Arbeitsmarkt-Öffnung in Deutschland: Reaktion aus Tschechien

Foto: Europäische Kommission

Deutschland öffnet seinen Arbeitsmarkt für die Bürger Tschechiens und anderer ost- und mitteleuropäischen Staaten. Allerdings nur für Hochqualifizierte, Für die übrigen Arbeitssuchenden heißt es weiter: Bitte Warten!

Foto: Europäische Kommission
Die deutsche Bundesregierung hat sich am Mittwoch auf ein umfassendes Arbeitsmarkt-Programm geeinigt. Es sieht unter anderem vor, den Arbeitsmarkt für Hochschulabsolventen aus den 2004 der EU beigetretenen acht ost- und mitteleuropäischen Staaten freizugeben. Mit Einschränkungen allerdings, wie die Sprecherin des Arbeits- und Sozialministeriums in Berlin, Heike Helfer gestern im Gespräch auf Radio Prag betonte:

„Es wird dann für die ganz konkrete Stelle überprüft, ob ein Deutscher oder auch ein anderer, den Deutschen gleichgestellter Arbeitnehmer vorrangig beschäftigt werden kann. Das heißt natürlich, dass da andere EU-Bürger auch noch bevorrechtigt sind gegenüber den neuen.“

Bewerbern aus den ost- und mitteleuropäischen EU-Staaten ohne Hochschulabschluss bleibt der Zugang zum Arbeitsmarkt weiterhin verwehrt. Die Bundesregierung gab gestern bekannt, die entsprechende Regelung bis 2011 zu verlängern. Zwar gibt es Ausnahmen, allerdings oft nur befristet und für wenig attraktive Beschäftigungen: Etwa für Erntehelfer in der Landwirtschaft.

Neben Österreich und Belgien ist Deutschland das einzige EU-Land, das an diesen Beschränkungen festhält; erst Anafng dieses Monats hat Frankreich seinen Arbeitsmarkt für Bürger der 2004 beigetretenen EU-Staaten geöffnet. Tschechische Politiker haben bereits in der Vergangenheit wiederholt eine Aufhebung dieser Zugangsbeschränkungen gefordert und auf eine Gleichbehandlung aller EU-Bürger gepocht.

Wir haben darüber mit Micheala Jelínková, der Sprecherin des Vizepremiers für Europäische Angelegenheiten, Alexandr Vondra gesprochen.

Frau Jelínková, wie sieht der Vizepremier für europäische Angelegenheiten die Erleichterungen auf dem deutschen Arbeitsmarkt?

„Wir begrüßen das natürlich. Allerdings halten wir das für einen pragmatischen Schritt, der eher dazu dient, Deutschland zu helfen, seine eigenen Probleme auf dem Arbeitsmarkt zu lösen.“

Nun hat sich Deutschland gleichzeitig dazu entschlossen, den Arbeitsmarkt nicht völlig freizugeben und die Beschränkungen für die übrigen Arbeitskräfte, also alle, die keinen Hochschul-Abschluss haben, bis 2011 zu verlängern. Wie bewerten Sie das?

„Das ist genau der Grund, warum wir nur teilweise zufrieden sind. Wie gesagt, das ist eher ein pragmatischer Schritt und der genügt uns nicht. Wir haben immer gesagt, und mit uns die Europäische Kommission, dass wir für eine komplette Aufhebung dieser Übergangsbestimmungen sind, nicht nur in ausgewählten Bereichen. Wir wollen, dass mit demselben Maß gemessen wird. Das würden wir als fair ansehen, nicht bloß diese Übergangslösungen. Die genügen uns eindeutig nicht.“

Welche Argumente sprechen aus Ihrer Sicht dafür, dass Deutschland seinen Arbeitsmarkt völlig freigeben soll?

„Werfen Sie einen Blick in diejenigen Länder, die ihren Arbeitsmarkt völlig freigegeben haben und sich damit fair verhalten haben: Dort ist es in diesem Zusammenhang auch zu keinem dramatischen Anstieg von Problemen auf dem Arbeitsmarkt gekommen. Das ist einfach eine Frage des fairen Miteinanders. Wir sind alle Bürger der europäischen Union. Und wir haben auch keine derartigen Beschränkungen eingeführt, auch nicht nach dem Beitritt von Rumänien und Bulgarien. Wir wären einfach froh, wenn man mit uns genauso umgehen würde, wie wir mit den anderen umgehen. Das ist der Grund.“