Verkehrsgewerkschaften blasen Streik vorerst ab
Der Streik. Das war in der jüngsten Zeit wohl das am häufigsten benutzte Wort im Vokabular der tschechischen Medien. Einen Monat lang hielten die Gewerkschaftsverbände für Verkehr das ganze Land in Spannung, wann und ob sie in den Ausstand treten. Der anvisierte Termin Montag dieser Woche wurde abgesagt und der Streik auf diesen Donnerstag verschoben. Doch auch dieser Termin wurde im letzten Moment abgesagt. Mit einem Streik im tschechischen Personennahverkehr drohen die Gewerkschaften jedoch auch weiterhin.
„Unsere Streikausschüsse haben ihre Tätigkeit noch nicht beendet. Das haben wir ihnen klipp und klar gesagt. Wir wollen jetzt den legislativen Prozess mitverfolgen und entsprechend dem Ergebnis Stellung nehmen.“
Die Gewerkschaften haben mit der Absage des Streiks aber vorerst die Bedingung der Christdemokraten (KDU-ČSL) erfüllt. Deren Abgeordneten wollen die Billigung der entsprechenden Gesetzesnovelle bei der erneuten Abstimmung mit ihren Stimmen ermöglichen. Denn wenn der Senat oder der Staatspräsident die Regierungsnovelle ablehnen – und das gilt als wahrscheinlich – gelangt das Dokument wieder zur Abstimmung ins Abgeordnetenhaus. Ohne die Christdemokraten ist die erforderliche Mehrheit für eine Überstimmung eines möglichen Vetos von Präsident Klaus nicht zu erreichen. Die christdemokratische Vizevorsitzende, Michaela Šojdrová, äußerte am Mittwoch Verständnis für das Vorgehen der Gewerkschaften:
„Den Gewerkschaften geht es doch um das Gesetz und nicht darum, um jeden Preis zu streiken. Ich glaube, die Gewerkschaften müssen auch ihr Ansehen in der Öffentlichkeit wahren, und mit dem Ziel streiken, das Gesetz durchzusetzen.“
Zufrieden mit der Entwicklung zeigten sich die Sozialdemokraten (ČSSD), die am Dienstag gemeinsam mit den Kommunisten (KSČM) den Gesetzesvorschlag mit der einfachen Stimmenmehrheit durchsetzen konnten. Milan Urban, Vizevorsitzender der ČSSD:
„Ich bin mir sicher, dass wir diesen Gesetzesentwurf noch in dieser Legislaturperiode durchsetzen werden. Wir werden entweder den Senat oder den Präsidenten überstimmen. Wir haben uns schon immer für den Erhalt der Vergünstigungen eingesetzt und setzen uns auch weiterhin dafür ein.“
Ihre Position ändern auch die konservativ orientierten Parteien ODS und TOP 09 nicht. Ebenso wie bei der Abstimmung im Abgeordnetenhaus wollen sie auch am Freitag im Senat gegen die Gesetzesvorlage votieren. Der Vorsitzende der ODS, Mirek Topolánek:„Wir bestehen seit geraumer Zeit darauf, dass die Angelegenheit eine systematische Regelung und lassen uns vor der anstehenden Parlamentswahl nicht erpressen. Unsere Position bleibt unverändert.“
Die Gewerkschaften werden wohl das Ergebnis der wahrscheinlichen zweiten Abstimmung im Abgeordnetenhaus abwarten. Dann entscheidet sich, ob es zum Streik im ÖPNV kommen wird.