Tschechische Märchenfilme für ukrainische Kinder auf der Flucht

Die meisten Ukrainer, die aus ihrem Land vor dem Krieg fliehen, sind Kinder. Mit Zeichentrickfilmen will man gerade die Kleinsten von den Strapazen der Flucht ablenken und unterhalten.

Foto: Border Crossing

Im improvisierten Kinosaal am ukrainisch-polnischen Grenzübergang Medyka, aber mittlerweile auch schon an anderen Orten, werden verfilmte Märchen und Animationskurzfilme für Kinder gezeigt. Die Idee dazu hatten polnische Filmfestivalorganisatoren, die seit dem Ausbruch des Kriegs als Freiwillige in Medyka arbeiten. Sie haben auch die Prager Filmhochschule Famu angesprochen, sagt die Koordinatorin aus Prag, Alexandra Hroncová:

„Sie haben uns berichtet, dass die Situation an der Grenze schwierig und chaotisch ist. Die Mütter und Kinder, die dorthin strömen, sind müde, verängstigt und traumatisiert. Einige von ihnen verbringen dort mehrere Tage, bevor sie sich mit Verwandten treffen und den Weg fortsetzen. Um den kleinen Kindern etwas Entspannung zu bieten, werden dort Animationsfilme gezeigt, die ohne Worte auskommen.“

Flüchtlinge aus der Ukraine | Foto: René Volfík,  Tschechischer Rundfunk

Das Projekt trägt den Namen „Border Crossing - Children's Film Festival“, obwohl es sich um kein echtes Festival handle, sagt Hroncová:

„Die Organisatoren haben uns angesprochen und um einen konkreten Film gebeten, den sie kannten, einen Kurzfilm über eine Bärenmama. Ich habe geantwortet: Natürlich geben wir Euch den Film und noch dazu 14 weitere Märchen, die ohne Worte auskommen und genau auf die kleinen Kinder zugeschnitten sind.“

Die Zeichentrickfilme werden mittlerweile auch an anderen Orten gezeigt, an denen die Flüchtlinge ankommen:

„Wir haben auf der Facebook-Seite der Famu veröffentlicht, dass wir bereit sind, auch weiteren Interessenten Filme zur Verfügung zu stellen. Daraufhin wurden wir von den slowakischen Städten Kremnica und Prešov sowie von anderen Städten und Organisationen kontaktiert.“

Foto: FAMU

Die Prager Filmhochschule Famu feiert in diesem Jahr ihr 75-jähriges Bestehen. Zu diesem Anlass hat sie als erste Filmschule in Europa eine eigene Streaming-Plattform namens Famu Films ins Leben gerufen. Für eine monatliche Gebühr von 80 Kronen (3 Euro) oder eine jährliche Gebühr von 800 Kronen (300 Euro) können die Zuschauer aus 300 Filmen wählen, die von tschechischen und ausländischen Filmemachern während ihrer Zeit als Studenten an der Famu gedreht wurden:

„Wir haben überlegt, wie wir als Hochschule der Ukraine helfen können. Auf der Webseite www.famufilms.cz bieten wir die Möglichkeit, sich Studentenfilme anzuschauen. Es gibt dort Filme von 1949 bis heute. Wir haben beschlossen, die Hälfte unseres Umsatzes im März für die Ukraine zu spenden.“

Alexandra Hroncová nennt einige Details zum Angebot:

Agnieszka Holland | Foto: Tomáš Pilát,  Tschechischer Rundfunk

„Mehrere bedeutende Regisseure, deren Namen international bekannt sind, haben an der Famu in Prag studiert. Wir können Agnieszka Holland oder Emir Kusturica nennen. In Zusammenarbeit mit Kollegen aus Slowenien veröffentlichen wir Filme der so genannten Prager Schule, das heißt der Famu-Studenten aus den Ländern des ehemaligen Jugoslawien. Und natürlich bieten wir große und bekannte Filmregisseure der so genannten Neuen Tschechoslowakischen Welle. Zu sehen sind Werke unter anderem von Věra Chytilová, Vojtěch Jasný, Jiří Menzel, Ewald Schorm und Jan Němec.“

Die meisten Filme stehen mit englischen Untertiteln zur Verfügung, derzeit allerdings nur auf dem Gebiet Tschechiens. Spätestens im nächsten Jahr wird die Plattform komplett auf Englisch und in der ganzen Welt zugänglich sein.

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