"Tschechisch für kleine Ausländer" - Erstes Tschechisch-Lehrbuch für Kinder

Wer sich als Erwachsener entschließt, Tschechisch zu lernen, dem steht heute eine relativ bunte Palette an Kursen und Lehrbüchern zur Auswahl. Ganz anders stellt sich die Situation für Kinder dar. Gerade ein einziges Lehrbuch ist auf dem Markt, und das erst seit einem Jahr: "Cestina pro male cizince" - Tschechisch für kleine Ausländer. In diesem Jahr ist der zweite Band erschienen. Die Autorinnen: Ilona Lejnarova und Svetlana Kotykova, beide unterrichten an der Deutschen Schule Prag.

Tschechisch-Unterricht in der Klasse 7a an der Deutschen Schule Prag. Noch im vorletzten Schuljahr gab es kein einziges Lehrbuch, an dem sich Lehrer und Schüler hätten orientieren können. Svetlana Kotykova und Ilona Lejnarova erinnern sich:

Lejnarova: "Vor der Wende gab es überhaupt keinen Bedarf Tschechisch zu unterrichten, weil keine Ausländer hier waren. Als sich die Grenze geöffnet hat, kamen Ausländer und verschiedene Firmenmitarbeiter mit ihren Kindern. Die gingen dann auf die einzige deutsche Schule, die es hier gab, und erst dann hat man mit Tschechischunterricht angefangen"

Kotykova: "Seitdem wir hier an der Schule sind, haben wir wirklich nach Kopien unterrichtet und nach selbst entwickelten Materialien."

Lejnarova: "Ich denke, so ging es den anderen auch, die irgendwo Tschechisch unterrichtet haben, kleine Kinder unterrichtet haben: es gab nichts. Erst nach vielen Jahren kamen wir auf die Idee: jetzt ist Schluss mit den Zetteln, wir fassen sie zusammen und machen ein Buch."

Entstanden ist daraus das erste Lehrbuch überhaupt für Kinder, die Tschechisch als Fremdsprache lernen. Nicht nur für Deutsche, sondern auch für Ausländer anderer Nationalität. Denn das Lehrbuch ist bewusst einsprachig gehalten, Erklärungen in deutscher Sprache gibt es nicht. Und noch etwas anderes war den beiden Autorinnen sehr wichtig:

"Wir wollen den Kindern die Sprache auf jeden Fall spielerisch beibringen. Und man sieht auch im Buch, dass wir grammatikalische Regeln nicht in Tabellen darstellen. Denn manche Lehrwerke schrecken die Lernenden schon ab, wenn sie sie öffnen, weil dort nur Tabellen sind. Und das ist ganz schlimm."

Statt Tabellen setzen die Autorinnen auf farbliche Hervorhebungen der entscheidenden grammatischen Regeln: Bei den Schülern kommt das Konzept gut an:

"Hier in dem Buch lernt man auch ein paar Gedichte und dann fällt das Lernen ein bisschen einfacher. Und es gibt auch keine Übersetzung, also man kann auch nur den Lehrer fragen."

"Die Verneinung ist hier immer gelb angestrichen und auch die Formen - männlich, weiblich, sachlich - sind farblich markiert und da kann man das gut erkennen."

"Ich finde das Buch sehr gut, weil es für Kinder und Erwachsene geeignet ist. Und es ist auch nicht schwer zu verstehen, worum es geht, weil es zu allem Zeichnungen gibt."

Kotykova: "Einige Experten kritisierten daran irgendwelche umgangssprachliche Formulierungen, die wir aber absichtlich in das Buch aufgenommen haben. Denn die Kinder sollen die Sprache im Alltag verwenden, und keine hochtschechischen Formen lernen. Aber das sind wirklich nur zwei Fälle: "chleba" statt "chleb" und "strejda" statt "stryc" - das sagt niemand auf Tschechisch."

Die Schüler an der Deutschen Schule Prag, die seit dem letzten Schuljahr nach dem neuen Lehrbuch "Tschechisch für kleine Ausländer" lernen, sind bunt gemischt, viele kommen aus Mischehen und sind nur vorübergehend in Tschechien. Zwar wird an der Deutschen Schule ab der 1. Klasse Tschechisch unterrichtet, trotzdem sind die Sprachkenntnisse der Schüler sehr unterschiedlich, je nachdem wie lange die Kinder bereits in Prag leben und wie stark das familiäre Umfeld tschechisch geprägt ist:

"Mein Papa ist aus Tschechien und da reden wir auch manchmal zuhause ein bisschen Tschechisch."

"Bei uns reden wir überhaupt kein Tschechisch, aber wir haben oft tschechischen Besuch und mein Vater kann auch Tschechisch."

"Bei uns wird auch nicht soviel Tschechisch geredet, weil mein Stiefvater Franzose ist und wenn wir da zusätzlich zu Deutsch und Französisch noch Tschechisch sprechen würden, wäre das etwas verwirrend."

Der erste Band des Lehrbuchs "Tschechisch für kleine Ausländer" ist bereits vergriffen, die zweite Auflage wird nach Weihnachten erscheinen, hoffen die Autorinnen. Der Bedarf an dem ersten Tschechisch-Lehrwerk für Kinder ist groß:

"Heute gibt es so viele ausländische Schüler hier in Prag: Vietnamesen, Chinesen, Ukrainer...Und die Lehrer haben nichts anderes in den Händen."

Doch nicht nur in Prag und anderen tschechischen Städten wird nach dem Lehrbuch unterrichtet. Auch im Ausland wächst die Nachfrage.

"In den Grenzgebieten, in den deutschen Schulen, wo man Tschechisch wirklich als zweite oder dritte Fremdsprache in der AG anbietet."

Svetlana Kotykova, Ilona Lejnarova, Jirina Kinkalova: cestina pro male cizince 1. Tschechisch für kleine Ausländer 1. Czech for small foreigners 1. Praha, Euromedia Group- Knizni klub, 2004. ISBN 80-242-1215-3

Svetlana Kotykova, Ilona Lejnarova, Jirina Kinkalova: cestina pro male cizince 2. Tschechisch für kleine Ausländer 2. Czech for small foreigners 2. Praha, Euromedia Group- Knizni klub, 2005. ISBN 80-242-1501-2