Tschechische Zentren aktiv und online

Quelle: Archiv der Tschechischen Zentren

Die Tschechischen Zentren im Ausland sind in diesen Tagen wie andere Kultureinrichtungen in Folge der Corona-Krise geschlossen. Doch die tschechische Kultur und Sprache leben weiter und kommen an ihre Adressaten. Das Programm wird nun online angeboten. Wie man sich mit dem Übergang in die virtuelle Welt zurechtgefunden hat, dazu mehr im folgenden Interview mit dem Leiter des Netzes der Tschechischen Zentren, Ondřej Černý.

Quelle: Archiv der Tschechischen Zentren

Ondřej Černý | Foto: Archiv der Tschechischen Zentren
Herr, Černý, nach dem Ausbruch der Corona-Krise wurden alle Kulturveranstaltungen für die Öffentlichkeit abgesagt. Dies betrifft auch das Programm der Tschechischen Zentren an verschiedenen Orten der Welt. Wie haben sich die Zentren an diese erschwerten Bedingungen angepasst?

„Es war eine ganz neue Situation für uns alle. Zu Anfang haben wir spontan einige Online-Projekte gestartet, inzwischen haben wir aber bereits ein wirkliches Konzept für die Präsentation im Internet entwickelt. Ein Drittel unserer Vorhaben wurde in Online-Projekte verwandelt, ein weiteres Drittel wurde verschoben, und natürlich ist ein Drittel auch unter den Tisch gefallen. Die zurückliegenden anderthalb Monate verliefen sehr schnell und hektisch. Im Rückblick bin ich überzeugt, dass wir die Umwandlung zum Online-Angebot sehr gut bewältigt haben.“

Projekt ‚Science Café‘ im Tschechischen Zentrum Brüssel  (Foto: Archiv der Tschechischen Zentren)
Welche Projekte sind für Online-Präsentation besonders geeignet?

„Es gibt Events wie Konzerte, Vorträge und Diskussionen, die normalerweise live stattfinden und nun gestreamt werden können. Wir haben etwa unser Projekt ‚Science Café‘, also Vorträge und Diskussionen tschechischer Wissenschaftler, in eine Form fürs Netz gebracht. Das funktioniert sehr gut. Wir haben sogar gemerkt, dass unser Publikum breiter geworden ist, als wenn wir die Veranstaltung nur in einem Raum live angeboten hätten. Das ist eine Erfahrung, die auch für die Zukunft sehr wichtig ist.“

In den vergangenen Wochen wurden viele große Festivals und Buchmessen abgesagt. Bei der Leipziger Buchmesse sollte sich eine Reihe tschechischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller vorstellen. Versuchen die Tschechischen Zentren, literarische Veranstaltungen nun auch online anzubieten?

Tomáš Sacher  (Foto: Archiv des Tschechischen Zentrums Berlin)
„Natürlich. Es läuft jetzt schon eine Präsentation tschechischer Literatur in Paris, unser Kollege dort hat sie für Facebook entwickelt, es ist ein Projekt mit Diskussionen mit Lesern und Bohemisten. So etwas planen wir auch für Warschau, anstatt der Buchmesse, die dort stattfinden sollte. Diese Projekte machen wir gemeinsam mit dem Tschechischen Literatur-Zentrum. Zudem bereiten wir unsere eigenen Projekte vor. Zum Beispiel hat Tomáš Sacher in Berlin mit ‚Corona-Geschichten‘ begonnen. Das hat sich mit Erfolg entwickelt und wird jetzt auch von anderen Zentren übernommen. Ich hoffe, dass tschechische Schriftsteller für uns im Mai und Juni mehrere Geschichten aus der Corona-Zeit schreiben und dass wir diese irgendwann in der Zukunft auch publizieren können.“

Ein wichtiger Schwerpunkt der Tätigkeit der Tschechischen Zentren im Ausland sind Tschechisch-Kurse. Wie sieht es im Moment mit diesen aus?

Tschechisch-Kurs in Russland  (Quelle: Archiv der Tschechischen Zentren)
„Hier muss ich sagen, dass ich wirklich stolz bin. Wir haben alle Kurse in Online-Unterricht umgewandelt. Bereits am 16. März haben wir damit in Kiew begonnen, eine Woche später schloss sich Moskau an. Heute bieten zwölf Zentren Online-Kurse an. Ehrlich gesagt waren unsere Kollegen von anderen Kulturzentren überrascht, wie schnell wir das geschafft haben. Es liegt wohl daran, dass wir nicht so groß sind wie das Goethe-Institut oder British Council und deswegen flexibler reagieren können.“

Sie sprechen von mehr Flexibilität, gibt es auch mehr Kooperation zwischen den einzelnen Zentren?

Foto: Archiv der Tschechischen Zentren
„Wir machen einmal pro Woche eine Videokonferenz mit allen Direktoren in der ganzen Welt. Wir arbeiten eng zusammen und entwickeln Projekte, die von den meisten der über zwanzig Zentren umgesetzt werden. Das Programm wird eigentlich das erste Mal wirklich einheitlich sein. Das ist eine schöne und neue Erfahrung und bestimmt auch eine Herausforderung für die Zukunft.“

Planen Sie schon jetzt Programme für die Zeit nach der Pandemie?

„Wir konzentrieren uns jetzt vor allem auf unsere Netzprojekte. Das dauert bestimmt bis Ende Mai oder Juni. Ich hoffe, dass wir im Sommer bereits das nächste Jahr genau planen und vorbereiten können. Wir hoffen und freuen uns sehr darauf, dass wir wieder den Zuschauern bei unseren Veranstaltungen begegnen können.“