Steinzeit-Brunnen von Ostrov wird zur Sensation

Foto: Uni Olomouc

Archäologen haben in der Nähe von Pardubice / Pradubitz beim Autobahnbau einen steinzeitlichen Brunnen freigelegt. Nun hat sich gezeigt, dass sie auf eine Sensation gestoßen sind. Denn es handelt sich um die älteste bisher bekannte Holzkonstruktion der Welt.

Foto: Uni Olomouc

Jaroslav Peška  (Foto: Vít Pohanka)
Es war ein Zufallsfund. Bei Ostrov nahe Pardubice soll schon bald die Autobahn D35 entlangführen. Bei den Bauarbeiten stieß man dort vor gut einem Jahr auf einen 140 Zentimeter hohen Kasten aus Buchenholz, der sich bald als Brunnen herausstellte. Chef-Archäologe Jaroslav Peška von der Uni Olomouc / Olmütz sagte damals gegenüber Radio Prag International, dass dies vermutlich der älteste Brunnen sein könnte, der je in Europa entdeckt wurde. In dieser Woche lagen schließlich die Ergebnisse der dendrochronologischen Datierung vor, und die Experten staunten nicht schlecht. Denn der Brunnen muss in der Zeit um 5256 vor Christi Geburt entstanden sein – also in der Jungsteinzeit. Damit wäre es das weltweit älteste Zeugnis menschlicher Holzbaukunst. Dazu Jaroslav Peška:

„Natürlich wurden schon Holzkonstruktionen gefunden, die vermutlich älter sind. Für die gibt es aber keine dendrochronologischen Daten. So steht es beispielsweise um einige Brunnen, die europaweit freigelegt wurden. Die in Ungarn könnten wahrscheinlich sogar älter sein als dieser hier. Sie wurden bisher aber nur mit der Radiokarbonmethode datiert, was nur einen sehr ungefähren Zeitrahmen gibt. Wann die Bäume für die dortigen Brunnen gefällt wurden, wissen wir also nicht.“

Bei der dendrochronologischen Datierung werden die Jahresringe der verbauten Baumstämme mit bestimmten Klimaphänomenen abgeglichen. Das ermöglicht eine relativ genaue Bestimmung, wann der jeweilige Baum wohl gefällt wurde.

Ursprünglich dachten die Forscher, dass die Konstruktion wegen ihrer Bauart aus der Bronzezeit stammt. Der Fund von Ostrov gilt nun aber als Beweis, dass die Menschen bereits im Neolithikum Meister des Brunnenbaus waren. Dazu Jaroslav Peška:

Foto: Uni Olomouc
„Es gab bisher keine Beweise dafür, dass diese Technik schon in der Jungsteinzeit verwendet wurde. Mittlerweile haben wir aber schon zwei Beispiele, die das belegen. Eines ist hier in Ostrov, das andere im mährischen Uničov. Der Brunnen dort wurde zwar von derselben Kultur hergestellt, ist aber rund 160 Jahre jünger.“

Die Erbauer der beiden Brunnen gehörten der sogenannten Linearbandkeramischen Kultur an. Diese Menschen gelten als die ersten Siedler Mitteleuropas, die Landwirtschaft betrieben haben. Der Name stammt von den Verzierungen, die die steinzeitlichen Bewohner der Region auf ihren Töpferwaren hinterlassen haben. Von ihnen ist außerdem bekannt, dass sie in Siedlungen lebten, die aus mehreren Langhäusern bestanden.

Holz ist zwar standhaft, doch nicht unbegrenzt haltbar. Wie konnte also der Brunnen von Ostrov weit über 7000 Jahre so gut erhalten bleiben? Die Bedingungen seien einfach perfekt gewesen, meint Archäologe Peška:

„Bei solchen Bedingungen – also bei der Feuchtigkeit und dem Mangel an Sauerstoff – wird Eichenholz fast zum Fossil. Es wird sehr hart und lange haltbar. Das ist auch hier passiert, und deshalb ist der Brunnen so gut erhalten.“