Hopfenmuseum in Saaz: 1000 Jahre Geschichte des Hopfens
Beim Bierbrauen geht es nicht ohne den Hopfen. Will man über das „grüne Gold“ etwas mehr erfahren, lohnt sich der Besuch des Hopfenmuseums in Žatec / Saaz.
Der Hopfen ist eine Kletterpflanze, die in der Bierbrauerei zur Geltung kommt: Die grünen Dolden verleihen dem Malzgetränk die erforderliche Bitterkeit. Seit Jahrhunderten wächst Hopfen in Nordwestböhmen. Die dortige Stadt Žatec / Saaz entwickelte sich bald zum Zentrum des Hopfenbaus und Hopfenhandels:
„Saaz wurde als Stadt erstmals 1004 schriftlich erwähnt. Und über den dortigen Hopfen berichten historische Quellen aus den deutschen Hansestädten, in die diese Pflanze mit Schiffen auf der Elbe geliefert wurde. Die ersten Eintragungen darüber stammen aus dem 11. Jahrhundert.“
Hopfenanbau im frühen Mittelalter
So der Leiter des Hopfenmuseums in Saaz, Vladimír Valeš. Das Museum ist in einer ehemaligen Lager- und Verpackungshalle aus dem 19. Jahrhundert untergebracht. Es rühmt sich, die größte Ausstellung ihrer Art weltweit zu sein. Auf einer Fläche von 4000 Quadratmetern kann man dort die Entwicklung des Hopfenbaus vom frühen Mittelalter bis in die Gegenwart erkunden.
Bereits seit dem 10. Jahrhundert wurde der Hopfen aus Böhmen nach Bayern und über die Elbe in die Hansestädte exportiert. Die Nachfrage stieg an, nachdem die ersten Kloster- und Stadtbrauereien in Mitteleuropa gegründet wurden. Die Gegend von Saaz hatte damals schon zwei Vorteile: Der Boden dort eignete sich sehr gut für den Hopfenbau, und man befand sich an einer Kreuzung wichtiger Handelswege. Im Unterschied zu anderen Gebieten in Europa wurde rund um Saaz schon im Mittelalter der Hopfen für weit entfernte Absatzmärkte angebaut:
„Wir behaupten, dass sich seit dem 13. Jahrhundert vom Hopfenbau in unserer Region sprechen lässt. Wir haben dafür aber keine schriftlichen Belege. Denn früher wurde nur selten unterschieden, ob man den Hopfen angebaut oder wild wachsenden Hopfen gepflückt hat.“
Der Hopfen sorgte bald für hohe Einnahmen der Stadt:
„Er wurde auf Schiffen auf der Eger und der Elbe nach Deutschland gebracht, weil die Flüsse sichere Handelswege waren. Und dafür wurden auch Zollgebühren kassiert. Die Stadt wurde dank dem Hopfenhandel reich und erlebte einen Aufschwung. Es entstand eine neue Schicht der Hopfenhändler.“
Fast jedes Bürgerhaus hatte damals einen Hopfengarten. Auf den Dachböden wurden die gepflückten Dolden dann getrocknet. Bis heute befinden sich Lüftungsluken in den Dächern der alten Stadthäuser.
Eine bekannte Vedute des Graphikers Johann Willenberg aus dem Jahr 1611 zeigt den Blick auf die beeindruckende Stadt mit ihren Festungsmauern. Auf der Abbildung sind aber auch die Hopfengärten zu sehen:
„Der Hopfen wurde damals an Holzstangen angebaut. Diese wurden im April in den Boden geschlagen, und jede Rebe um die Stange gewickelt, so dass sie an dieser emporwachsen konnte. Auf Bildern lässt sich sehen, dass der Hopfen in kleinen umzäunten Gärten kultiviert wurde. Der Zaun schützte die Reben vor Haus- und Wildtieren.“
Der Höhepunkt des Hopfenhandels kam aber erst einige Jahrhunderte später:
„Im 19. Jahrhundert ließen sich die Hopfenhändler im südlichen Teil der Stadt nieder. Dort wurden Lager und Packstationen eingerichtet. In einem solchen Gebäude ist auch unser Museum untergebracht. Um das Jahr 1900 gab es hier etwa 80 solche Hopfenlager. Der getrocknete Hopfen wurde hierhergebracht, verarbeitet und danach an die Brauereien geliefert.“
Hopfenmetropole Saaz
Saaz entwickelte sich in dieser Zeit zu einer Hopfenmetropole, betont Valeš:
„Viele Firmen mit Sitz in Saaz hatten Zweigstellen in New York, Nürnberg und weiteren Städten in der ganzen Welt. Bei uns wurden auch die Hopfenpreise für die Welt festgelegt. So war es bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs, danach sank die Bedeutung von Saaz. Zudem kam es zu Missverständnissen zwischen den Händlern und dem Stadtrat. Die Händler verließen deswegen die Stadt und siedelten nach Nürnberg um. Saaz verlor damit seine Vormachtstellung.“
Die Ausstellung gibt auch Einblicke in den Hopfenbau von früher:
„Hopfen muss sehr schnell getrocknet werden, weil er etwa zu 95 Prozent aus Wasser besteht. Andernfalls verschimmeln die Dolden. Beim Trocknen darf man ihn aber auch nicht sozusagen verbrennen. Unsere Vorfahren eigneten sich mehrere Verfahren an, um dies zu sichern. Zunächst haben sie den Hopfen im Schatten auf Platten getrocknet, weil Sonne der Pflanze schadet. Diese Platten wurden in mehreren Schichten in den Luftzug gehängt. Nach etwa 15 Tagen waren die Pflanzen dann trocken. Ab Anfang des 20. Jahrhunderts baute man Trockenhäuser, die von Öfen beheizt wurden.“
Der Kampf gegen Schädlinge und Krankheiten ist eine weitere Herausforderung für jeden Hopfenbauer. Die Dolden wurden in Schwefelkammern konserviert. Daran erinnert bis heute das Stadtbild von Saaz:
„Saaz ist wegen seiner vielen Schornsteine einzigartig. Aus diesen stiegen die Abgase aus den Schwefelkammern auf. Dabei wurde darauf gedrängt, dass die Schornsteine möglichst hoch gebaut wurden, damit der Schwefel nicht in die umstehenden Häuser zog. Wir haben in der Stadt heute 40 Schornsteine, einst gab es hier aber noch mindestens 20 weitere. In Saaz galt sogar eine Schwefelordnung: Diese legte fest, dass man nicht in zwei Gebäuden nebeneinander zur selben Zeit schwefeln durfte.“
Bereits seit dem Mittelalter musste der Hopfen aus Saaz vor Produktfälschungen von minderer Qualität geschützt werden:
„Die Händler erhielten etwa von den Bürgermeistern der königlichen Städte Saaz, Laun und Rakonitz Gutachten, dass der Hopfen tatsächlich hier eingekauft wurde. Später, vor allem unter Maria Theresia, wurde ein Amt eingerichtet, das durch Siegel vor Fälschungen und Nachahmungen schützte. Und schließlich bekam jede Lieferung eine Urkunde, mit der bestätigt wurde, dass es sich um Hopfen aus dieser Region handelte.“
In der Ausstellung sind auch interessante Werkzeuge und historische Geräte zu sehen. Die ältesten Exponate befinden sich auf dem Dachboden.
„Das sind die Holzstangen, um die der Hopfen gewickelt wurde. Das Werkzeug, das hier zu sehen ist, hängt vor allem mit der Arbeit im 19. Jahrhundert zusammen. Der Hopfenanbau war sehr arbeitsaufwändig. Lange Zeit wurde das meiste in Handarbeit erledigt. Die Saisonarbeiter, die im 19. Jahrhundert zum Hopfenpflücken kamen, verdienten gutes Geld dafür. Sie arbeiteten von früh morgens bis spät abends und konnten von ihrem Gehalt problemlos ihr Essen und ihre Bekleidung bezahlen. Wer hart arbeitete, konnte sich etwas leisten.“
Stangen und Drahtgerüst
Im 19. Jahrhundert wandelte sich auch die Ausstattung der Hopfengärten. Anstatt Stützstangen ging man zu Drahtgerüsten über:
„Die erste solche Hopfengartenkonstruktion stammt von 1890. Sie war nicht sechs Meter hoch wie heute, sondern nur drei Meter. Die Erfindung verbreitete sich von Saaz aus über ganz Europa. Schrittweise wurden überall Drahtkonstruktionen wie hier angelegt. Ihr Vorteil ist, dass sie während der gesamten Lebensdauer der Pflanze genutzt werden können. Eine Hopfenpflanze lebt bis zu 40 Jahre lang, meist rechnet man aber mit 25 bis 30 Jahren. Und für diese Zeitspanne war auch das Gerüst konstruiert.“
Das Museum in Žatec gilt als Huldigung an die dort angebaute Hopfensorte, den „Saazer Mittelfrühen“ (Žatecký poloraný červeňák). Vladimír Valeš bezeichnet diese als die beste Hopfensorte der Welt:
„Diese Hopfensorte ist in ihren Eigenschaften einzigartig. Bitter- und Aromastoffe sind bei ihr ausgewogen. Darin unterscheidet sie sich von Hopfensorten, die westlich von uns angebaut werden, in denen die Bitterkeit überwiegt. Der Saazer Hopfen galt seit jeher als eine Sorte, die dem Bier Geschmack verleiht.“
Das Hopfenmuseum ist täglich geöffnet außer montags, und zwar von 10 bis 17 Uhr. Es befindet sich auf dem Prokop-Velký-Platz (náměstí Prokopa Velkého) in Žatec.