Wie die tschechische Luftfahrt begann: Flug-Pionier Metoděj Vlach

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Vor genau hundert Jahren begann auch in den böhmischen Ländern das Zeitalter der Luftfahrt. 1909 hob erstmals ein tschechischer Pilot mit einem Motorflugzeug vom Boden ab. Das Flugzeug, das ihn durch die Lüfte trug, war allerdings ein französisches Modell. Doch noch in demselben Jahr entwickelte der Konstrukteur Metoděj Vlach im mittelböhmischen Mladá Boleslav / Jungbunzlau sein erstes Motorflugzeug nach eigenen Plänen.

Es war einmal am Anfang des 20. Jahrhunderts. Auch in den damaligen böhmischen Ländern der Donaumonarchie wollten sie es den Vögeln gleichtun, weiß Vladimír Handlík:

„Der Beginn der tschechischen Luftfahrt liegt im Jahr 1909. Die ersten tschechischen Piloten begannen damals mit ihren Versuchsmaschinen zu fliegen.“

Handlík ist der Vorsitzende der Metoděj-Vlach-Stiftung. Metoděj Vlach gehörte zu den Pionieren der tschechischen Luftfahrt. Er war nicht nur Pilot, sondern vor allem Konstrukteur. 1909 führte Vlach der Öffentlichkeit seine erste eigene Konstruktion eines Motorflugzeugs vor. Dieses erste Modell erwies sich allerdings als lahme Ente, es gelang Metoděj Vlach nicht einmal, vom Boden abzuheben. Zum Entwurf von Flugzeugen war Metoděj Vlach über den Fahrzeugbau gekommen:

„Hier in Mladá Boleslav gab es die Firma Laurin & Klement. Das war der Vorgänger der heutigen Škoda Auto AG. Metoděj Vlach arbeitete seit 1908 bei dem Fahrzeugbauer als Monteur von Motoren“, so Vladimír Handlík.

Bei Laurin & Klement arbeitete auch der bekannte tschechische Pilot Jan Kašpar. Ihm gelang 1909 im ostböhmischen Pardubice / Pardubitz der erste Flug mit einem Motorflugzeug in den böhmischen Ländern. Vlach war mit Kašpar persönlich befreundet.

„Das waren alte Bekannte. Und wenn einer der beiden einen Flugversuch unternahm, war der andere immer mit dabei“, sagt Handlík.

Der Erfolg des Freundes spornte Metoděj Vlach an. Der Konstrukteur hatte den Ehrgeiz, ein eigenes Modell eines Leichtflugzeugs zu entwickeln. Denn die Maschine, mit der Kašpar geflogen war, war keine eigene Erfindung, sondern ein Modell des Franzosen Louis Blériot. Blériot hatte etwas früher mit seinem Eindecker als Erster den Ärmelkanal überquert.

Die ganze Welt verfolgte damals, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die immer neuen Entwicklungen von Motorflugzeugen. 1903 hatten die Brüder Wright in Amerika den ersten gesteuerten Motorflug durchgeführt. Danach setzte ein Wettlauf um möglichst weite Strecken und hohe Geschwindigkeiten ein, in dem sich besonders französische und deutsche Konstrukteure profilierten. Vladimír Handlík:

„Metoděj Vlach baute vier Flugzeuge. Das waren keine Nachahmungen fremder Konstruktionen, sondern eigene Erfindungen. Die ersten drei Modelle konnte er allerdings nicht zum Fliegen bringen. Die beiden ersten flogen überhaupt nicht, und das dritte machte nur kleine Sprünge. Doch das vierte Modell war dann ein Erfolg. Dieses Flugzeug startete im Herbst 1912. Es ist richtig geflogen, und man betrachtet es bis heute als das erste eigene tschechische Flugzeug.“

Dieses erste flugtaugliche tschechische Motorflugzeug war ein Eindecker, ausgestattet mit einem 28 Kilowatt starken Motor von Laurin & Klement:

„Das Flugzeug von Metoděj Vlach bestand komplett aus Holz. Es hatte eine Spannweite von zehn Metern, die Tiefe der Tragfläche betrug zwei Meter, und die Länge war insgesamt neun Meter. Es war also ein richtiges, großes Flugzeug. Es konnte eine Geschwindigkeit von rund 100 Stundenkilometer erreichen. Aber diese ersten Flüge muss man sich in einer Höhe von nur 20 Metern und mit einer Flugstrecke von höchstens ein bis zwei Kilometern vorstellen“, sagt Vladimír Handlík.

Der erste Flug glückte Metoděj Vlach im Herbst 1912. Dies markierte, Handlík zufolge, einen Meilenstein in der Geschichte der tschechischen Luftfahrt:

„Die Bedeutung dieses Flugzeugs besteht darin, dass es die erste ursprünglich tschechische Konstruktion war. Sie entsprang tschechischen Händen und einem tschechischen Kopf. Die Anfänge des Flugwesens waren nicht einfach. Die Konstrukteure blickten meistens über die Grenzen, nach Deutschland, nach Frankreich, nach Amerika. Sie ahmten schon erfundene Modelle nach. Doch Metoděj Vlach hat seinen eigenen Weg gefunden, und am Ende dieses Weges stand sein Flugzeug.“

Bei seinen Flugversuchen musste der Pionier der Lüfte in den ersten Jahren noch ohne Start- und Landebahn auskommen. Vladimír Handlík erzählt:

„Im Jahr 1912 gab es hier in Mladá Boleslav noch keinen Flugplatz, keinen Aeroklub, nichts. Es war Herbst, die Felder waren schon abgeerntet, und Metoděj Vlach ist auf einem solchen Feld gestartet und gelandet. Das verursachte allerdings auch Probleme. Bei der dritten Landung verfing sich ein Rad des Fahrgestells in einem Loch. Aber die Räder waren von einem Motorrad, und er konnte das Rad einfach austauschen. Das war eben die Pionierzeit damals.“

Das Gelände, auf dem Metoděj Vlach seine Flüge durchführte, lag am Rand eines Truppenübungsplatzes. Dort baute Vlach seine Flugzeuge in einem Schuppen auch zusammen. Den Schuppen hatten die Stadtväter von Mladá Boleslav eigens dafür errichten lassen.

Geboren wurde Metoděj Rostislav Vlach 1887 in dem mährischen Dorf Říkovice bei Přerov / Prerau. In Mähren machte er auch erste Erfahrungen mit Maschinen, und zwar als Monteur im Lokomotivwerk im nahen Kopřivnice / Nesselsdorf. Doch den rührigen jungen Mann zog es in die weite Welt hinaus, er arbeitete unter anderem im slowenischen Maribor und beim Fahrzeugbauer Puch im österreichischen Graz. Auch als Mitarbeiter von Laurin & Klement kam Metoděj Vlach später in Europa herum. Er begleitete die Fahrer von Laurin & Klement als Mechaniker zu verschiedenen internationalen Autowettrennen. Die vielfältigen Erfahrungen, die er im Laufe seiner abwechslungsreichen Karriere sammelte, kamen Metoděj Vlach bei Konstruktion seiner eigenen Flugzeugmodelle zugute.

Um das Andenken an den Konstrukteur des ersten tschechischen Motorflugzeugs zu wahren, wurde 2001 die Metoděj-Vlach-Stiftung ins Leben gerufen. Sie hat für den tschechischen Pionier der Lüfte ein Denkmal errichten lassen.

„Wir haben letztes Jahr in Mladá Boleslav direkt an der Stelle, wo Metoděj Vlach damals bei seinen Flugversuchen durchstartete, ein schönes Denkmal gebaut. Mittelpunkt des Denkmals ist eine Steinskulptur, die einen Flugtechniker darstellt. Große Rohre überwölben die Steinskulptur, und daran ist ein symbolisches Gerüst der Tragfläche des Flugzeugs von Metoděj Vlach aufgehängt“, so Handlík.

Acht historische Leichtflugzeuge hat die Metoděj-Vlach-Stiftung mittlerweile schon nachbauen lassen. Sie sind am Flugplatz von Mladá Boleslav in einem eigenen Hangar zu besichtigen. Darunter sind Sportflugzeuge, wie das von dem deutschen Motorflieger Hans Grade aus dem Jahr 1909, aber auch militärische Maschinen, wie das britische Jagdflugzeug Sopwith Pup aus dem Jahr 1917. Das Herzstück der Sammlung ist und bleibt jedoch das erste eigene tschechische Motorflugzeug von Metoděj Vlach.

Jedes Jahr im Juni hält die Metoděj-Vlach-Stiftung einen historischen Flugtag ab. Dann werden die ehrwürdigen Repliken aus dem Hangar herausgerollt und dürfen über den Köpfen der zahlreichen staunenden Schaulustigen kreisen.