"Verbrechen des Kommunismus" - Dokumentarausstellung in Kraliky / Grulich (II.)
Authentische Dokumente über die Schauprozesse, die von der stalinistischen Justiz in der Tschechoslowakei nach 1948 inszeniert wurden, aber auch einzigartige Exponate, die sich auf die Geschichte der Region von Kraliky / Grulich beziehen. Dies kann man unter anderem in der Ausstellung über die Verbrechen des Kommunismus sehen, die in einem Bunker am Rande der ostböhmischen Stadt Kraliky eingerichtet wurde. In der vergangenen Ausgabe der Sendereihe "Reiseland Tschechien" haben wir Sie durch den ersten Ausstellungsraum geführt und versprochen, die Führung fortzusetzen.
Der Bunker K-S 14 ist Bestandteil der Grenzbefestigung, die in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts als tschechoslowakische Militäranlage gegen Nazi-Deutschland dienen sollte. Vor einigen Jahren wurde dank einer Bürgerinitiative im erwähnten Bunker ein Museum eingerichtet. Im Sommer dieses Jahres wurde in diesen nicht gerade gemütlichen Kellerräumen eine Ausstellung mit dem Titel "Verbrechen des Kommunismus - Menschen gegen Menschen" eröffnet. Die Führung durch die Ausstellung beginnt im einstigen Filterraum des Bunkers, in dem das Thema der Fluchtversuche über den Eisernen Vorhang dargestellt wird. Außerdem kann man dort mehr über die Mittel erfahren, die der tschechoslowakische kommunistische Geheimdienst StB benutzt hat.
Der größte Raum des Bunkers, der einst den Soldaten als Nachtlager dienen sollte, erinnert mit seiner Ausstattung an einen Gerichtssaal. Mit einer Plakatwand wird der Sieg der Kommunisten in den Parlamentswahlen nach dem Zweiten Weltkrieg dokumentiert, mit dem der Prozess gestartet wurde, der mit der Machtergreifung durch die Kommunisten im Februar 1948 endete. Museumsleiter Richard Sicha dazu:
"Danach dokumentieren wir hier die Zeit, während der die Kommunisten ihre politischen Feinde zu liquidieren versuchten. Es werden hier einige Beispiele von Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten gezeigt, die Opfer der kommunistischen Verfolgung geworden sind. In der Landwirtschaft wurde die so genannte Kollektivierung mit Gewalt durchgesetzt. Bauern, die sich nicht anpassen und ihren Besitz nicht hergeben wollten, mussten mit den höchsten Strafen rechnen. Das war auch so bei dem hier dokumentierten Fall Kauer, der von den Kommunisten beschuldigt wurde, dass er die Tschechoslowakei mit Kartoffelkäfern verseucht haben soll. Er wurde in einem inszenierten Prozess verurteilt und hingerichtet. Heute kommt es uns unglaublich vor, dass Menschen aufgrund einer so sinnlosen Beschuldigung ins Gefängnis geschickt und rechtsgültig verurteilt werden konnten." Die Organisatoren der Ausstellung wollten jedoch die politischen Prozesse auch aus einem anderen Aspekt zeigen. Sie versuchten zu dokumentieren, wer eigentlich die Richter und Staatsanwälte waren, die unschuldige Menschen in den Tod geschickt haben. Den Mitarbeitern des Museums ist gelungen, Fotos von den späteren Richtern aus ihrer Jugend zu finden - wie beispielsweise von Dr. Ludmila Biedermannova-Brozova, die sich an der Verurteilung der tschechischen Politikerin Milada Horakova beteiligte, die 1950 hingerichtet wurde. Es wird hier beschrieben, wie die politischen Prozesse vorbereitet wurden, welche Leute das übliche Szenario verfassten. In den ausgestellten Akten sind noch mit Hand geschriebene Notizen zu sehen, in denen die Richter beispielsweise nach einer strengeren Strafe riefen."Einer der am meisten erschütternden Fälle, der hier dokumentiert wird, gehört in den Bereich der Verfolgung der Kirche durch die Kommunisten. Es handelt sich um den Fall des Pfarrers Josef Toufar, der 1950 zum Tode gefoltert wurde. Es sind nicht viele Fotos von ihm erhalten geblieben, deswegen ist das Foto, das hier ausgestellt wird, verhältnismäßig wertvoll. Der Fall war außerordentlich grausam. Toufar hatte nie das Geständnis unterzeichnet, das ihm die Geheimdienstmitarbeiter aufzuzwingen versuchten. Ladislav Macha, der Leiter des damaligen Untersuchungsteams, der Toufar auf dem Gewissen hatte, wurde erst 1998 schon als ein älterer Mann vor Gericht gebracht."
Macha ist, obwohl er schließlich zu zwei Jahren Freiheitsentzug verurteilt wurde, aus Gesundheitsgründen nie mehr ins Gefängnis geschickt worden.
Die Verfolgung der Kirche ist nicht zufällig ein wichtiges Thema der Dokumentarausstellung in Kraliky. Denn im nahe gelegenen Kloster auf dem Muttergottesberg / Hora Matky Bozi wurde in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ein Internierungslager für die Priester errichtet. Die Region von Kraliky / Grulich wurde nach der Vertreibung der deutschen Bevölkerung, die hier die Mehrheit darstellte, neu besiedelt. Richard Sicha meint:"Es ist kein Zufall, dass gerade hier ein Internierungslager eingerichtet wurde. Die dort eingesperrten Priester hatten niemanden, mit dem sie Kontakt aufnehmen konnten. Denn hier wohnten eher Menschen, die hierher kamen, um das kommunistische Regime zu fördern und zu festigen. Diese Tatsache lässt sich mit Archivmaterialien belegen. Die internierten Priester wurden für Sklavenarbeiten auf dem Feld benutzt. Dafür hatten sie jedoch keine Ausstattung und Geräte. Sie mussten die meiste Arbeit mit den Händen machen. Der Gesundheitszustand vieler Gefangenen war sehr schlecht. Im Lager gab es keine Medikamente, und die hygienischen Bedingungen waren miserabel. Viele der internierten Priester starben im Lager an Folgen verschiedener nicht behandelter Erkrankungen."
In der Ausstellung wird die Geschichte des Klosters jedoch weiter geführt. Der einst beliebte Wallfahrtsort konnte nach der Wende von 1989 wieder belebt werden. Inzwischen sind auch die Redemptoristen auf den Muttergottesberg zurückgekehrt, um an die mit Gewalt abgebrochene Tradition ihrer Vorgänger anzuknüpfen.In dem als Gerichtssaal gestalteten Bunkerraum findet man auch das erschütterndste Exponat: In einer Vitrine in der Mitte des Raums ist der Strick ausgestellt, der in den Jahren 1949-1954 im Gefängnis in Prag-Pankrac benutzt wurde. Aus dem Gerichtssaal kommt man noch an dem kleinsten Ausstellungsraum vorbei, in dem eigentlich nicht zu sehen ist. Er ist wie eine Einzelzelle aus den fünfziger Jahren eingerichtet, sagt Richard Sicha:
"Das war so etwas wie ein Gefängnis im Gefängnis. Es gab genaue Vorschriften, demnach die Häftlinge in eine solche Zelle gesperrt wurden. In der Einzelhaft gab es nur ein Klappbett, das nur in der Nacht in horizontaler Lage sein durfte. Untertags musste der Gefangene in der kleinen Zelle ständig im Kreis spazieren. Falls der Häftling eine Decke bekam, dann nur für die Nacht. Es gab aber auch kommunistische Konzentrationslager - wie beispielsweise Vojna bei Pribram - wo es in der Einzelhaft weder Betten, noch Decken gab. In die Einzelzellen wurden politische Häftlinge aus verschiedensten Ursachen gesperrt, es waren Disziplinarstrafen. Der Raum umfasste nur vier Quadratmeter. In der Tür gab es ein kleines Fenster. Durch dieses Loch, das man ´kukacka´ nannte, konnte der Aufseher den Gefangenen beobachten."Die Ausstellung über die Verbrechen des Kommunismus kann man im Bunker K-S 14 in Kraliky vorläufig bis Ende Juni 2007 an jedem Wochenende von 8 bis 17 Uhr besuchen, im Winter allerdings nur, soweit es die Witterungsbedingungen erlauben.