Tschechen wieder häufiger mit HIV infiziert – Hlavatý: Haben Trendwende unterschätzt

Am Dienstag wurde eine Statistik veröffentlicht, die bedenklich stimmt: Die Zahl der HIV-Infektionen in Tschechien ist im vergangenen Jahr weiter gestiegen. Die Ärzte testeten insgesamt 157 Personen HIV positiv. Das ist der größte Jahreszuwachs an HIV-Ansteckungen seit der Gründung des Landes im Jahr 1993. Zu den Hintergründen dieser Entwicklung hat Radio Prag mit dem Sekretär der Tschechischen Gesellschaft für Aids-Hilfe und Direktor der Einrichtung „Dům světla“ (Haus des Lichts), Miroslav Hlavatý, gesprochen.

Freddie Mercury

Der Rocksänger Freddie Mercury ist Anfang der 90er Jahre an Aids gestorben. Er ist nicht nur das prominenteste Opfer dieser Krankheit, sondern war stets auch ein warnendes Beispiel für die ihm nachfolgende Generation. Die heutige Jugend scheint das Beispiel Mercury allerdings nicht mehr abzuschrecken, meint Miroslav Hlavatý:

„Die Angst vor einer Aids-Erkrankung ist tatsächlich geringer geworden, vor allem junge Leute glauben, nichts befürchten zu müssen. Das Beispiel Mercury liegt weit zurück. Ziemlich problematisch ist auch, dass man jetzt über eine erfolgreiche Heilung von Aids spricht. Diese Heilung gibt es Gott sei Dank wirklich, aber das zieht auch Probleme bei der Vorbeugung nach sich. Viele Leute verlassen sich nämlich darauf, auf diese Weise eine mögliche Ansteckung in den Griff zu kriegen. Die Heilung ist aber nicht für jeden 100-prozentig sicher, das belegt ja die gestiegene Zahl an Erkrankungen und Todesopfern.“

Die Trendwende hin zu einer erneuten Zunahme von HIV-Ansteckungen in Tschechien ist dabei nicht neu, betont Hlavatý:

„Als vor drei, vier Jahren der Abwärtstrend gestoppt und der Zuwachs an Neuansteckungen nicht sonderlich markant war, haben wir uns wohl zu sehr darauf ausgeruht. Für die Zukunft müssen wir nun wirklich damit rechnen, dass die Zahlen jedes Jahr schlechter werden. Das zeigen auch die jüngsten Zahlen: Im Jahr 2008 haben wir 142 Menschen registriert, die sich mit dem HIV-Virus infiziert haben, und im vergangenen Jahr schon 157.“

Miroslav Hlavatý lobt die Aids-Hilfe des Staates. Über öffentliche Institute werden bis zu 70 Prozent der Aktivitäten finanziert, die zur Prävention von Aids sowie zur Hilfe für Personen beitragen, die mit HIV infiziert oder an Aids erkrankt sind. Ein Problem bereitet dagegen, die restlichen 30 Prozent der Gelder durch Sponsoren zu bekommen. Selbst dann, wenn die Gelder flössen, bestehe die Gefahr aber weiter, warnt Hlavatý:

„Vertraue keinem, auch wenn er toll aussieht, er ´x ´ Sprachen spricht oder gut gekleidet ist. Verlasse dich nicht darauf, dass sich mit HIV nur Leute niederer Schichten anstecken und man ja die Person kenne, mit der man schläft. Man kann es nicht merken. Die einzige Möglichkeit ist, sich in einer Beziehung den Sex zunächst aufzusparen oder dabei Kondome zu benutzen. Dann machen beide Partner einen Aids-Test, und ist der negativ, dann können sie ohne Kondome und Angst vor HIV Sex haben – sofern sie keinen Dritten in ihre Beziehung lassen.“

Die größte Warnung, die Ansteckung mit HIV zu unterschätzen, dürfte sein, dass in Tschechien bereits 156 Personen an Aids gestorben sind.