Vom E-Pickerl-Streit zum Mega-Ministerium

Vladimír Kremlík (Foto: ČTK / Vít Šimánek)

Verkehrsminister Vladimír Kremlík ist über den viel zu teuren Onlineshop fürs die digitale Autobahnvignette gestolpert. Am Montag hat Premier Babiš den parteilosen Ministers abberufen. Der nächste Schritt des Regierungschefs sorgte aber für Aufsehen. Denn er schlug das Verkehrsressort dem Wirtschaftsministerium zu.

Vladimír Kremlík  (Foto: ČTK / Vít Šimánek)
Für Premier Andrej Babiš hörte der Spaß auf bei der umstrittenen Ausschreibung für das IT-System rund um die digitale Autobahnvignette. Denn auch in seinen Augen waren die geplanten rund 400 Millionen Kronen (16 Millionen Euro) für den Auftrag zu viel und die geheime Vergabe zu undurchsichtig. Deshalb hat der Ano-Chef nun Verkehrsminister Vladimír Kremlík rausgeschmissen. Dieser habe als Manager versagt, so Babiš. Doch damit nicht genug, der Premier holte zu einem regelrechten Rundumschlag im Ressort aus. Denn zudem setzte er den ersten Staatssekretär im Verkehrsministerium, Tomáš Čoček, vor die Tür:

„Sein Auftreten war absolut unannehmbar. Gerade er war im Ministerium für den Bereich IT zuständig. Selbstverständlich bin ich zudem der Meinung, dass der Chef des staatlichen Verkehrsinvestitionsfonds, Zbyněk Hořelica, zurücktreten sollte.“

Andrej Babiš  (Foto: ČTK / Michal Kamaryt)
Er habe nur versucht, die digitale Pkw-Maut möglichst schnell umzusetzen, meinte Vladimír Kremlík zu seiner Verteidigung. Dennoch akzeptierte er die Entscheidung Babišs. Auch Staatspräsident Miloš Zeman kündigte bereits an, die Abberufung so bald wie möglich anzunehmen. Kremlík hatte vor nur neun Monaten sein Amt angetreten. Sein Vorgänger Dan Ťok war an der schleppenden Modernisierung der Autobahn D1 zwischen Prag und Brno / Brünn und dem ewigen Tauziehen um die Lkw-Maut gescheitert.

Der nächste Schritt von Andrej Babiš war jedoch unerwartet. Denn statt einen neuen Verkehrsminister zu benennen, schlug der Permier das ganze Ressort einfach dem Ministerium für Industrie und Handel zu. Der Schritt sorgte unter anderem beim Koalitionspartner von den Sozialdemokraten für Staunen. Doch laut dem Premier überlegt er über weitere Zusammenlegungen von Ressorts. So könnte zum Wirtschaftsministerium auch noch die Regionalentwicklung kommen. Auch die Fusion von Sozial- und Gesundheitsministerium hätte eine gewisse Logik, so Babiš gegenüber Medien am Dienstag.

Karel Havlíček  (Foto: ČTK / Igor Zehl)
Wirtschaftsminister Karel Havlíček ist über Nacht zum Leiter eines Mega-Ministeriums geworden. Seine erste Aufgabe in dem neuen Bereich muss aber sein, irgendwie aus der Affäre rund um den Vignetten-Onlineshop herauszukommen:

„Gleich zu Anfang muss die Personalfrage im Umfeld dieses unglücklichen Auftrags angegangen werden. Ich wäre sehr froh darüber, wenn die Vergabe einfach rückgängig gemacht würde. Dann könnte das System neu ausgeschrieben werden unter fairen Bedingungen für alle Teilnehmer.“

Dies ist auch weiterhin der Plan der Regierung, wenn es um die Zukunft der digitalen Autobahnvignette geht. Premier Babiš hat sich am Montag aber noch ein anderes Konzept vorstellen lassen. Denn eine Gruppe von Informatikern um den IT-Unternehmer Tomáš Vondráček hat dem Regierungschef vorgeschlagen, ganz gratis ein komplettes Verkaufs- und Informationssystem fürs E-Pickerl zu programmieren. Dabei könnte der Auftrag zwei Teile bekommen. Der Staat würde sich laut Vondráček um die Sicherheit kümmern – und freie IT-Spezialisten um den Rest:

„Der Staat übergibt alle Dienste, die direkt den Bürger betreffen, an einen Drittanbieter. Das bedeutet konkret, dass er das Ergebnis unserer Arbeit übernimmt. Am kommenden Wochenende schon könnte ein kompletter Onlineshop entstehen. Der Staat ändert also den Auftrag so, dass er nur noch einen Bruchteil des ursprünglichen Umfangs hat. Diesen kann er dann neu vergeben und den Preis so massiv drücken.“

Quelle: Archiv des tschechischen Verkehrsministeriums
Die E-Vignette soll es in Tschechien ab kommendem Jahr geben. Die Regierung erhofft sich neben höheren Einnahmen auch massive Einsparungen. So sollen in erster Linie die Kosten für Papier und Druck wegfallen. Bisher ist aber unklar, wo und wie das E-Pickerl außerhalb des Onlineshops verkauft werden soll.