Zahnärzte in Tschechien drohen: Wir Verlassen das Versicherungssystem!

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In der Tschechischen Republik gibt es wohl keinen anderen gesellschaftlichen Bereich, der so kritisch und kontrovers wahrgenommen wird wie das Gesundheitswesen. Fast alle Politiker, die seit der Wende das Amt des Gesundheitsministers ausübten, haben vorzeitig das Handtuch geworfen oder wurden abberufen. Die Ursache dafür ist ein nach wie vor fehlendes Gesundheitskonzept, das in sich schlüssig und vor allem finanzierbar ist. Aus diesem Grund muss derzeit auch die amtierende Ministerin Milada Emmerová harte Grabenkämpfe mit den Stomatologen ausfechten. Lothar Martin berichtet.

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Die Anzahl der Zahnärzte in Tschechien nimmt beharrlich ab, und diejenigen, die heutzutage praktizieren, drohen: Begleicht unsere Leistungen endlich mit einem höheren Betrag aus dem Versicherungssystem oder wir treten zum Jahresende aus diesem aus! Das hätte zur Folge, dass die hiesigen Patienten ab dem kommenden Jahr für jeden Zahnarztbesuch und für die ihnen dabei entgegengebrachten Leistungen extra zahlen müssten! Zum Beispiel für eine gewöhnliche Zahnkontrolle 500 bis 1000 Kronen, für eine Amalgamplombe zwischen 300 bis 500 Kronen oder für eine Zahnbrücke um die 8000 Kronen. Die Stomatologen sind unzufrieden, dass ihnen für ihre Tätigkeit nur sechs Prozent aus den Mitteln der staatlichen Krankenversicherung gezahlt werden. Vratislav Cermak, Vorstandsmitglied der Tschechischen Stomatologischen Kammer, äußerte die Kritik der Zahnärzte an der Gesundheitspolitik des Staates wie folgt:

"Der Zwiespalt besteht wieder einmal darin, dass man den Bürgern auf der einen Seite eine kostenlose und bestmögliche Behandlung verspricht, aber auf der anderen Seite niemand zugeben will, dass man für solch eine qualitativ gute Behandlung kein Geld zur Verfügung hat. Das bedeutet, dass derjenige, der eine neue und endlich lebensfähige Gesundheitskonzeption erarbeiten will, ganz eindeutig sagen muss, dass der Staat nicht für alles aufkommen kann und dass die Patienten daher für einige Leistungen zuzahlen müssen."

Diese und andere ähnliche Äußerungen und die damit einhergehende Drohung der Zahnärzte, bei Aufrechterhaltung des Status quo aus dem System der Krankenversicherung auszusteigen, bezeichnete Gesundheitsministerin Milada Emmerová als einen Affront gegenüber der Charta der Grundrechte und Freiheiten. Denn diese garantiere den Bürgern das Recht auf den Schutz ihrer Gesundheit. Jiri Pekarek, der Präsident der Stomatologischen Kammer, hält dem jedoch entgegen:

"Die Charta der Grundrechte und Freiheiten sagt nichts darüber, dass all diejenigen, die Medizin studiert haben, verpflichtet sind, ihren Patienten zu dienen. Die Frau Ministerin verwechselt die heutige Zeit mit einer schon längst vergangenen Epoche, und sie hat auch vergessen, dass wir jetzt Mitglied der Europäischen Union sind. Ähnlich wie die Hausbesitzer können auch wir uns an ein internationales Gericht wenden. Wenn uns die Frau Ministerin demnach drohen sollte, bleibt uns nicht anderes übrig, als unser Recht dort auch einzufordern."

Wieder einmal scheinen die Fronten verhärtet zwischen einem Teil der Ärzteschaft und dem ministerialen Ressortleiter für den Gesundheitsbereich. Sehr zum Leidwesen der Patienten, die auf die fachgerechte Behandlung der Stomatologen angewiesen sind. Einige Zahnärzte, besonders jene aus Gebieten mit hoher Arbeitslosigkeit und niedrigen Einkommen, lehnen daher die direkte Zahlung der Leistungen durch den Patienten ab. Sie fürchten nicht zu Unrecht, dann bald keine Patienten mehr zu haben. "Wenn sie alles zahlen müssten, dann würde unser Volk an seinen Zähnen zu Grunde gehen", sagte die südböhmische Zahnärztin Marie Konradova. Eine Vorstellung, die die Ministerin und die Zahnärzteschaft wohl nicht haben dürften, und die beide Streitparteien nicht vor ein Gericht, sondern schleunigst an den Verhandlungstisch bringen sollte.