Seehofer in Prag – Präsidentschaftswahlen in Weißrussland

Alexander Lukaschenko (Foto: ČTK)

Bei unserem Blick in die Kommentarspalten tschechischer Tageszeitungen geht es um die Präsidentschaftswahlen in Weißrussland und um den Seehofer-Besuch in Prag.

Petr Nečas,  Horst Seehofer  (Foto: ČTK)
Der bayerische Ministerpräsident Seehofer war zu einem offiziellen Besuch in der Stadt an der Moldau. Ein historischer Besuch, wie es immer wieder heißt, denn seit der Wende 1989 war kein bayerischer Regierungschef offiziell zu Gesprächen nach Prag gereist. Das politische Hauptproblem zwischen Bayern und Tschechien: Die Vertreibung der Sudetendeutschen und die Gräueltaten von tschechischer Seite nach Ende des Zweiten Weltkriegs.

Luboš Palata meint in der Lidové noviny, dass wohl kein Sudetendeutscher mit dem Gedanken spielt, nach Tschechien zurückzuziehen, in ein Land, das – im Gegensatz zu Bayern – noch unterhalb des durchschnittlichen EU-Lebensstandards liege:

„Trotzdem interessiert sich ein großer Teil der zwölf Millionen Bayern, von denen mindestens ein Drittel ´böhmisches´ Blut in den Adern hat, für Tschechien. Was in Deutschland ein kleines Wunder ist. Die böhmische Kultur und Menschen aus Böhmen waren und sind ein wichtiger Bestandteil auch des heutigen Lebens in Bayern, und München weiß das zu schätzen. Das ist ein einzigartiges Band, das sich zwar bisher als Hindernis zeigen konnte, was aber nur geschichtliches und politisches Blendwerk war“, schreibt Palata und bedauert zugleich, dass dieses böhmisch-deutsche Bindeglied schwächer wird. Es könne nur von Bayern und Tschechien gemeinsam am Leben gehalten werden:

„Dieses Band sind Menschen, die sowohl Bayern als auch Tschechien als ´unsere Deutschen´ bezeichnen können. 65 Jahre nach dem Krieg gibt es nichts mehr, wovor man sich fürchten müsste. Im Gegenteil, es bleiben ein paar letzte Jahre, zu versuchen, die Brücke zwischen München und Prag am Leben zu erhalten. Wenn es Bayern und Tschechien schaffen, sich gemeinsam darum zu kümmern, dann entsteht innerhalb Europas eine einzigartige Nachbarschaft. Eine solche, wie sie Länder, die sich so nahe stehen wie Bayern und Tschechien, verdient haben.“


Alexander Lukaschenko  (Foto: ČTK)
Ein anderes Thema der Kommentarspalten waren die Präsidentschaftswahlen in Weißrussland. Nach allen – auch nach den unabhängigen – Prognosen hätte Präsident Lukaschenko in freien Wahlen zwischen 50 und 55 Prozent der Stimmen bekommen können, schreibt Ondřej Soukup in der Hospodářské noviny:

„Die Opposition hat Lukaschenko die Situation noch erleichtert, denn sie konnte sich auf keinen gemeinsamen Kandidaten einigen, und der gewöhnliche Wähler konnte sich bei neun Kandidaten, von denen er zumeist zum ersten Mal im Leben gehört hatte, nur schwer orientieren.“

Zbyněk Petráček geht in der Lidové noviny auf die 80 Prozent der Wählerstimmen ein, die Lukaschenko angeblich bekommen hat, und schreibt:

„Und ehrlich gesagt, auch wenn die Zahl um die Hälfte übertrieben wäre, am Ergebnis würde das grundsätzlich nichts ändern. Bis vor kurzem haben wir noch gedacht, dass die EU mit politischem Druck der dortigen Opposition zum Sieg verhilft, aber jetzt sehen wir, dass es nicht hilft. Lukaschenko würde gewinnen, auch wenn man vorbildlich nach westlichen Maßstäben die Wahlen abhalten würde.“