"Sechziger Jahre" im Museum in Roztoky bei Prag

Roztoky bei Prag (Foto: Autorin)

Die Villengemeinde Roztoky liegt nur einige Kilometer nördlich von Prag. Das dortige Schloss, in dem das Mittelböhmische Museum seinen Sitz hat, ist ein beliebtes Ziel der Bewohner der tschechischen Metropole. Im folgenden "Reiseland Tschechien" laden Sie Martina Schneibergova und Renate Zöller nach Roztoky zu einem Ausflug in die sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts ein.

Das im Moldautal liegende Roztoky wurde von der Hochwasserkatastrophe im Sommer 2002 heimgesucht. Das Schloss mit seinen Sammlungen wurde damals stark beschädigt. Allmählich gelingt es den Mitarbeitern des Mittelböhmischen Museums jedoch, dem historischen Gebäudekomplex wieder seinen Glanz zu verleihen. Seit einigen Tagen können die Schlossbesucher einen weiteren renovierten Teil des Museums besichtigen:

Roztoky bei Prag
"Wir haben jetzt zwei renovierte Räumlichkeiten für die Öffentlichkeit geöffnet: Erstens den großen Saal, der der größte Ausstellungsraum unseres Museums ist. Dort wurde eine Ausstellung über die Mode, das Design und den Lebensstil der sechziger Jahre eröffnet. Außerdem haben wir ein neues Besucherzentrum. In diesen Räumlichkeiten, die im Sommer 2002 vom Hochwasser stark beschädigt wurden, befand sich früher ein Restaurant. Da das Museum für seinen Betrieb eben auch eine Art Infozentrum braucht, entschieden wir uns bei der Renovierung nach der Hochwasserkatastrophe diese Räumlichkeiten anders als bisher zu nutzen."

Tschechische Schlager aus den sechziger Jahren, gesungen von Eva Pilarova oder Waldemar Matuska, erklingen aus dem neu geöffneten Ausstellungssaal. Besucher, die in den sechziger Jahren aufgewachsen sind, können den Eindruck gewinnen, die Tür, die zum Ausstellungssaal führt, sei ein Zeittor, das einen wieder in die Kindheit zurück bringt. Glas- und Porzellangegenstände, die von hervorragenden Künstlern entworfen wurden, aber auch Gegenstände des Alltagsbedarfs, die auf den ersten Blick aus den sechziger Jahren stammen müssen, kann man in der Ausstellung besichtigen. Ilona Klepsova vom Ostböhmischen Museum in Pardubice, die sich an den Vorbereitungen der Ausstellung beteiligt hat, sagte über die Beweggründe für die Ausstellung:

"Wir haben mehrere Ausstellungen vorbereitet, in denen wir uns mit den verschiedenen Zeitepochen befassten - wie beispielsweise dem Art Deco. Vor kurzem kamen wir auf die Idee, dass es gar nicht schlecht wäre, eine solche Präsentation über die sechziger Jahre zu machen, weil sich daran alle mit etwas Nostalgie erinnern, und so entstand diese Schau über die sechziger Jahre."

Die Ausstellung trägt den Titel "Das waren die 60er Jahre - Mode, Design Lebensstil", und Ilona Klepsova war für den Teil der Schau verantwortlich, in dem die Mode gezeigt wird. Am Anfang gibt es Beispiele von Damenkleidern, die noch im Zeichen der Mode vom Ende der fünfziger Jahre stehen. Betont wurde damals eine sehr schmale Taille und die Röcke, unter denen die Frauen meistens noch einen Unterrock trugen, waren recht bauschig.

"Allmählich verwandelte sich diese echte Damenmode in die junge Mode, die als Trend eigentlich bis heute herrscht. Von den klassischen Röcken ging man zu den Mini-Röcken über. Die Mode war aber sehr bunt und entwickelte sich ständig."

Die ausgestellten Kleidungsstücke - Kostüme, Abend- und Sommerkleider, Mäntel, Badeanzüge sowie Handtaschen - stammen aus den Sammlungen des Ostböhmischen Museums in Pardubice. Ilona Klepsova begann diese Kleidungsstücke und Accessoire in den neunziger Jahren zu sammeln. Denn das war, wie sie sagt, der letzte eigenständige Modestil. Bis heute knüpft man immer noch daran an, sagt die Expertin:

"Die Mehrheit der Exponate stammt aus der Garderobe von zwei Damen aus Pardubice. Sie ließen ihre Kleider in vornehmen Schneidersalons in Pardubice und auch in Prag nähen. Sie hatten beide einen guten Geschmack und eigenen Stil. Die Sachen kann man gut ausstellen. Probleme hatte ich mit dazu passenden Schuhen. Eine der beiden Frauen besitzt zwar bis heute Schuhe aus den sechziger Jahren. Diese sind jedoch so abgenutzt, dass man sie nicht mehr ausstellen kann. Passende Schuhe habe ich also vom Pardubitzer Theater und von meinen Kolleginnen ausgeliehen. Sie entsprechen aber nicht vollständig meiner ursprünglichen Vorstellung."

Im Bereich der Mode und des Modeaccessoires begann in den sechziger Jahren die Ära der Kunststoffe. Kleider und Hemden waren aus verschiedenen Polyamidfasern, aus Plastikstoff wurden Handtaschen sowie Modeschmuck hergestellt.

"Hochmodisch waren diese glänzenden Kunststoffsachen wie beispielsweise kofferartige lackierte Handtaschen. Oft hat man selbst aus Kunstbast Taschen oder Hüte gebastelt - die wurden dann gehäkelt. Das war damals ein großer Knüller."

Neben der Modepräsentation haben die Besucher die Möglichkeit in ein typisches Wohnzimmer der sechziger Jahre reinzuschauen, in dem der damals gerade neueste Plattenspieler läuft.

In der Ausstellung kann man aber auch Produkte aus Glas, Porzellan und Keramik bewundern. Ivo Kren ist Kurator der Glassammlung im Pardubitzer Museum und suchte die geeigneten Exponate für den einführenden Teil der Ausstellung in Roztoky aus.

"Die damalige Zeit war sehr schwer war und es war nicht einfach, die Entwürfe von namhaften Glaskünstlern in die Produktion durchzusetzen. Trotzdem sind damals hervorragende Sachen entstanden. Von den Künstlern möchte ich beispielsweise Frantisek Zemek, Ladislav Oliva oder Dana Vachtova nennen. Es werden hier aber Werke von vielen anderen Künstlern gezeigt. Aus dem Bereich Porzellan sind hier z. B. Sachen von Jaroslav Jezek oder von Jitka Forejtova ausgestellt. Sie ist durch ihre Porzellanfiguren von sitzenden, tanzenden oder auch sich gerade kämmenden Tänzerinnen bekannt geworden. Die Entwürfe für diese Figuren entstanden wirklich während der Ballettproben, die die Künstlerin besucht hatte, um dabei die Tänzerinnen zu zeichnen."

In einer etwas anderen Zusammensetzung wurde die Ausstellung bereits in Pardubice gezeigt. Wie haben die Besucher auf diese Rückkehr in die sechziger Jahre reagiert? Ilona Klepsova sagte:

"Entweder sind die Besucher nostalgisch geworden, weil sie sich an die fabelhafte Zeit ihrer Kindheit erinnert haben. Manche haben aber wiederum gesagt: "Mein Gott, war das aber eine furchtbare Zeit. Ich konnte die kaum ertragen."

Die Ausstellung über die sechziger Jahre ist im Mittelböhmischen Museum in Roztoky bei Prag bis zum 15. Oktober dieses Jahres zu sehen.

Fotos: Martina Schneibergova

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