Druck auf Ausschluss von Russen, Hilfe für Ukrainer: Tschechischer Sport und der Krieg

Transparent gegen den russischen Sportler Alexander Owetschkin

Der Angriffskrieg gegen die Ukraine hat ebenso den Sport verändert. Nach und nach wurden und werden russische und belarussische Sportler von allen internationalen Wettbewerben ausgeschlossen. Auch tschechische Verbände hatten in dieser Richtung Druck gemacht. Zugleich zeigen zahlreiche Vereine, Sportler und Funktionäre hierzulande ihre Solidarität mit ihren ukrainischen Kollegen. Im Folgenden mehr zu beiden Aspekten des Themas.

Illustrationsfoto: Radio Prague International

Der tschechische Fußballverband hatte schon seit Tagen darauf gedrängt – zusammen mit dem polnischen und schwedischen. Und letztlich entschieden sich die Fifa und die Uefa, die russische Fußballnationalmannschaft und Vereine aus dem Land von allen Wettbewerben auszuschließen. Das bedeutet, dass die Sbornaja auch nicht an den WM-Playoffs und der Weltmeisterschaft in Katar teilnehmen darf. Während die Offiziellen beim russischen Fußballverband tobten und von Diskriminierung sprachen, sagte der Sprecher der Tschechischen Fußball-Assoziation, Michal Jurman:

„Sowohl der Vorsitzende Petr Fousek, als auch die restliche Führung des tschechischen Verbandes halten die gemeinsame Entscheidung von Fifa und Uefa für logisch und für die einzig mögliche Lösung in der sich weiter eskalierenden Lage.“

Erfolgreicher Druck auf die Fifa

Illustrationsfoto: QuinceCreative,  Pixabay,  CC0 1.0 DEED

Ende März wäre die russische Fußballnationalmannschaft in den Playoffs für die Weltmeisterschaft angetreten. Dabei hätte das tschechische Team im Finale auf sie treffen können. Nun ist die Frage, ob Russland ersetzt wird durch ein anderes Land – oder Polen, der ursprüngliche Gegner Russlands, direkt fürs Finale qualifiziert ist. Dazu der tschechische Verbandsvorsitzende Petr Fousek:

„Wir haben uns an die Fifa gewandt mit der Frage, wie die Playoffs denn nun aussehen sollen. Wir gehen weiterhin vom derzeitigen Konzept aus. Das hieße, dass wir am 24. März im Halbfinale gegen Schweden antreten würden.“

Petr Fousek | Foto:  Tschechisches Fernsehen

Fousek denkt zudem, dass am ehesten Polen kampflos ins Finale einzieht und nicht gegen ein für Russland nachrückendes Team antreten muss. Wie Fifa und Uefa letztlich entscheiden, hält der Verbandsvorsitzende jedoch aus tschechischer Sicht nicht für erheblich. Das Wichtigste sei, dass man sich selbst für die WM in Katar im November und Dezember qualifiziere, so Fouseks Worte.

Neben dem Fußball gilt in Tschechien wie in Russland das Eishockey als Nationalsportart. Aber auch die Kufen-Cracks aus dem kriegsführenden Land wurden nun von den internationalen Wettbewerben ausgeschlossen. Der ehemalige tschechische Eishockey-Torhüter Petr Bříza ist stellvertretender Vorsitzender des Weltverbandes IIHF

Petr Bříza | Foto:  YouTube Kanal HC Sparta Prag

„Auf einer Sitzung des IIHF-Council wurde beschlossen, dass die Nationalteams aus Russland und Belarus nicht an der diesjährigen Weltmeisterschaft in Finnland teilnehmen dürfen. Das Verbot gilt für die Herren-Mannschaften beider Länder aber auch für die Teams in weiteren Alterskategorien sowie im Frauen-Eishockey“, erläuterte Bříza den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks.

Das weitere Prozedere bei der Männer-WM im Mai in Finnland ist allerdings noch nicht klar. Auch in diesem Fall stellt sich die Frage, ob andere Mannschaften nun nachrücken dürfen. Das könnten dann Österreich und Frankreich sein, die unter den bisher nicht qualifizierten Ländern in der Weltrangliste am höchsten postiert sind.

Neutrale Flage des Russischen Paralympischen Komittees  (2. von links) | Foto: Andy Wong,  ČTK/AP Photo

Lange offen blieb auch, ob russische und belarussische Athleten von den Paralympics ausgeschlossen werden sollen. Viele von ihnen waren bis vergangene Woche bereits nach China zu den Sportstätten gereist. Am Mittwoch noch wollte das Internationale Paralympische Komitee (IPC) die Sportler der beiden Länder unter neutraler Flagge starten lassen. Am Donnerstag kam aber dann die Kehrtwende: Die russischen und belarussischen Athleten sind nun von den Winterspielen ausgeschlossen. Unter anderem hatte auch das tschechische paralympische Komitee Druck gemacht. Zbyněk Sykora ist dessen Chef:

„Wir waren mit der ursprünglichen Entscheidung vom Mittwoch nicht einverstanden. Unseren Sportlern haben wir dann geraten, nicht bei den Wettkämpfen anzutreten. Über alle Kanäle haben wir versucht, den Druck noch zu verstärken, damit das IPC die jetzige Entscheidung trifft. Wir waren natürlich nicht allein. Auch die meisten weiteren paralympischen Komitees wollten dasselbe.“

Zbyněk Sýkora | Foto: Judita Šímová,  Tschechischer Rundfunk

Allerdings war die Sache aus rechtlicher Perspektive schwierig. Das Internationale Paralympische Komitee musste sich daher mit seiner Rechtsabteilung intensiv beraten. Sykora schildert, wo das Problem lag.

„Das IPC sah nach den Beratungen mit der Rechtsabteilung kein Mittel, um die russischen und belarussischen Athleten von den Spielen auszuschließen. Der einzige mögliche Weg war, dass die Organisatoren diesen Sportlern im olympischen Dorf und an den Wettkampfstätten keine Sicherheit mehr garantieren konnten. Das galt am Mittwoch aber noch nicht. Leider ist seitdem die Lage eskaliert und wurde bis Donnerstag praktisch unhaltbar. Deswegen konnte das Internationale Paralympische Komitee seine Entscheidung revidieren“, so Zbyněk Sykora.

Russische Athleten in Peking | Foto: Thomas Lovelock,  ČTK / OIS,  AP Photo

Zugleich verweist der Funktionär auf jene Athleten aus Russland und Belarus, die dem Krieg ihrer Länder vielleicht gar nicht zustimmen und für die Peking der Höhepunkt ihrer sportlichen Karriere hätte sein können:

„Aus sportlicher Sicht ist das selbstverständlich eine Tragödie. Die Sportler müssen etwas ausbaden, mit dem sie nichts gemein haben. Die 83 russischen und belarussischen Athleten sind nun also nach Hause gefahren. Aus menschlicher Sicht halte ich die Entscheidung aber für richtig, denn wir befinden uns im Krieg.“

Biathleten versteigern Olympia-Ausrüstung

Aber es sind ja nicht vorrangig russische und belarussische Sportler, die von dem Krieg betroffen sind, sondern ukrainische. Die Biathleten des Landes, darunter auch die Asse Dmytro Pidrutschnyi und Julia Dschima, haben ihre Sportwaffen abgelegt und militärisches Gerät in die Hand genommen. Sie kämpfen nun an der Front und verzichten auf die restliche Saison. Das heißt, sie nehmen auch nicht an den Weltcuprennen in Kontiolahti teil. Jiří Hamza ist Vorsitzender des tschechischen Biathlonverbandes. Er stehe mit seinen ukrainischen Verbandskollegen in Kontakt, sagte er vergangene Woche:

Dmytro Pidrutschnyj | Foto: Ukrainisches Ministerium für Jugend und Sport,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

„Meines Wissens sind Dmytro Pidrutschnyi und seine Schwester in Kiew eingesetzt. Der Rest befindet sich in der Stadt Tschernihiw, in der schwerste Kämpfe ausgefochten werden. Die Biathleten sind entweder in den Kasernen oder direkt an der Front. Das kann sich wohl kaum jemand ausmalen, dass man vor zwei Wochen noch bei Olympia war und nun im Krieg ist. Dieses Schicksal ist schrecklich. Ich hoffe, dass jemand diesen Verrückten aus Russland stoppt. Einzulenken wäre aber auch sehr kurzsichtig.“

Hamza hat daher dem ukrainischen Verband angeboten, die Familien der Biathleten hierzulande aufzunehmen und auch die Sportler selbst, sobald eine Ausreise für sie möglich wird. In einem Gespräch für den Tschechischen Rundfunk erläuterte er Mitte vergangener Woche, dass sich einige Betroffene bereits in Polen befänden und man sie an der Grenze zu Tschechien abholen wolle.

Jiří Hamza | Foto: Tschechisches Fernsehen

„Wir versuchen sie dann auf dem Biathlon-Areal in Nové Město na Moravě unterzubringen – egal für wie lang das sein muss. Bei Interesse gilt dies für die ganzen Familien, inklusive der Mütter, Kinder und Großeltern. Wir kümmern uns komplett um sie, und die Biathleten werden hier auch trainieren können“, so Hamza.

Am Mittwoch vergangener Woche kam allerdings eine traurige Nachricht für den Biathlonsport. Denn Yevhen Malischew, Mitglied des ukrainischen Juniorenteams, ist im Krieg gegen Russland ums Leben gekommen. Der tschechische Biathlet Mikuláš Karlík hat deswegen eine Benefiz-Auktion ins Leben gerufen, bei der er und seine Kolleginnen und Kollegen aus der Nationalmannschaft ihre Olympia-Kleidung und -Ausrüstung online versteigert haben. Der Erlös ist für die Familie von Malischew bestimmt. Bis Freitag kamen bereits rund 150.000 Kronen (5800 Euro) zusammen.

Spielerinnen des Handballvereins Halytschanka Lwiw | Foto: Václav Šálek,  ČTK

Aber nicht nur den Skijägern will man in Tschechien helfen. Zahlreiche weitere Initiativen sind in den vergangenen Tagen hierzulande entstanden – in fast allen denkbaren Sportarten. So pflegt Baník Ostrau im Fußball eine Partnerschaft mit dem Klub Ruch Lwiw. Der Verein aus Mährisch-Schlesien hat nun angeboten, Jugendspieler von dort aufzunehmen. Meist sind es bisher nur Offerten, denn die Flucht aus der Ukraine ist schwierig. Doch die Spielerinnen des Handballvereins Halytschanka Lwiw haben es bereits vergangene Woche nach Tschechien geschafft. Die mehrfachen ukrainischen Meisterinnen trainieren nun bei ihren Gegnerinnen aus dem EHF-Pokal im südmährischen Hodonín / Göding.

Autoren: Till Janzer , Vojtěch Šilhan , Pavel Tylšar
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