Überraschende Erkenntnis: Erz- und das Isergebirge sind sauberste tschechische Gebirge

Isergebirge

Kahle Flächen und Baumleichen: So sah es noch zu Wendezeiten auf den Höhen von Erzgebirge und Isergebirge in Nordböhmen aus. Und jetzt? Erste Ergebnisse von neuen Messungen haben ergeben, dass ausgerechnet diese beiden Gebirgszüge die saubersten in ganz Tschechien sind. In einem von Norwegen finanzierten Projekt wird derzeit ermittelt, wie sehr Schadstoffe von jenseits der Grenze in die tschechischen Berge getragen werden.

Erzgebirge
Vor zwei Jahren wurden die Messungen begonnen. Geologen stellten in allen tschechischen Gebirgen an besonders entlegenen Stellen ihre Messstationen auf, vom Gratzener Bergland an der Grenze zu Österreich, über Erz- und Riesengebirge, bis zu den Beskiden an der Grenze zur Slowakei. Mittlerweile werten die Wissenschaftler die Ergebnisse aus. Und sie staunen dabei nicht schlecht, wie viel Erfolg die Umweltmaßnahmen mittlerweile für das Erzgebirge und Isergebirge haben. Vladislav Chrastný ist Geochemiker beim Tschechischen Geologischen Dienst:

„Unsere Erklärung für das Phänomen lautet, dass auf tschechischem Gebiet, und etwas früher auch auf deutschem Gebiet, die großen Energie- und Heizwerke entschwefelt wurden und diese Betriebe Staubfilter erhalten haben. Wir arbeiten aber noch an der Auswertung unserer Messergebnisse, und so ist dies erst einmal eine Arbeitshypothese.“

Karte der Messstationen  (Quelle: Tschechische Geologische Dienst)
Die Messungen wurden drei Winter lang von Mitte November bis Mitte April durchgeführt. In regelmäßigen Intervallen wurden die Proben entnommen, und zwar von der Schneeoberfläche und vom entstandenen Eis. In beidem setzen sich die Schadstoffe aus der Luft ab. Nach dem Auftauen der Proben haben die Geochemiker dann den Schadstoffgehalt ermittelt und zudem eine Ahnung von der Herkunft erhalten. Denn im Eis sammeln sich eher Partikel, die aus weiter entfernten Quellen stammen, und im Schnee die aus der näheren Umgebung. So zeigte sich, dass die Luft in den mährischen Höhenzügen Adlergebirge, Altvatergebirge und Beskiden vergleichsweise schlecht ist:

Vladislav Chrastný
„Wir sind der Meinung, dass die Schadstoffe dort von polnischem Gebiet stammen, vor allem aus der Gegend um Katowice. Dort kam es eben noch nicht zur Entschwefelung und Entstaubung, Polen hat beim EU-Beitritt eine Ausnahme von diesen wichtigen Umweltmaßnahmen erhalten. Bei den Schadstoffen müssen aus Sicht der menschlichen Gesundheit vor allem die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe genannt werden. Für das Ökosystem von Bedeutung ist die Verschwefelung. Zu den weiteren Schadstoffen gehören unter anderem Blei und Arsen“, so Chrastný.

Konzentration von Schwefelsulfat in Schnee  (mg/l). Quelle: Tschechische Geologische Dienst. Min.: Erzgebirge  (KšZ),  Max.: Böhmerwald  (Šum)
Zum Beispiel Schwefelsulfat: Dies entsteht aus der Oxidierung von Schwefeldioxid bei Verbrennungsprozessen, es stammt also aus den Schornsteinen von Industriebetrieben und privaten Haushalten. Die absolut höchste Konzentration fanden die Geochemiker im Eis aus dem Adlergebirge, die Wissenschaftler gehen dort eben von einer Herkunft aus Polen aus. Allerdings müssen die Schadstoffproben noch mit denen aus dem polnischen Industriegebiet verglichen werden.

Bei der Analyse der Schneeproben ließ sich kein eindeutiger geographischer Trend feststellen: Hohe Konzentrationen von Schwefelsulfat wurden an unterschiedlichen Orten im Land nachgewiesen, so zum Beispiel auch im Böhmerwald. Dies stammt aus näher gelegenen Quellen.

Böhmerwald
Die gemessenen Werte aber, darauf weisen die Geochemiker hin, haben keine gesundheitsschädlichen Konzentrationen - anders als noch in den 80er Jahren und zu Beginn der 90er Jahre. Den neuen Erkenntnissen nach liegt die Konzentration der Schadstoffe in den tschechischen Gebirgen heute bei einem Zehntel bis einem Hundertstel von damals - je nach Stoff und Region.

Autor: Till Janzer
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