Weltkongress der Roma in Prag fordert Anerkennung der Roma als Nation
Am vergangenen Freitag ging in Prag der 5. Weltkongress der Internationalen Roma-Union (IRU) zu Ende. Die wichtigsten Inhalte und Beschlüsse dieses Kongresses, über den wir in der letzten Woche bereits mehrfach berichtet haben, hat Lothar Martin noch einmal für Sie zusammen gefasst.
Zum Austragungsort ihrer ersten Tagung seit 1990 hatte die Internationale Roma-Union die tschechische Hauptstadt Prag erkoren, da gerade die Situation der Roma in den EU-Kandidatenländern eines der Schwerpunktthemen des Kongresses bildete. Und in seiner Ansprache vor den Tagungsteilnehmern betonte der Botschafter der Europäischen Kommission in der Tschechischen Republik, Ramiro Cibrian, am Freitag dann auch, dass die Europäische Union als eine der wichtigsten Bedingungen für den EU-Beitritt auf die Verankerung der Einhaltung der Rechte von nationalen Minderheiten in den Landesgesetzen der Kandidatenstaaten bestehe.
Weitere Themen des Kongresses waren die spezielle Situation der Roma im Kosovo, die Entschädigung für Roma-Opfer des Holocaustes, die Migration von Roma aus Mittel- und Osteuropa und die Standardisierung der Romasprache.
In der Frage der Entschädigung hat die Internationale Roma-Union unter anderem Deutschland aufgefordert, sich für die Verbrechen des Zweiten Weltkriegs zu entschuldigen. Die Roma seien die einzigen Holocaust-Opfer, die weder politisch, noch moralisch, noch finanziell rehabilitiert oder entschädigt worden seien, hieß es in einem Beschluss. Das läge sicher auch daran, dass man die Roma lediglich als eine kleine und zudem schlecht strukturierte Volksgruppe wahrnehme. Daher hat die Internationale Roma-Union die internationalen Organisationen aufgefordert, die Roma als Nation und nicht nur als Volksgruppe anzuerkennen. Die Statusänderung stärke die Rolle der Roma in der Welt, heißt es in einem Beschluss, der während des Weltkongresses in Prag gefasst wurde.
Für die Entschädigung der Holocaust-Opfer schlug der Kongress die Gründung eines Fonds und die Errichtung eines Denkmals für alle Romaopfer des Holocausts vor. Historiker schätzen, dass während des Zweiten Weltkriegs nicht weniger als die Hälfte der eine Million seinerzeit in Europa lebenden Roma durch die Nazis und deren Verbündete umgebracht worden sind.
Der Kongress erörterte zudem die Möglichkeiten der Ausstrahlung von Roma-Programmen im Rahmen der Rundfunktätigkeit des Prager Senders Radio Freies Europa - Radio Liberty und der Gründung einer gesamteuropäischen Roma-Universität. In bezug auf die Situation der Roma im Kosovo sammelte der Kongress 3500 US-Dollar für regionale Hilfsprojekte.
Zum neuen IRU-Vorsitzenden wurde der 43-jährige Tscheche Emil Scuka gewählt. In ihren Grußworten haben unter anderem der tschechische Präsident Vaclav Havel sowie die tschechische Senatorin und zugleich Vorsitzende der UNESCO-Generalkonferenz Jaroslava Moserova den Roma ihre Unterstützung zugesagt.