Tschechische Medaillenhoffnungen: Bogenschützin Horáčková und Beachvolleyballer Schweiner / Perušič

Marie Horáčková

Neben den Olympiasiegern, die Gold aus Tokio verteidigen wollen, wie Judoka Lukáš Krpálek oder Slalomkanute Jiří Prskavec hat Tschechien noch weitere heiße Eisen im Feuer im Kampf um die Medaillen in Paris. Dazu gehören die überraschenden Weltmeister des vergangenen Jahres. Das sind die Bogenschützin Marie Horáčková sowie die Beachvolleyballer David Schweiner und Ondřej Perušič.

Es war eine Sensation, als Marie Horáčková im August vergangenen Jahres Weltmeisterin im Bogenschießen wurde. Kaum einer hatte mit der Tschechin gerechnet bei den Titelkämpfen in Berlin. Doch Horáčková behielt auch im Finale die Nerven und holte den ersten Titel in dieser Sportart für ihr Land.

Marie Horáčková | Foto: Ivana Roháčková,  Tschechisches Olympia-Komitee

Nun gilt die 26-jährige Bogenschützin als eine der tschechischen Medaillenhoffnungen. Schon am Donnerstag begann für sie das olympische Turnier mit der Qualifikation im Einzel. Diese entschied nur darüber, welche der 64 Starterinnen jeweils gegeneinander in der ersten Runde der Play-offs antreten. Weil sie entgegen ihren eigenen Vorstellungen nur Platz 31 errang, trifft Marie Horáčková am Dienstag kommender Woche zunächst auf eine potenziell gleichwertige Gegnerin, dies ist Ziyodakhon Abdusattorova aus Usbekistan. Schon in der nächsten Runde droht aber die Zweitplatzierte Nam Suhyeon aus Südkorea.

In diesem Jahr hat die Olympionikin auch in den weiteren internationalen Wettkämpfen ihren WM-Titel noch nicht so richtig bestätigen können. Daher sagte sie im Vorfeld der Spiele:

„Ich hätte dieses Jahr sehr gerne bei einem der Weltcup-Turniere geglänzt. Doch der Trainingsplan war eng gesteckt, und die Saison war unglaublich überladen. Nie konnte ich mehr als eine Woche zu Hause sein. Mittlerweile jedoch merke ich, wie meine Form im Training ansteigt. Alles ist auf die Olympischen Spiele ausgerichtet, und anders könnte es dieses Jahr auch nicht sein.“

Trainiert wird Horáčková im Übrigen von ihrem Vater Zdeněk Horáček. Auch ihre Mutter hatte sich dem Bogenschießen verschrieben und startete 2008 bei den Spielen in Peking. Sie starb bereits 2009 an Krebs.

Marie Horáčková und Adam Li | Foto: Kateřina Šulová,  ČTK

Unzufrieden mit der Qualifikation

Aufgrund der steigenden Trainingsleistungen glaubt Marie Horáčková auch an ein gutes Ergebnis im olympischen Wettkampf. Allerdings misslang die Qualifikationsrunde. Da auch ihre Gegnerinnen gut trainiert haben dürften, hatte sie schon im Vorfeld geunkt, dass es auf den Kopf ankommen dürfte…

„Es geht darum, die Schwere des Augenblicks am besten zu meistern. Jede von uns kann sich natürlich einreden, dass es sich einfach um einen Wettkampf wie jeden anderen handle und wir uns ja alle kennen. Aber es findet eben unter den fünf Ringen statt, und das wird im Hinterkopf sein. Das muss man in dem Moment meistern, entscheidend ist also nur der Kopf“, so die Bogenschützin.

Marie Horáčková | Foto: Ivana Roháčková,  Tschechisches Olympia-Komitee

Am Donnerstag nach der Qualifikation gestand Marie Horáčková, dass sie eben die Schwere des Augenblicks gespürt habe. Doch für die anstehenden Play-off-Partien sieht sie sich gerüstet, da sie sich auf Erfahrungen stützen könne unter anderem durch den WM-Sieg. Auf der anderen Seite sagt sie:

„Ich will gar nicht so sehr an Berlin zurückdenken oder dies mit mir herumschleppen. Denn das ist Vergangenheit, auch wenn es großartig war und ich mir selbst einige Dinge bewiesen habe. Paris ist eine neue Herausforderung, ein neues Turnier. Und so muss man auch herangehen.“

In Paris sollte Horáčková ursprünglich nicht nur im Einzel antreten, sondern auch im Mixed Team. Denn auf den letzten Drücker konnte sich noch ihr Landsmann Adam Li für die Spiele qualifizieren. Doch Li kam in der Qualifikation am Donnerstag auf Rang 61, und damit misslang die Qualifikation für den Teamevent.

Bevor es aber weitergeht, steht für die Bogenschützin noch ein ganz besonderes Ereignis an: die Eröffnungsfeier der Spiele am Freitag, bei der sie tschechische Fahnenträgerin sein wird neben dem Judoka Lukáš Krpálek. Dies hatten die Sportler selbst in einer Wahl am Donnerstag entschieden. Die Nachricht erfuhr Marie Horáčková vom tschechischen Delegationschef Martin Doktor höchstpersönlich im olympischen Dorf:

„Da geht ein kleiner Traum in Erfüllung, mein geheimer Wunsch. Das ist so schön, dass ich zusammen mit Lukáš die Flagge tragen darf. Ich bin sehr dankbar dafür, habe aber auch großen Respekt. Wir kennen uns bisher auch noch nicht persönlich.“

Sie sei froh, dass sie mit dem Judoka einen sehr kräftigen Sportler an der Seite habe, der bei der Eröffnung auf der Seine die Flagge sicher problemlos festhalten dürfte, so Horáčková weiter.

Aber auch an anderen Tagen will die Bogenschützin mehr erleben als Training und Wettkampf.

„Ich freue mich auf die Atmosphäre bei uns Tschechen als solche. Denn die anderen tschechischen Sportler zu treffen, ist immer ein schönes Erlebnis. Wir stehen auch alle füreinander ein. Dann will ich die Stimmung in Paris aufsaugen, spazieren gehen und natürlich auch den Eiffelturm besuchen“, plant Marie Horáčková.

Unter dem Eiffelturm auf Medaillenjagd

Und nur wenig entfernt von dem Wahrzeichen der Stadt steht das Stadion für den Beachvolleyball.

„Es gibt kaum einen kultigeren Ort, an dem man spielen könnte, als unterhalb des Eiffelturms“, sagt David Schweiner. Er ist die eine Hälfte der tschechischen Weltmeister im Beachvolleyball, die andere bildet Ondřej Perušič.

Ondřej Perušič und David Schweiner | Foto: Jaroslav Ožana,  ČTK

Ende vergangener Woche sind die beiden bereits in der Stadt angekommen. Sie waren mit als erste tschechische Sportler vor Ort. Denn schon am Sonntag, 28. Juli, steigen Schweiner und Perušič ins Turnier ein. Im ersten der drei Spiele in ihrer Gruppe E treffen sie dann auf die Kanadier Sam Schachter und Daniel Dearing. Weitere Gegner sind die Österreicher Julian Hörl und Alexander Horst sowie zum Abschluss Arthur Lanci und Evandro Oliveira aus Brasilien.

Als Weltmeister gehören die beiden Tschechen in Paris natürlich zu den Favoriten unter den insgesamt 24 Beachvolleyball-Paaren und werden in ihrer Heimat als Medaillenkandidaten gehandelt.

Und mit Olympia haben David Schweiner und Ondřej Perušič auch noch eine Rechnung offen. Denn vor drei Jahren in Tokio lief so ziemlich alles schief, was schief gehen konnte. Perušič hatte kurz vor der Ankunft in Japan einen positiven Corona-Test. Deshalb war weder ein Training möglich, noch ein Antritt beim Auftaktmatch. Letztlich verpassten sie die Qualifikation für die Play-off-Phase und wurden nur Neunzehnte.

David Schweiner und Ondřej Perušič | Foto: Iva Roháčková,  Tschechisches Olympia-Komitee

Jiří Kejval ist Chef des Tschechischen Olympischen Komitees (ČOV). Er hofft, dass dem besten Beachvolleyballpaar des Landes diese schlechten Erinnerungen in Paris verfliegen werden…

„Vor drei Jahren ereignete sich eine sportliche Tragödie, die auch mich persönlich sehr getroffen hat, da Ondřej Perušič und David Schweiner mit dem späten Start ins olympische Turnier praktisch die Medaillenchance genommen wurde. Damals haben wir gesagt, dass sie es drei Jahre später noch einmal probieren müssen und nun alles klappen wird. In der Zwischenzeit war der Erfolg bei der WM. Und ihr Stadion steht direkt unter dem Eiffelturm. Sie gehen als Mitfavoriten ins Turnier. Ich hoffe sehr fest, dass sich für sie eine schöne olympische Geschichte ergibt“, so der ČOV-Chef.

Wiedergutmachung für Tokio

Ihre Qualifikation für Paris haben Perušič und Schweiner auch bei der WM im Oktober vergangenen Jahres erkämpft. Im Sand von Tlaxcala in Mexiko gelang ihnen schon im Viertelfinale eine kleine Sensation, als sie die norwegischen Titelverteidiger aus dem Rennen warfen. Das Finale gegen David Ahman und Jonatan Hellvig aus Schweden ging dann über drei Sätze, aber am Ende waren sie die ersten tschechischen Beachvolleyball-Weltmeister.

Dies wurde in ihrer Heimat sehr honoriert. Sogar Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) empfing David Schweiner und Ondřej Perušič nach ihrer Rückkehr aus Mittelamerika an seinem Amtssitz und sagte:

David Schweiner und Ondřej Perušič | Foto: Khalil Baalbaki,  Tschechischer Rundfunk

„Es ist schön, dass Tschechien so erfolgreich in diesem Sport sein kann, obwohl es hier keinen Meeresstrand gibt. Und zwar derart erfolgreich, dass nun hier die Weltmeister stehen.“

Für die meisten Tschechen gilt Beachvolleyball aber weiterhin eher als Freizeitsport. Dabei haben Perušič und Schweiner schon vor ihrem WM-Titel oben mitgemischt. 2022 wurden sie in München Vize-Europameister, und bei der Pro-Tour, die im selben Jahr gestartet wurde, standen sie schon mehrfach ganz oben auf dem Treppchen.

Bereits seit 2016 spielen die beiden zusammen – damit bilden sie eines der beständigsten Beachvolleyballpaare in der Weltserie. Und sie haben seitdem auch den Italiener Andrea Tomatis als Trainer an ihrer Seite. Acht Jahre gemeinsam zu sein, ist laut David Schweiner in ihrem Sport relativ selten:

„Im Beachvolleyball wechseln die Paare in den großen Ländern meist nach ein bis zwei Jahren. Dort gibt es mehr Spieler, sodass Auswahl besteht. Bei uns war dies bisher schwieriger. Mittlerweile hat sich aber etwas geändert, weil Nachwuchs nachgekommen ist. Damit werden die Auswahlmöglichkeiten größer. Acht Jahre sind eine lange Zeit. Wir sind jedoch gute Freunde. Dass wir es so lange Zeit miteinander ausgehalten haben, und auch unser Trainer, ist schon sehr speziell.“

Ondřej Perušič und David Schweiner | Foto: Karolína Němcová,  Tschechischer Rundfunk

Das liegt vielleicht auch an dem Humor, den beide pflegen. Gerne ziehen sie ihre sportlichen Leistungen und Eigenheiten selbst durch den Kakao. Das lockert die Atmosphäre auf.

Mittlerweile ist Schweiner 29 Jahre alt und Perušič 30. Premier Fiala stellte beide Sportler auch deswegen als Vorbilder heraus, weil sie neben ihrer sportlichen Karriere jeweils studieren. David Schweiner ist angehender Ökonom, und Ondřej Perušič steht kurz vor dem juristischen Staatsexamen an der Prager Karlsuniversität.

Doch in Paris träumen sie erst einmal davon, einem ihrer Großväter nachzueifern: Boris Perušič gewann 1964 mit der tschechoslowakischen Volleyballnationalmannschaft Silber bei den Spielen in Tokio. Warum aber unter dem Eiffelturm nicht noch einen Tick höher denken, also an Gold?

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