Tschechien möchte sein Bier als Weltkulturerbe anerkennen lassen
Der Volkstanz „verbuňk“, die tschechische Puppenspieltradition oder die hiesige Falknerei. All diesen Dingen ist gemein, dass sie auf der Liste des immateriellen Weltkulturerbes der Unesco stehen. Auch ein besonderer Weihnachtsschmuck oder der mährische Osterumzug „Ritt der Könige“ dürfen sich mit dem Titel schmücken. Umso überraschender, dass das, wofür Tschechien in der ganzen Welt bekannt ist – nämlich das hiesige Bier –, noch kein Unesco-Kulturerbe ist. Das soll sich nun ändern.
Über 130 Liter Bier trinkt der Durchschnittstscheche im Jahr. Im Konsum des Gerstensaftes ist Tschechien weltweit Spitzenreiter. Der tschechische Verband der Brauereien und Mälzereien hat nun Schritte eingeleitet, um die hiesige Bierkultur auf die Liste des immateriellen Weltkulturerbes der Unesco aufnehmen zu lassen. Martina Ferencová ist die Geschäftsführerin des Verbandes. Im Interview für Radio Prag International erklärt sie, warum für sie das tschechische Bier auf die prestigeträchtige Liste gehört.
„Schon seit dem 19. Jahrhundert ist man hier in Tschechien sehr stolz auf die Bierkultur. Das Bier verbindet uns Tschechen und ist ein wichtiger Teil der Geschichte unseres Landes. Es spielt aber auch in der Gegenwart eine große Rolle. Im Brauereibereich kommt es zu vielen innovativen Entwicklungen. Und das Bier ist ein integraler Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in Tschechien.“
Laut Martina Ferencová hat das tschechische Bier weltweit einen guten Ruf. Grund dafür sind etwa die besondere Pilsner Brauart und die Verwendung tschechischen Malzes. Auch der besondere Hopfen aus Žatec / Saaz trägt zur positiven Reputation bei. Der Geschäftsführerin zufolge ist es aber noch ein weiter Weg, bis sich Tschechien mit dem Weltkulturerbe-Titel für das Bier schmücken könnte.
„Der Verband der Brauereien und Mälzereien hat einen Antrag auf Anerkennung als Kulturerbe im Kreis Pilsen gestellt. Das ist die Wiege des Lagerbieres. Es wurde dort vor 180 Jahren zum ersten Mal gebraut. Ein weiteres Gesuch wollen wir im Kreis Südböhmen einreichen. Bis wir aber in die Liste des immateriellen Weltkulturerbes aufgenommen werden könnten, ist es noch ein weiter Weg. Wir können die Zeitspanne nicht genau abschätzen, es wird sich aber um mehrere Jahre handeln.“
Der Prozess ist so langwierig, da lediglich das tschechische Kulturministerium einen Antrag bei der Unesco stellen kann. Hierfür muss das Bier aber zunächst nationales Kulturerbe in Tschechien sein. Um das zu werden, ist wiederum eine Aufnahme in das Kulturerbe eines der 14 Kreise in Tschechien nötig.
Beim Brauereiverband scheut man dennoch keine Mühen, um den besonderen Titel ins Land zu holen. Und auch die Unterstützung des Kulturministeriums sei bereits sicher, heißt es. Vorbild für das Vorhaben ist Belgien, denn die dortige Bierkultur wurde bereits 2016 in die Unesco-Liste aufgenommen.
Martina Ferencová zufolge würde eine Anerkennung des tschechischen Bieres als immaterielles Weltkulturerbe zahlreiche Vorteile mit sich bringen.
„Vor allem die tschechischen Brauereien werden davon profitieren. Für uns ist das also eine Herzensangelegenheit. Ich denke, dass die Verleihung des Titels dazu beitragen würde, dass überall in der Welt gut über uns und unsere Brauereikultur gesprochen wird.“
Der Unesco-Titel soll also die Rolle des Bieres als Aushängeschild Tschechiens stärken. Frühestens 2026 könnte Tschechien das immaterielle Weltkulturerbe verliehen werden. Bis es soweit ist, bleibt den Menschen hierzulande, wie auch den zahlreichen Touristen, nichts Anderes übrig, als den Gerstensaft ohne Welterbe-Status zu trinken. Aber das Bier schmeckt ja trotzdem gut. In diesem Sinne: Prost und Na zdraví!