Sportjahr 2019: Starke Frauen in Wintersaison, imponierende Basketballer

Illustrationsfoto: PDPics, Pixabay / CC0

Wir stehen kurz vor Weihnachten, und das ist auch immer die Zeit für Jahresrückblicke. Eine Übersicht zu den größten tschechischen Erfolgen im Sportjahr 2019 hat Radio Prag International für Sie zusammengestellt.

Petra Kvitová und Naomi Osaka  (Foto: YouTube Kanal Australian Open TV)
Das Jahr 2019 war noch keinen ganzen Monat alt, da sorgten auch schon zwei Tennisspielerinnen aus Tschechien für Furore: Petra Kvitová und Karolína Plíšková. Im Damen-Einzel der Australian Open drang Plíšková bis in das Halbfinale und Kvitová sogar bis ins Endspiel vor. Dort scheiterten beide jeweils knapp an der damaligen neuen Nummer eins, der Japanerin Naomi Osaka. Für Petra Kvitová aber war schon die Finalteilnahme ein sehr emotionales Erlebnis. Im Dezember 2016 hatte ihr ein Einbrecher in ihrer Wohnung mit einem Messer tiefe Schnittwunden an der linken Schlaghand zugefügt. Es gab die Befürchtung, dass ihre Karriere damit beendet sein könnte. Dank guter Ärzte und ihrem großen Willen aber stand sie nun in Melbourne wieder ganz weit vorn auf der Weltbühne ihres Sports. Nach der Drei-Satz-Niederlage gegen die Asiatin sagte sie:

Petra Kvitová  (Foto: YouTube Kanal Australian Open TV)
„Ich finde, dass Naomi und ich kein schlechtes Tennis gespielt haben. Wir haben sehr gut aufgeschlagen, besonders im ersten Satz. Da kam es mir so vor, als wenn wir schon fast Herrentennis spielen würden, also viel Serve-and-Volley. Dann kamen aber auch noch längere Ballwechsel zustande, so dass ich sagen muss: Das war ein Finale mit allem, was dazugehört – ein großer Fight, der eines Endspiels würdig ist.“

Nur knapp eine Woche später aber landete eine andere Tschechin den ganz großen Coup: Olympiasiegerin Eva Samková wurde zum ersten Male auch Weltmeisterin im Snowboardcross. Für die Titelpremiere bei den Seniorinnen benötigte die dreifache Junioren-Weltmeisterin einen etwas längeren Anlauf. Ihren Triumph feierte Samková im US-amerikanischen Park City:

Eva Samková  (Foto: Luboš Vedral,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)
„Bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr war ich nicht in bester Form, von daher war es mir wichtig, es diesmal besser zu machen. Ich bin froh, dass mir das gelungen ist. Ich musste lange auf den WM-Titel warten, aber die Durststrecke hatte auch einen Sinn. Nun weiß ich, es war gut, nicht nachzulassen, denn man bekommt nichts geschenkt.“

Diese Wahrheit kennt auch die weltbeste Eisschnellläuferin des letzten Jahrzehnts auf den Langstrecken, die dreifache Olympiasiegerin Martina Sáblíková. Als sie im vergangenen Jahr bei Olympia nur eine Silbermedaille über 5000 Meter holte, dachten nicht wenige: Der Erfolgsweg der Tschechin geht zu Ende. Bei der Einzelstrecken-Weltmeisterschaft im bayerischen Inzell aber hat sie alle Zweifler eines Besseren belehrt: Sie holte ihre WM-Titel 18 und 19 und schloss damit zu Rekordhalterin Gunda Niemann-Stirnemann aus Deutschland auf. Nach dem Sieg über 3000 Meter war sie überaus glücklich:

Eva Samková: „Ich musste lange auf den WM-Titel warten, aber die Durststrecke hatte auch einen Sinn. Nun weiß ich, es war gut, nicht nachzulassen, denn man bekommt nichts geschenkt.“

„Diese Medaille stufe ich unglaublich hoch ein. Denn vor dieser Saison habe ich mir überhaupt nicht vorstellen können, solch ein Glücksgefühl noch einmal zu erleben. Ich muss meinem Trainer Petr Novák ganz herzlich dafür danken, denn ich habe nicht damit gerechnet, noch einmal so in Form zu kommen.“

Kurze Zeit später gewann Sáblíková auch noch den WM-Titel im Mehrkampf. Sie untermauerte ihre wiedergewonnene Leistungsstärke zudem mit drei Weltrekordläufen auf den langen Distanzen.

Bevor im April und Mai die tschechischen Nationalsportarten Eishockey und Fußball ihre neuen Meister krönten, musste gerade der Pucksport eine sehr betrübliche Nachricht verkraften. Am Karsamstag starb nämlich einer seiner führenden Köpfe, der ehemalige Auswahlspieler und Nationaltrainer Luděk Bukač. Er, der dank seines Doktortitels in Philosophie viele Jahre lang auch als der „Professor“ unter den Eishockey-Trainern geschätzt wurde, starb im Alter 83 Jahren. Seine größten Erfolge als Chefcoach waren die WM-Siege 1985 mit der Tschechoslowakei und 1996 mit der Tschechische Republik.

Finalserie der Extraliga 2019  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
Vor und nach Ostern wurde indes auch sehr intensives Eishockey gespielt. In den Playoffs der Extraliga wurde der neue Landesmeister ermittelt. Am letzten Aprilsonntag fiel dann die Entscheidung: In einer packenden Finalserie setzte sich der HC Oceláři Třinec mit 4:2 Siegen gegen das Team von Bílí Tygři Liberec durch. Die unterlegenen Akteure aus der Jeschkenstadt waren die ersten Gratulanten sowie faire Verlierer. Kapitän Ladislav Šmíd:

„Třinec war ein kleines Stück besser als wir. Leider. Aber ich erkenne das an und rede auch nicht um den heißen Brei herum: Třinec ist verdient Meister. Wir aber sind sehr enttäuscht und werden die Lehre aus der Niederlage ziehen.“

Vladimír Svačina  (Foto: Zoner60,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0)
Der Club aus Třinec gewann seine zweite Meisterschaft nach 2011. Für mehrere Spieler des Teams, die vorher zum Teil woanders unter Vertrag standen, aber war es die Titelpremiere. So auch für Angreifer Vladimír Svačina, der erst nach dem vierten Anlauf jubeln durfte:

„Endlich ist es passiert. Endlich hat mir der Gegner nach dem Finale gratuliert und nicht ich ihm. Es war immer schwer gewesen, die Tränen zu unterdrücken und dem Sieger beim Jubeln zusehen zu müssen. Ich bin froh, dass ich diesmal auf der Gewinner-Seite stehe.“

Auch bei der Weltmeisterschaft, die in der zweiten Maihälfte in der Slowakei stattfand, zeigten die tschechischen Cracks, dass wieder mit ihnen zu rechnen ist. Nach teilweise sehr überzeugenden Vorstellungen zogen die Schützlinge von Nationaltrainer Miloš Říha in die Finalrunde der besten vier Teams ein. Dort verloren sie jedoch ihre zwei Partien gegen Kanada und Russland, so dass sie wie 2014 und 2015 ein weiteres Mal mit dem undankbaren vierten Platz vorliebnehmen mussten. Trainer Říha fand danach auch tröstende Worte:

Miloš Říha: „Wir haben uns bei dieser WM hervorragend präsentiert, vor allem unsere offensive Spielweise war sehr gut. Wir haben endlich auch wieder unsere ureigenen Fähigkeiten bewiesen und damit das typische tschechische Eishockey gespielt. Leider hat uns nur ein wenig Glück gefehlt.“

„Meiner Meinung nach haben wir uns bei dieser WM hervorragend präsentiert, vor allem unsere offensive Spielweise war sehr gut. Wir haben endlich auch wieder unsere ureigenen Fähigkeiten bewiesen und damit das typische tschechische Eishockey gespielt. Die Mannschaft hat Siegeswillen gezeigt und am Ende auch ihr Kämpferherz ausgepackt. Leider hat uns nur ein wenig Glück gefehlt.“

Von zu viel oder zu wenig Glück kann wiederum nicht gesprochen werden, wenn die Ergebnisse einer gesamten Saison am Ende abgerechnet werden. Denn da setzt sich in der Regel jene Mannschaft durch, die über den gesamten Zeitraum hinweg die besten und stabilsten Leistungen erbracht hat. Und das haben in der tschechischen Fußball-Liga ganz eindeutig die Kicker des SK Slavia Prag. Im Feld der 16 Teams wurde nach den obligatorischen 30 Spieltagen diesmal noch eine Zusatzrunde mit weiteren fünf Partien für die Titelanwärter ausgespielt. In 34 Begegnungen hatten die Hauptstädter nur viermal verloren, so dass sie bereits nach dem vorletzten Spieltag der Zusatzrunde den insgesamt 19. Titelgewinn des Vereins feiern konnten. Der wohl auffälligste Spieler von Slavia während der gesamten Saison war Mittelfeldmotor Tomáš Souček. Er war stolz und erleichtert zugleich:

FC Chelsea - Slavia Prag  (Foto: YouTube Kanal von UEFA)
„Der Titelgewinn ist uns alles andere als leicht gefallen, denn unsere Saison war sehr anstrengend. Wir haben neben der Liga ständig im Landespokal und in der Europa League gespielt. Von daher sind wir alle sehr glücklich, dass wir die Meisterschaft schon einen Spieltag vor dem Ende eingetütet haben.“

Auch in den anderen von Souček genannten Wettbewerben war Slavia erfolgreich: Das Finale des Landespokals gewannen die Rot-Weißen mit 2:0 gegen Baník Ostrava, und in der Europa League stießen sie bis ins Viertelfinale vor, in dem sie nur knapp am späteren Cupgewinner Chelsea London scheiterten.

Mit dem FC Chelsea sehr stark verknüpft ist auch die große Karriere eines tschechischen Torhüters. Die Rede ist von Petr Čech, der seine aktive Laufbahn just nach der Saison 2018/19 beendete. Der 37-Jährige, der zuletzt für den Londoner Stadtrivalen FC Arsenal spielte, wollte sich gern mit einem Pokalgewinn verabschieden. Das klappte nicht, denn in seinem letzten Match, dem Europa-League-Finale in Baku, unterlag Arsenal ausgerechnet gegen seinen Ex-Club mit 1:4. Dennoch kann Čech auf eine ereignisreiche und erfolgreiche Profilaufbahn zurückblicken, die sich über genau 20 Jahre erstreckte. Nach den Stationen Blšany (1999-2001), Sparta Prag (2001-02) und Stade Rennes (2002-04) stand er ab 2004 auf der britischen Insel seinen (Tor-)Mann, worauf er besonders stolz ist:

Petr Čech: „Ich schätze es besonders hoch ein, dass ich 15 Jahre am Stück in der besten Liga der Welt gespielt habe. Dazu war es notwendig, stets Höchstleistungen zu bringen. Fast jedem Profi gelingt es, zumindest eine Saison sehr gut zu spielen. Mir aber ist es gelungen, über ein Jahrzehnt hinweg auf dem höchsten Niveau zu halten.“

„Ich schätze es besonders hoch ein, dass ich 15 Jahre am Stück in der besten Liga der Welt gespielt habe. Dazu war es notwendig, stets Höchstleistungen zu bringen. Fast jedem Profi gelingt es, zumindest eine Saison sehr gut zu spielen. Dann jubeln alle, doch wenn man danach nicht mehr erste Wahl ist, dann verschwindet man vielleicht drei Jahre später schon wieder in der Versenkung. Mir aber ist es gelungen, über ein Jahrzehnt hinweg auf dem höchsten Niveau zu halten.“

Die ersten elf Jahre davon stand Čech im Tor des FC Chelsea, im Sommer 2015 ging er dann zum FC Arsenal. Alle 13 Titel, die er gewann, holte er mit den Blues. Darunter waren viermal die englische Meisterschaft sowie je einmal die Champions und die Europa League.

Im September gab es dann den großen Auftritt der tschechischen Basketballer. Nach 37 Jahren hatten sie sich erstmals wieder für eine WM qualifiziert. Und bei den Titelkämpfen in China schlugen sie einigen der Favoriten ein Schnippchen und drangen bis ins Viertelfinale vor. Dort unterlagen sie den bis dahin noch ungeschlagenen Australiern mit 70:82, doch am Ende belegten sie einen hervorragenden sechsten Platz. Damit egalisierten sie die beste Platzierung der Tschechoslowakei, den sechsten Rang bei der WM 1970. Das abschließende Spiel gegen Serbien verloren die Tschechen zwar mit 81:90, der Antreiber und Ideengeber Tomáš Satoranský aber war dennoch nicht enttäuscht:

Tomáš Satoranský | Foto: Keith Allison,  Flickr,  CC BY-SA 2.0
„Ich denke, wir können zufrieden sein mit dem, was wir hier bei der WM geleistet haben. Natürlich will sich niemand mit einer Niederlage verabschieden, doch wir haben zum Abschluss gegen eine der besten Mannschaften des Turniers gespielt. Und wir haben noch einmal gezeigt, warum wir so weit gekommen sind, vor allem in der ersten Halbzeit.“

Im Herbst des Jahres standen noch einmal die Fußballer im Mittelpunkt. Mit einem 0:5-Debakel in London gegen England war die Nationalmannschaft im Frühjahr sehr schlecht in die EM-Qualifikation gestartet. Nach zwei Pflichtsiegen zu Hause gegen Montenegro und Bulgarien folgte Anfang September der nächste Nackenschlag: In Pristina unterlag man Gastgeber Kosovo mit 1:2. Doch die Schützlinge von Nationaltrainer Jaroslav Šilhavý berappelten sich und landeten am 11. Oktober einen großen Coup – sie bezwangen die Engländer in Prag mit 2:1. Den 2:1-Siegtreffer erzielte Zdeněk Ondrášek kurz vor Spielende:

„Ich bin unheimlich froh, wenn ich um mich herum lauter glückliche Menschen sehe. Mein Vater hatte sogar Tränen in den Augen, es war das erste Mal, dass ich ihn so gesehen habe. Es war ein unglaublicher Abend.“

Vor allem für Ondrášek selbst, war doch der Stürmer aus Dallas erst kurzfristig von Trainer Šilhavý nachnominiert worden. Das war das Pech der Engländer, die zuvor zehn Jahre lang und über 43 Begegnungen in einer Qualifikation zur EM und WM ungeschlagen waren. Und für die tschechische Mannschaft war es der erste Sieg über die Briten seit dem Jahr 1975 – damals gewann die Tschechoslowakei in Bratislava ebenfalls mit 2:1 gegen England.

Pavel Kuka  (Foto: David Sedlecký,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0)
Diesen Erfolg strich auch der ehemalige National- und Bundesligaspieler Pavel Kuka in seiner Einschätzung zur EM-Qualifikation heraus:

„Die Hauptsache ist zunächst einmal, dass wir uns für die Endrunde qualifiziert haben. Es ist dabei egal, wie wir es geschafft haben, denn unsere Mannschaft hat sowohl gute bis sehr gute als auch schlechte Leistungen gezeigt. Herausragend war der 2:1-Heimsieg gegen England, bei dem wir die wohl drei wichtigsten Punkte geholt haben. Aus diesem Spiel lässt sich zudem ablesen, dass wir nicht nur guten Fußball spielen, sondern auch starke Gegner besiegen können. Das ist die wichtigste Information für uns. Denn die Engländer sind momentan wirklich sehr stark, und trotzdem haben wir sie bezwungen.“

Doch wie es der Zufall so will, dürfen die Tschechen schon bald wieder gegen die Briten antreten. Die Gruppenauslosung der EM-Endrunde in Bukarest hat nämlich ergeben, dass sie in einer Gruppe mit England, Kroatien und einem Qualifikanten aus den noch ausstehenden Playoffs spielen werden.

Autor: Lothar Martin
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