Wissenschaften neu deren chemische Zusammensetzung untersucht. Dabei war vor allem der Anteil von Nährstoffen, Blaualgen und Algen im Wasser von Interesse. Konkret sei es um zwei Elemente gegangen, sagt der Hydrobiologe Mojmír Vašek:
„Die Kohlenstoff- und Stickstoffisotope verschaffen uns Informationen über das Milieu, in dem der Fisch gelebt hat. Sie geben Auskunft unter anderem darüber, wieviel Planktonalgen das Wasser enthielt.“
Erforscht wurde das Wasser im Stausee Římov / Rimau in Südböhmen. Die dortige Talsperre am Fluss Malše / Maltsch wurde 1979 gebaut. Für die Analyse stand den Forschern eine Sammlung von etwa 1200 Schuppen der dortigen Rotaugen und Brassen zur Verfügung. Mojmír Vašek fährt fort:
„Wir haben in unserer Studie den Rand der Schuppe abgeschnitten, der das letzte Lebensjahr des jeweiligen Fisches repräsentierte. Diesen Teil haben wir analysiert. Unsere Studie ist besonders interessant, weil uns Schuppen zur Verfügung standen, die im Stausee Římov in den letzten 40 Jahren gesammelt wurden. Das heißt in den 1980er und 1990er Jahren, aber auch vor zehn bis zwanzig Jahren.“
Und so konnten die Wissenschaftler Jahr für Jahr in die Geschichte des Stausees blicken. Obwohl es sich um ein Trinkwasserreservoir handelt, wurde das Wasser in Římov von der Tätigkeit des Menschen stark beeinträchtigt. In den 1980er Jahren gab es noch keine Wasserreinigungsanlagen in der Umgebung, zudem wurden in der umliegenden Landwirtschaft massiv Düngemittel genutzt. Das Wasser wies daher viele Algen und Blaualgen auf. Anfang der 90er Jahre verbesserte sich die Lage, stagnierte in den letzten zehn Jahren aber wieder. All dies konnten die Wissenschaftler an den Fischschuppen ablesen. Sie verglichen ihre Ergebnisse mit Daten aus regelmäßigen Messungen und konnten bestätigen, dass die Fischschuppenmethode zuverlässig ist. Sie kann nun auch bei Gewässern zum Einsatz kommen, für die keine Messdaten zur Verfügung stehen:
„In zahlreichen Seen und Stauseen wird kein Monitoring der Wasserqualität durchgeführt. Durch die Analyse der Schuppen dort lebender Fische kann man im Rückblick Informationen über das Wassermilieu gewinnen.“
Künftig sollen durch die Forschungen nicht nur der Gehalt von Kohlen- und Stickstoff verfolgt werden, sondern auch etwa Quecksilber und andere Schadstoffe, die sich in den Schuppen ablagern. Außerdem ermöglichen weitere Untersuchungen es, tiefer in die Vergangenheit zu schauen. In archäologischen Funden gibt es Fischschuppen, die hunderte und tausende Jahre alt sind. Diese können über die Wasserqualität jener Zeit Auskunft geben.