Von Rauferei überschattet: Debatte über Notstand

Foto: Archiv des tschechischen Abgeordnetenhauses

Der wegen der Corona-Pandemie in Tschechien herrschende Notstand wurde bis 14. Februar verlängert. Das ermöglichte das Abgeordnetenhaus der Regierung mit seiner Entscheidung am Donnerstag. Mehr Aufmerksamkeit als die Debatte selbst weckte jedoch ein Zwischenfall, den das Abgeordnetenhaus zuvor kaum erlebte.

Lubomír Volný attackierte seinen Kollegen Tomáš Hanzel im Abgeordnetenhaus  (Foto: Archiv des tschechischen Abgeordnetenhauses)

Im Abgeordnetenhaus kam es am Donnerstagabend zu einer Rauferei. Provoziert hat sie der fraktionslose Parlamentarier Lubomír Volný. Der Vizechef des Abgeordnetenhauses Tomáš Hanzel, der zu dem Zeitpunkt die Debatte leitete, schaltete ihm das Mikrofon aus, nachdem Volný seinen Auftritt mit Beschimpfungen an seine Adresse und an alle Sozialdemokraten eröffnete. Volný enterte daraufhin das Pult des Vorsitzenden und versuchte, ins Mikrofon zu reden.

„Als gewählter Vertreter des Volkes habe ich das Recht aufzutreten, so werde ich nicht zum Schweigen gebracht“, schrie Volný und drohte Hanzel mit einem Faustschlag. Er drängte sich ans Mikrofon, was Hanzel zu verhindern versuchte. Zwei sozialdemokratische Abgeordnete kamen dem Sitzungsleiter zur Hilfe.

Radek Vondráček  (Mitte). Foto: ČTK / Michal Kamaryt

Es kam zu einem Handgemenge, bevor Volný gezwungen wurde, den Saal zu verlassen. Der Vorsitzende des Abgeordnetenhauses, Radek Vondráček (Partei Ano), ergriff das Wort:

„Herrn Abgeordneten Volný, der zuvor einige Mal von meinem Kollegen Hanzel ermahnt wurde, verweise ich bis zum Ende des Verhandlungstags aus dem Saal. Natürlich endet damit die Sache nicht. Es folgt ein Disziplinarverfahren im Immunitätsausschuss des Unterhauses. Es tut mir leid, dass wir so etwas erlebt haben.“

Schon bevor Volný an das Rednerpult kam, wurde er von einigen Parlamentariern darauf aufmerksam gemacht, dass er keine Atemschutzmaske trug, die in jedem Gebäude Pflicht ist, und das dies von ihm rücksichtslos sei. Der oppositionelle Bürgerdemokrat Marek Benda erklärte, er habe so etwa im Unterhaus noch nie erlebt.

Marek Benda  (links). Foto: ČTK / Vít Šimánek

„Es ist eine Schande für das tschechische Parlament. Ich bin davon überzeugt, dass es ein gezielt provozierter Konflikt war. Nicht zum ersten Mal hat er hier mit physischer Gewalt gedroht. Heute ist er jedoch zur Tat übergegangen. Wir sollten uns nur die Frage stellen, wer ihn gewählt hat und für welche Partei.“

Volný wurde für Tomio Okamuras Rechtsaußenpartei „Freiheit und direkte Demokratie“ gewählt. Vor zwei Jahren ist er jedoch ausgetreten. Okamura distanzierte sich nach dem Konflikt von seinem ehemaligen Parteikollegen.

Volnýs Verhalten verurteilte unter anderem auch der Abgeordnete der Oppositionspartei Top 09 Vlastimil Válek:

Vlastimil Válek  (Foto: ČTK / Vít Šimánek)

„Ich hätte in meinem Leben nie geglaubt, dass ich im Abgeordnetenhaus einen derartigen Auftritt eines so primitiven Dummkopfes erleben könnte. Etwas so Schreckliches hätte ich mir nicht vorstellen können.“

Im Schatten der Rauferei stand die Abstimmung über die Verlängerung des Notstands. Durchgesetzt wurde die sie dank den Kommunisten, die der Minderheitsregierung unter die Arme griffen. Die Oppositionsparteien unterstützten den Vorschlag zur Verlängerung des Notstands nicht. Der Abgeordnete und Vizechef der Bürgerdemokraten Martin Baxa, kritisierte, das Kabinett verwerfe die Vorschläge der Opposition.

„Es ist eindeutig, dass es dem Kabinett nur um die Stimmen der Abgeordneten der Regierungsparteien geht, anstelle konkrete Schritte durchzusetzen. Wir haben uns für Verbesserung im Impfbereich und bei den Entschädigungen für die Gewerbetreibenden und Unternehmer eingesetzt. Dafür gab es aber kein Entgegenkommen.“

Autoren: Martina Schneibergová , Jiří Svatoš , Jana Karasová
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