Wiederbelebung eines alten Musikinstrumentes

Peter Dostal - Berg (Foto: www.tromba-soprana.de)

Dem Ausblick auf das eben beginnende Jahr 2004 wollen wir nun im zweiten Teil dieser Sendung, sozusagen als Gegengewicht, einen musikalischen Rückblick anschließen. Um einen Rückblick geht es jedoch nur in dem Sinne, dass wir Ihnen ein altes Musikinstrument vorstellen. Der Künstler hingegen, der es spielt und sich um dessen Renaissance verdient gemacht hat, ist unser Zeitgenosse - Peter Dostal - Berg. Sein Portrait hat Jitka Mladkova vorbereitet:

Peter Dostal - Berg stammt aus Tschechien, wo er in einer jüdischen Familie im mährischen Olomouc/Olmütz geboren wurde, an der Musikhochschule in Prag Trompete und Musikgeschichte studierte und schließlich 1982 das damals noch kommunistische Land aus politischen Gründen verließ. Seitdem lebt er in Bayern und gilt mittlerweile als Trompetenspezialist und Wissenschaftler. In jahrelanger Forschungsarbeit hat er nämlich im Jahre 1994 ein in Vergessenheit geratenes Musikinstrument der Barockzeit rekonstruiert und originalgetreu nachbauen lassen, die so genannte Tromba Soprana, auch die Hohe Trompete genannt. Dank diesem Instrument können heute wieder Werke altbekannter bzw. neu entdeckter Konzertliteratur zum Klingen gebracht werden, die bis vor kurzem nicht als authentisch spielbar galten. Die Tromba Soprana ist ein Instrument, das aufgrund seiner Bau- und Spielweise der menschlichen Stimme ähnlich kommt. So entstanden verschiedene Werke für Soprangesang in Verbindung mit Tromba Soprana, um die Klangparallelen hervorzuheben. Peter Dostal - Berg spielt die Tromba Soprana in "The Gloomy World" aus der Oper "The Fairy Queen" des englischen Komponisten Henry Purcell aus der 2.Hälfte des 17.Jahrhunderts.

Die Tromba Soprana ist ein sehr schwierig zu blasendes Instrument, das während seiner Blütezeit nur von einer Handvoll Spezialisten gespielt wurde. Es waren Hoftrompeter, die als hoch geschätzte und teure Musiker bzw. Lehrer galten. Diese hohe Kunst des Trompetenblasens starb aber innerhalb kurzer Zeit aus, denn auch an den Höfen wurde das Geld knapp, man konnte die Spezialisten nicht mehr bezahlen, es gab keine Schüler, denen man diese Kunst weitergeben konnte, und die Tromba Soprana, auch Clarina genannt, geriet in Vergessenheit. Nun kann aber die geschmeidige Stimme dieses einmaligen Instruments auch im Konzert für Tromba Soprana, zwei Hörner, Streicher und Basso continuo von Wolfgang Amadeus Mozart erklingen, das von Petr Dostal-Berg während seiner Forschungsarbeit an der Rekonstruktion der Tromba Soprana als das verschollene "Trompetenkonzert" identifiziert werden konnte. Mozart soll es mit elf Jahren bei seinem Besuch im mährischen Olmütz komponiert haben. Kurze Zeit nach seiner Uraufführung im Jahre 1768 in der Wiener Waisenhauskirche verschwand es.

Nach den musikalischen Kostproben ist es wohl an der Zeit, Peter Dostal - Berg selbst zu Wort kommen zu lassen. Über seine tschechischen und deutschen Wurzeln und überhaupt über seine Tätigkeit sagte er uns:

"Ich komme aus einer tschechisch-deutsch-jüdischen Familie, Berg - Oppenheim - Dittl. Diese Familie war vor der Nazi-Katastrophe ansässig in Mähren, Schlesien, in Österreich und auch in Bayern."

Über 20 Jahre lebt Dostal-Berg in Deutschland, wo er mittlerweile auch Wurzeln geschlagen hat. Dazu sagt er:

"Ich lebe in der Nähe von Salzburg, in Oberbayern. Wurzeln zu schlagen war hier nicht so schwer, weil die bayrische Mentalität, historisch gesehen, der tschechischen sehr ähnlich ist. Ich bin hier sehr gut empfangen worden, und auch meine Tätigkeit wurde hier bald geschätzt. Nach zwei Jahren wurde ich zum bayrischen Staatsbürger."

Herr Dostal-Berg, Sie sind nicht nur ein Virtuose, der ein Musikinstrument hervorragend beherrscht und mit dessen Hilfe Kompositionen verschiedener Autoren interpretiert. Sie haben auch ein altes Musikinstrument sozusagen wieder erschaffen, also aus alten Quellen rekonstruiert und modifiziert, nämlich die Tromba Soprana. Können Sie uns etwas über dieses ungewöhnliche Instrument sagen?

"Es handelt sich eigentlich um zwei Instrumente. Erstens um das biblische Schofar - ein jüdisches Instrument, welches in der biblischen Zeit in den Tempeln verwendet wurde, und aus dieser Tradition, nämlich der Übertragung der menschlichen Stimme auf ein Blasinstrument, entwickelte sich in der Barockzeit im 17. und 18. Jahrhundert eine spezielle Richtung der Hohen Trompete, der Tromba Soprana, und Olmütz war neben dem italienischen Bologna das Zentrum der Blaskunst - und dann auch Kromeriz/Kremsier."

Wann sind Sie zum ersten Mal in Ihrem Leben auf die Spuren dieses Instrumentes gestoßen?

"Mit den Spuren bzw. mit den Erwähnungen in der Literatur bin ich schon mit dreizehn, vierzehn Jahren konfrontiert worden. Es gibt, das hat sich allerdings erst in jüngster Zeit gezeigt, eine Menge von Konzertliteratur, die auf der normalen Trompete nicht zu bewältigen ist."

Womit hat Sie dieses Instrument angesprochen?

"Ich habe schon in meiner Jugend versucht, überlieferte Stücke, die sehr eng mit der menschlichen Stimme zusammenhingen, zu spielen. Die Tromba Soprana, auf Italienisch Tromba direttissima, auf Deutsch die Direkte Hohe Trompete, war eigentlich ein an die menschliche Stimme angepasstes Instrument. Früher sangen die so genannten Kastraten mit diesen Stimmen. Das hat mir gefallen, weil dies eine vollkommen unterschiedliche Spielweise ist. Es ist, wie es praktisch in der Barockzeit üblich war, eine mentale Übertragung der Bilder im Kopf auf ein Blasinstrument."

Im Rahmen Ihrer konzertanten Tätigkeit setzen Sie sich auch aktiv für die Wiederbelebung der gemeinsamen Wurzeln der Tschechen, Juden und Deutschen im Sinne einer vereinigenden Musikkultur Mitteleuropas ein. Seit 1998 sind Sie auch Musikbeauftragter der Föderation jüdischer Gemeinden in der Tschechischen Republik. Sagen Sie uns bitte etwas Näheres über dieses Engagement?

"Dieses Engagement hängt sehr eng mit meinem Lebensweg zusammen. Dieser Auftrag kam von der Jüdischen Gemeinde Olmütz, wo ich Mitglied bin. Seit drei Jahren bin ich auch Mitglied der Jüdischen Gemeinde Salzburg. Sehr wichtig für mich ist, dass ich in diesem Sinne zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften und Künste wurde, und zwar wurde ich von Professor Lobkowitz berufen, und bereits vor zwei Monaten ist hierzu vom Senat der Akademie ein Projekt aufgenommen worden. Und darüber freue ich mich sehr."

Soweit Peter Dostal-Berg. Im Rahmen des von ihm erwähnten Projektes, betitelt "Vom biblischen Schofar zur Tromba Soprana - aktuelle Artikulation der Toleranz: Musik - Religion - Medizin" ist Dostal-Berg beauftragt, auf internationaler Ebene als Kulturhistoriker und Solist über "Aktuelle Artikulation der Toleranz" zu referieren, um dieses hochaktuelle und kulturell wertvolle Thema als Botschaft den Menschen in aller Welt zu übermitteln. Abschließend hören Sie den traditionellen jüdischen Choral nach Psalm 121, in dem dem Spiel der Tromba Soprana der Klang des jüdischen Schofar gegenüber gestellt wird.

Die Sendung mit Peter Dostal - Berg und seiner Tromba Soprana hat für Sie Jitka Mladkova vorbereitet. Die Musikproben haben wir der neuen CD entnommen, die der Trompeterspezialist im Dezember bei der Musikfirma Caracalla Media herausgegeben und mit der Kammerphilharmonie Pardubice unter Leos Svarovsky eingespielt hat.