Tschechien wirbt um mittelständische Investoren und Zukunftsbranchen

Foto: Europäische Kommission

Tschechien hat seit Anfang der 90er Jahre viele ausländische Investoren angezogen. Dabei spielte die staatliche Agentur CzechInvest eine wichtige Rolle. Sie beriet ausländische Interessenten und vermittelte staatliche Investitionshilfen. Lange warb CzechInvest vor allem um Kapital für industrielle Großprojekte. Doch das hat sich inzwischen geändert. Jetzt räumt Tschechien Zukunftsbranchen sowie kleineren und mittlelständischen Unternehmen Priorität ein. Mehr dazu im heutigen Wirtschaftsmagazin von Sybille Korte.

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Seit mehr als zehn Jahren hat CzechInvest im Ausland für Direktinvestitionen in Tschechien geworben. Vor dem dem Beitritt zur Europäischen Union zog die staatliche Agentur Anfang des Jahres eine vorläufige Bilanz: Über 270 Investitionsprojekte seien verwirklicht worden mit einem Gesamtwert von gut neun Milliarden Dollar. Mehr als 71 Tausend Arbeitsplätze entstünden in diesen Projekten, von denen ein Großteil in der Automobilbranche und Elektroindustrie angesiedelt ist. Der tschechische Staat hat seinen Teil zu dieser Erfolgsbilanz beigetragen. Er förderte mit Investitionsanreizen. Welcher Art die sind, erläutert Hana Machackova vom der Informationsabteilung bei CzechInvest:

"Für die verarbeitende Industrie gibt es folgende Investitionsanreize: Es sind Körperschaftssteuernachlässe für die Dauer von bis zu zehn Jahren, dann gibt es Zuschüsse für die Schulung und Umschulung der Arbeitskräfte, dann für die Schaffung von den neuen Arbeitsstellen. Und es werden auch Grundstücke mit der vorbereitenden Infrastruktur gewährleistet und auch die Grundstücke vom Staatsbesitz zu günstigen Preisen übertragen."

Doch nicht nur die verarbeitende Industrie kann mit öffentlicher Investitionsförderung in Tschechien rechnen. Der Staat will mehr Unternehmen aus Zukunftsbranchen ins Land holen, betont Hana Machackova. Deshalb wurden 2002 ähnliche Investitionsanreize auch für strategische Dienstleistungen und Technologiezentren eingeführt:

"Wir bemühen uns, die Qualität der Investitionen zu verbessern. Das heißt, wir möchten die Struktur der Investitionen verändern von der Quantität zur Qualität, so daß später die Tschechische Republik nicht mehr die Montagestelle ist, sondern auch mehr qualifizierte Projekte bekommt, das heißt, dass Projekte mit einem hohen Mehrwert in die Tschechische Republik kommen und damit auch höhere Ansprüche auf die qualifizierten Mitarbeiter entstehen. Es ist uns klar, dass wir deshalb auch die kleinen und mittleren Unternehmen fördern müssen."

Anspruchsvolle Forschung und Entwicklung, Zentren für Technologie und Dienstleistungen sollen in Tschechien angesiedelt werden. Schon gibt es erste Erfolge zu verbuchen: Das internationale Logistik- und Transportunternehmen DHL zum Beispiel baut in Prag sein europäisches Dienstleistungszentrum für Informationstechnologien auf. Diese Tochter der Deutschen Post will bis zu 1000 Arbeitsplätze für hochqualifizierte Mitarbeiter an der Moldau schaffen. Auch Siemens hat zum Jahresanfang in Prag ein Service-Zentrum für seine europäischen Kunden eröffnet. Mercedes Benz baut laut CzechInvest ein Technologiezentrum für Entwicklung und Design in Pilsen auf.

"Vor zehn Jahren wurde es entschieden, dass wir fördern und das waren damals eigentlich vor allem die Industrie-Investitionen. Aber da wir diesen Trend ein bisschen ändern möchten, also von diesen quantitativen Investitionen zu den qualitativen, dann haben wir auch die Investitionsanreize für die Dienstleistungen und die Technologiezentren eingeführt. Deshalb ändert sich auch die Struktur und es kommen auch die Investitionen zum Beispiel in Callzentren oder in Kundendienstzentren oder in Innovationszentren, die die immer noch die kostengünstigen und qualifizierten Arbeitskräfte nützen."

Mit Blick auf den EU-Beitritt hat Tschechien zugleich die Fördermöglichkeiten für kleine und mittelständische Unternehmen erweitert. Im Prinzip wird Tschechien nach dem 1. Mai nichts ändern müssen, versichert Hana Machackova:

"Es kommt zu keinen grundsätzlichen Veränderungen, da dieses System der Investitionsanreize von Anfang an schon mit den EU-Regeln harmonisiert wurde. Es kommt nur zu einigen technischen Veränderungen und sogar zur Milderung der bisherigen tschechischen Bedingungen, weil die bisherigen tschechischen Bedingungen eigentlich zu streng waren und da wir jetzt mehr die kleinen und mittleren Unternehmen unterstützen möchten, wurde zum Beispiel die minimale Höhe der Investitionen niedriger gemacht."

Weiter gilt die europäische Regelung, dass alle Investitionen bis maximal 50 Prozent Förderung bekommen dürfen. Kontrollinstanz ist künftig die Europäische Kommission und nicht mehr das tschechische Kartellamt. CzechInvest ist seit Jahresanfang auf Anraten der Europäischen Union mit den beiden staatlichen Agenturen für Wirtschaftsförderung und zur Förderung der Industrie fusioniert worden. Hana Machackova erläutert die neue Struktur:

"Die neue Agentur soll als so genannter One-Stop-Shop funktionieren. Also das System ist, alles in einem zu gewährleisten. Und zu den Hauptaufgaben gehören die Bereitstellung von Informationen sowohl für die inländischen als auch für die ausländischen Unternehmen in der Tschechischen Republik, dann auch Beratung und Vermittlung in den Fragen Förderungen und Fördermittel. Es entsteht die Agentur CzechInvest als die so genannte Implementierungsagentur für die Vermittlung von Finanzmitteln aus den europäischen Strukturfonds."

Die neue Agentur wird ein Netz von 13 Zweigstellen aufbauen. Sie sollen die kleinen und mittelständischen Unternehmen in den verschiedenen Regionen des Landes beraten und unterstützen. Dabei seien für die inländischen Firmen vor allem die Programme wichtig, die von den europäischen Strukturfonds finanziert werden, betont Hana Machackova. Doch auch kleine und mittelständische Unternehmen aus Deutschland könnten sich nach Tschechiens EU-Beitritt sehr stark für Investitionen im Nachbarland interessieren. So vermutete jedenfalls vor kurzem ein Vertreter der Industrie und Handelskammer München mit Blick auf Unternehmen in Bayern und Baden-Württemberg. Nach wie vor liegt Deutschland bei den Direktinvestitionen in Tschechien an der Spitze, sagt Hana Machackova von CzechInvest:

"Deutschland ist der größte Investor in der Tschechischen Republik. Und wenn wir jetzt den Zeitraum von 1993 bis zum dritten Quartal 2003 zusammen rechnen, dann war der Anteil der deutschen Investitionen an der Gesamthöhe der Auslandsinvestitionen ungefähr ein Drittel oder 30 Prozent. Unter den Investitionen, die CzechInvest unterstützt hat, war der Anteil ein bisschen niedriger und zwar rund 25 Prozent."

Die direkte Nachbarschaft ist sicher einer der Gründe, warum die Deutschen mit Investitionen in Tschechien so stark vertreten sind. Deutschland könne die mitteleuropäische Lage der Tschechischen Republik gut nutzen und die Qualifizierung der hiesigen Arbeitskräfte sei bekannt, sagt Hana Machackova. Hinzu kommt ihrer Meinung nach eine gewisse kulturelle Ähnlichkeit.