Vom Fonografen zum Fernseher: E-Geräte-Museum auf dem Flughafen lädt ein
Eine riesengroße Figur, die an einen Roboter erinnert, schaut von einem Sockel auf die Flugpassagiere herunter. Bei näherer Betrachtung stellt man fest, dass der Metallriese aus verschiedensten alten Elektrogeräten zusammengebastelt wurde. Der „Šrotozemšťan“ – zu Deutsch etwa der „Schrott-Erdling“ lädt die Vorbeigehenden in das neue Museum für Elektrogeräte ein. Eröffnet wurde es am vergangenen Mittwoch in der Halle des Terminals 2 auf dem Prager Flughafen Ruzyně.
Das Tonbandgerät „Sonet Duo“, Schwarz-Weiß-Fernsehgeräte, Tesla-Plattenspieler, der Computer Commodore, die ersten Walkmen und Discmen: Beim Rundgang zwischen den Exponaten können die heute 40- und 50-Jährigen ein wenig Nostalgie auf sich wirken lassen.
Über der Ausstellung prangt der Schriftzug: „Ihr habt mit ihnen gelebt! Erinnert euch!“ Viele der ausgestellten Elektronikgeräte haben in den sechziger bis achtziger Jahren in keinem tschechischen Haushalt gefehlt. Sie waren Gefährten des Alltags, wie auch das Motto des Museums verkündet, und man hat die Geräte auch entsprechend bewundert. Die einzigartige Präsentation wurde von der Non-Profit-Gesellschaft Asekol vorbereitet. Der Geschäftsführer von Asekol, Jan Vrba, über die Entstehung des Museums:„Unsere Gesellschaft beschäftigt sich mit der Entsorgung von Elektrogeräten, das heißt, wir sammeln die Geräte und kümmern uns um ihr Recycling. Wir haben die Mitarbeiter der so genannten ´Sammelhöfe´, wo man alte Elektrogeräte abgeben kann, angesprochen und sie darum gebeten, historische Geräte auszusuchen und aufzuheben. Einige davon ließen wir ´konservieren´ und reparieren. Dabei haben wir mit dem Technik-Museum in Brünn zusammengearbeitet. Zu sehen sind hier etwa 100 Exponate.“
Die Gesellschaft Asekol habe 2009 sogar einen Wettbewerb „Um das älteste abgegebene Elektrogerät“ ausgeschrieben, sagt Jan Vrba. Am Wettbewerb nahmen die Sammelhöfe in den einzelnen Gemeinden teil. Unter den Siegern seien auch technische Sehenswürdigkeiten gewesen, sagt Vrba und macht auf das wertvollste Exponat aufmerksam:„Das ist ein Projektionsapparat für Kinos aus dem Jahr 1900. Eine Kuriosität ist es unter anderem auch aus dem Grund, weil damals das heutige Gebiet Tschechiens noch kaum elektrifiziert war. Es ist wahrscheinlich ein Exponat, das aus dem Ausland eingeführt wurde.“Das Ziel des neu entstandenen Museums sei nicht nur, nostalgische Gefühle bei den Besuchern hervorzurufen, so Vrba:
„Wir wollen einerseits die Entwicklung der Geräte in den vergangenen 100 Jahren dokumentieren. Andererseits möchten wir darauf aufmerksam machen, dass die Elektronik nicht in die Mülltonne oder in den Papierkorb gehört, sondern zum Recycling abgegeben werden soll.“
Die Flughafenhalle ist aus mehreren Gründen als Ausstellungsraum gewählt worden. Der Raum sei, so Vrba, ausreichend groß, die Halle passierten täglich Tausende von Menschen. Und für viele von ihnen könne es eine angenehme Möglichkeit sein, die Wartezeit bis zum Abflug zu verbringen. Bei der Eröffnung des Museums fehlte in der Flughafenhalle auch ein Elvis Presley nicht, denn viele der Exponate erinnern eben an die alten Rock´n Roll-Zeiten.Ein großes Verdienst um das neue E-Geräte-Museum haben die Mitarbeiter des Technik-Museums in Brünn, die sich um die Instandsetzung der historischen Technik kümmerten. Zudem haben sie einige Gegenstände aus ihren Sammlungen für die Ausstellung im Flughafen zur Verfügung gestellt. Jiří Macek arbeitet im Brünner Technik-Museum als Kurator der Sammlung von Schwachstromtechnik. Unter den oft 100 Jahre alten technischen Errungenschaften fühlte er sich in seinem Element:
„Die Entwicklung der ältesten Plattenspieler ist hier gleich hinter dem Tor dargestellt. Am ältesten ist dieser Phonograph, den T. A. Edison im Jahre 1876 erfunden hatte. Zehn Jahre später hatte Emil Berliner dieses Gerät vervollkommnet und erfand die Schallplatte, wie wir sie heute noch kennen. Bei uns gibt es immer noch eine Firma, die Plattenspieler herstellt. Ein Drittel aller weltweit hergestellten Plattenspieler wird heutzutage von der Firma SEV im mährischen Litovel hergestellt, die an die Produktion der Tesla-Fabrik anknüpfte. Die Plattenspieler werden vor allem exportiert. In der Ausstellung kann man den letzten Plattenspieler aus Litovel besichtigen, der noch unter der Marke Tesla produziert wurde. Es war schon halbautomatisch.“Unter den historischen Tonbandgeräten ist eines zu entdecken, das vor mehreren Jahrzehnten eines der technischen Wunder in den tschechischen Haushalten war. Einige Generationen hätten das schwere grünlich-braune Gerät mit zwei Tonbandspulen immer noch in Erinnerung, meint der Brünner „Museumstechniker“ Macek:
„Dies ist ein Tonbandgerät, das bestimmt einige Leute heute noch zu Hause haben. Dieses Gerät fand die Firma Asekol in einem der Sammelhöfe und ließ es bei uns im Museum reparieren. Es ist das bekannte ´Sonet Duo B3´ aus den fünfziger Jahren. Danach folgt eine Reihe ähnlicher Geräte. Zu sehen ist schließlich auch der bei uns legendäre Kassettenrecorder der Marke Tesla.“Die Aussteller haben auch die Journalisten nicht vergessen: Bewundern kann man im Museum eine Reihe von Aufnahmegeräten für Reportagen. Beginnend mit dem Aufnahmegerät NAGRA, das Jiří Macek zufolge lange weltweit für das beste Aufnahmegerät gehalten wurde. Bei der Besichtigung der historischen Radioempfänger kann man auch Rundfunkaufnahmen aus der entsprechenden Zeit hören. Die Ausstellung enthalte, so Macek, mehrere interaktive Elemente:
„Man kann diese Taste drücken und sich beispielsweise die alte Frühsportsendung des Tschechoslowakischen Rundfunks oder die Übertragung des Prager Fußball-Derbys Sparta – Slavia aus dem Jahr 1927 anhören, die der damals bekannte Reporter Josef Laufer kommentierte.“
Die Besucher können in der Ausstellung des Weiteren nicht nur die ältesten Fernsehapparate tschechoslowakischer Produktion besichtigen, sondern sich auch einige Beispiele aus der ´Urgeschichte´ des tschechoslowakischen Fernsehens anschauen. An die Anfänge der Computertechnik können sich die Interessenten bei Computerspielen erinnern, die die Kinder von heute für lächerlich finden würden. Und wer schon immer mal in ein historisches Telefon sprechen wollte, der kann auch das ausprobieren. Der telefonische Draht ist jedoch kurz und führt nur in die im Museum installierte historische Telefonzelle. Als mechanischer Schirmherr schaut der „Šrotozemšťan“ – zu Deutsch etwa der „Schrott-Erdling“ auf die historische Technik von seinem Sockel hinunter. Diese Statue wurde 2008 aus alten Elektrogeräten im Prager Stadtteil Smíchov zusammengestellt. Das Museum in der Flughafenhalle ist im Unterschied zu anderen Museen ununterbrochen geöffnet und der Eintritt ist frei. Auf dem Prager Flughafen kann man das E-Geräte-Museum vorläufig bis zum 5. April besuchen. Die Gründer des Museums rechnen damit, die Sammlungen danach in einer anderen tschechischen Stadt vorzustellen. Damit sind wir wieder fast am Ende unseres heutigen Spaziergangs angelangt. Im Museum der Elektrogeräte wurden die historischen Produkte der Marke Tesla erwähnt. Die heutige Quizfrage, für deren richtige Beantwortung Sie ein Buch über Prag gewinnen, lautet: Worauf bezieht sich der Name des 1946 in Prag entstandenen Tesla-Konzerns? Es gibt übrigens zwei Erklärungen für diese Bezeichnung. Ihre Zuschriften richten Sie bitte an Radio Prag, Vinohradská 12, PLZ 120 99 Prag 2, Tschechien.Die richtige Antwort auf die Frage von der Dezember-Sendung lautet: die Baumeister der St.-Nikolaus-Kirche auf der Prager Kleinseite waren Anselmo Lurago und Christoph und Kilian Ignaz Dientzenhofer. Ein Buch über Prag geht an Klaus Hornischer aus Sögel.
Fotos: Autorin