Schüler drehen Film über August 1968

Schülerinnen und Schüler des Thomas Mann Gymnasiums (Foto: Ondřej Tomšů)

„Die Rolle des Rundfunks während der Okkupation im Jahre 1968“. Zu diesem Thema haben Schülerinnen und Schüler des Thomas Mann Gymnasiums in Prag im November recherchiert. Die Arbeit war Teil einer Projektwoche an der deutschsprachigen Schule. Ihre Ergebnisse haben die Gymnasiasten in einem Film dokumentiert.

Schülerinnen und Schüler des Thomas Mann Gymnasiums  (Foto: Ondřej Tomšů)
Rund zwanzig Schülerinnen und Schüler des Thomas Mann Gymnasiums haben sich in der letzten Novemberwoche auf Spurensuche gemacht. Sie wollten dabei die Ereignisse vom August 1968 erkunden. Die Projektwochen sind ein wichtiger Bestandteil des Unterrichts an diesem Gymnasium. In diesem Herbst standen viele Themen zur Wahl, wie etwa Der Kalte Krieg in der Tschechoslowakei, das Wasser, die Frau oder eine humorvolle Version der Oper Die Verkaufte Braut. Beim Thema Rundfunk während der Besatzung 1968 hat man ein Hilfsangebot des Goethe-Instituts angenommen, wie der Deutsch-Lehrer Stefan Hahmann erläutert:

„Die Projektwochen sollen den Schülern etwas Neues geben. Jetzt gab es die Möglichkeit, sogar einiges außerhalb des Schulgebäudes zu machen. Durch die Kontakte von Frau Winnen vom Goethe-Institut mit Herrn Bosse, der als Profi im Bereich Film und Rundfunk tätig ist, wurde ein Projekt auf die Beine gestellt, das im Augenblick läuft. Mir macht es jedenfalls sehr viel Spaß.“

Thomas Mann Gymnasium  (Foto: Google Street View)
Das Projekt soll im Rahmen vieler ähnlicher Veranstaltungen gesehen werden, sagt die Koordinatorin vom Goethe-Institut, Dorothee Winnen:

„Viele verbinden mit dem Goethe-Institut die Sprachkurse. Das ist natürlich ein Schwerpunkt. Darüber hinaus führen wir aber im ganzen Land vielfältige Projekte an den Schulen durch, die das Erleben der deutschen Sprache stärken und den Deutsch-Unterricht attraktiver machen sollen. Mit der Thomas-Mann-Schule arbeiten wir jetzt auch deswegen zusammen, weil es eine Schule der deutschen Minderheit ist, und wir auch für die Minderheiten in dem Land spezielle Angebote machen.“

Für die Projektwoche des Thomas Mann Gymnasiums wurde ein buntes Programm vorbereitet, setzt Winnen fort:

Richard Seemann  (Foto: Ondřej Tomšů)
„Wir konnten zwei Zeitzeugen gewinnen, uns von damals zu erzählen: Richard Seemann, den ehemaligen Chefredakteur des Tschechoslowakischen Rundfunks, und Libor Hajský, der zu jener Zeit Fotos gemacht hat, von denen einige durch Zufall enthalten geblieben sind. Wir werden durch Prag laufen und Schauplätze des Geschehens besichtigen. Zudem beschäftigen wir uns mit dem Einsatz von Medien: Wie wird eine Radio-Sendung produziert, entwickelt und technisch aufgenommen, aber auch, wie ein Film entsteht. Die Schüler können so die ganzen Eindrücke und Erfahrungen sammeln, die sie zu einer Präsentation zusammenführen werden.“

Die Präsentation ist ein Höhepunkt der ganzen Projektwoche. Stefan Hahmann:

„Bei uns wird hauptsächlich ein Film als Ergebnis stehen. Die Premiere ist am Samstag. Da können sich die Eltern in verschiedensten Räumen unserer Schule über die Projekte und deren Ergebnisse informieren.“


Foto: Ondřej Tomšů
Auf dem Programm der Projektwoche stand auch ein Besuch im Rundfunkgebäude und im Studio von Radio Prag. Ella Sternberg, Max Fesl, Otto Lippman und Keno Kirsch wagten sich selbst ins Studio und erzählten dort über ihre Arbeit am Projekt.

Keno: „Wir haben schon seit Montag Filme gedreht und unsere beiden Zeitzeugen interviewt. Und ich denke, es wird etwas Spannendes und Interessantes dabei herauskommen.“

Die Schülerinnen und Schüler hatten schon im Voraus bestimmte Kenntnisse über den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes im August 1968. Diese waren aber eher oberflächlich:

Ella: „Ja, mir war ein bisschen etwas bekannt. Ich wusste halt nur, dass die Russen hier eingedrungen sind, aber sonst wusste ich eigentlich überhaupt nichts.“

Foto: František Dostál,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0
Max: „Bei mir ist es genauso.“

Otto: „Ich glaube, manche wussten, dass die Russen hierhergekommen sind. Die Details haben wir aber dann später kennengelernt. Wir haben uns zum Beispiel einen kleinen Film angeschaut.“

Besonders beeindruckt waren die Jugendlichen von den Treffen mit den Zeitzeugen

Keno: „Ja, ich denke, es war sehr interessant und spannend, sich mal mit jemandem zu unterhalten, der das miterlebt hat und der weiß, wie das damals war. Aus den Fernseh-Nachrichten weiß man eigentlich gar nicht, wie das dort tatsächlich ist, wenn mal irgendwo was passiert. Ich denke, es ist auch sehr wichtig, dass man sich mal mit einem Zeitzeugen trifft und unterhält.“

Ella: „Der Fotograf hat uns gesagt, wie er zum Fotografieren gekommen ist, wie die meisten Fotos zerstört wurden, und warum auch manche überlebt haben. Und es war sehr beeindruckend, zu hören, wie anders jeder der Zeitzeugen die Zeit damals erlebt hat.“

August 1968 | Foto: Tschechischer Rundfunk
Das Ergebnis der einwöchigen Arbeit ist ein Dokumentarfilm:

Otto: „Der Film sollte die Form eines Interviews haben. Die beiden Gespräche haben wir schon vorher gedreht. Wir müssen das noch morgen und übermorgen zusammenschneiden und am Samstag präsentieren wir das vor den Eltern und vor anderen Schülern.“

Und was war für die Beteiligten am Spannendsten während ihrer Recherchen?

Max: „Wie der Fotograf uns gesagt hat, wie er das alles selber erlebt hat. Und die Fotos, die er gemacht hat.“

Ella:„Ich fand auch interessant, wie man Interviews dreht, und dass wir auch damit arbeiten konnten. Zum Beispiel dass wir mit Ton.“

Keno: „Die Woche ist noch nicht vorbei, es ist ja erst der Mittwoch. Wir haben noch drei Tage vor uns. Ich denke aber, dass die Highlights die Interviews mit den Zeitzeugen sind, mit Herrn Hajský und Herrn Seeman, sind. Aber ich denke, ich kann es nicht richtig sagen, weil alles sehr spannend ist. Das ist ein Projekt der Superlative.“