Rückzugsort und Regulierung: Magistrat betreibt Taubenschlag im historischen Zentrum Prags

Schon vor zwei Jahren hatten wir Ihnen von Plänen berichtet, nach denen auf dem Prager Vítkov-Hügel ein betreuter Taubenschlag eingerichtet werden soll. Dieses Projekt harrt immer noch seiner Umsetzung. Aber dafür gibt es für die Vögel mittlerweile mitten in der Prager Altstadt einen geschützten Zufluchtsort. Dieser erlaubt auch eine gewisse Regulierung der Taubenpopulation.

Viele Treppenstufen führen auf den Dachboden eines der schönen historischen Stadthäuser unweit des Marienplatzes (Mariánské náměstí) im Prager Zentrum. Die Bewohner des obersten Stockwerkes sind schreckhaft: Es sind Stadttauben, und wenn jemand durch die Tür hereinkommt, fliegen sie durch das Fenster nach draußen.

Seit Sommer vergangenen Jahres dient das Dachgeschoss als Taubenschlag. In der Mitte des Raumes stehen Fress- und Trinknäpfe, entlang der Wände sind Nistboxen aus Spanplatten angebracht. Kateřina Brabencová vom Verein „Holubi v nouzi“ (Tauben in Not) ist regelmäßig vor Ort:

„Im Optimalfall kommt dreimal die Woche jemand her. Es gibt aber auch Vorratsbehälter, damit die Tauben noch genügend Futter haben, wenn gerade niemand hier ist.“

Der Verein betreibt das Taubenasyl in Zusammenarbeit mit der Prager Tierrettungsstation. Initiiert wurde das Projekt vom Prager Magistrat, der damit die Taubenplage in der Stadt ein Stück weit regulieren will. Denn der ausgebaute Dachboden soll den Vögeln nicht nur einen besseren Ruheort als die Simse der historischen Bauten bieten. Auch die Zahl der Tiere werde gesenkt, indem ihre Eier in den Nistboxen durch künstliche ausgetauscht würden, so Brabencová:

„Idealerweise entnehmen wir die Eier, wenn sich noch kein Keim gebildet hat. Das ist sensibler. Die Attrappen haben die gleiche Größe wie die echten Eier, die die Tauben legen.“

Die künstlichen Eier würden sogar angewärmt, damit die Tiere sich weiter auf ihnen niederlassen und keinen Schock erleben, erläutert die Tierschützerin.

Foto:  Jitka Englová,  Tschechischer Rundfunk

Mit einer Überzahl an Tauben hat jede größere Stadt in Tschechien zu kämpfen. Ein Tier hinterlässt im Durchschnitt bis zu zwölf Kilogramm Exkremente im Jahr, wodurch oft historische Statuen oder Hausfassaden beschädigt werden. Zudem übertragen die Vögel Krankheiten und Parasiten. Der Mensch stecke sich aber nur selten bei Tauben an, beruhigt Petr Majer von der Staatlichen Veterinärverwaltung:

„Für eine Infektion müssten etwa die Lebensmittel des Menschen in direkten Kontakt mit dem Taubenkot kommen. Oder eine Person müsste sich in einem Umfeld aufhalten, in dem viel Staub von den Exkrementen in der Luft ist – etwa beim Ausräumen alter Dachböden oder stark verschmutzter geschlossener Räume.“

Illustrationsfoto: Barbora Němcová,  Radio Prague International

Obwohl es den Taubenschlag in der Prager Altstadt schon seit einem Jahr gibt, müssten die Vögel sich immer noch an ihn gewöhnen, sagt Veronika Kraslová, die Leiterin der Prager Tierrettungsstation:

„Dies ist sozusagen unser Pilotprojekt. Damit testen wir, ob die Idee überhaupt funktioniert. Der Taubenschlag bietet Platz für etwa 150 Tiere, also 75 Paare. Angesichts der hohen Zahl an Tauben, die es in ganz Prag gibt, wären natürlich noch viel mehr solcher Asyle angebracht.“

Tatsächlich bereiten schon andere Stadt- und Stadtteilverwaltungen ähnliche Projekte vor, so etwa in Prag-Žižkov oder in Tschechiens zweitgrößter Stadt Brno / Brünn.

Autoren: Daniela Honigmann , Tereza Janouškovcová
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