Bildung und Wohnraum im Fokus: Tschechien hat eine Koordinatorin für ukrainische Geflüchtete
Für die Integration der ukrainischen Geflüchteten in Tschechien hat die Regierung in Prag ein neues Amt geschaffen. Die erste nationale Koordinatorin ist Klára Šimáčková Laurenčíková.
Tschechien hat Geflüchteten aus der Ukraine bisher fast eine halbe Million Spezialvisa erteilt. Wenngleich nicht alle Menschen im Land geblieben sind, ist die Zahl der ukrainischen Flüchtlinge hierzulande groß. Für die Integration dieser Menschen soll nun vor allem Klára Šimáčková Laurenčíková verantwortlich sein. Am Mittwoch wurde sie von der Regierung zur nationalen Koordinatorin auf diesem Gebiet ernannt. Ihre zukünftige Arbeit schilderte Šimáčková Laurenčíková in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:
„Meine Aufgabe wird vor allem die Leitung einer neuen Strategiegruppe sein. Sie soll am Regierungsamt eingerichtet werden und sämtliche wichtige Ministerien verknüpfen, den Städte- und Gemeindebund sowie Nichtregierungsorganisationen.“
Des Weiteren soll die neue Koordinatorin für einen guten Informationsfluss zwischen der Regierung in Prag und den einzelnen Regionen Tschechiens sorgen.
Šimáčková Laurenčíková war bisher Regierungsbeauftragte für Menschenrechte. Ihr zufolge haben die Geflüchteten im ersten Kriegsjahr gut in Tschechien Anschluss gefunden. Es gebe jedoch weiterhin Herausforderungen, etwa im Bereich Bildung:
„Es muss dafür gesorgt werden, dass vor allem Kinder im Grundschulalter Unterricht bekommen. Derzeit gehen zehn bis 20 Prozent dieser jungen Ukrainer nicht in die Schulen. Außerdem müssen wir uns dafür einsetzen, dass sich die Kinder in ihrer Freizeit an informellen Bildungsangeboten beteiligen. Ich meine damit etwa Arbeitsgemeinschaften oder den Besuch des Horts, aber auch Skilager sowie Exkursionen in die Natur. Bei diesen Freizeitaktivitäten können gut Kontakte mit Gleichaltrigen geknüpft werden. Zudem erweitern die Kinder dadurch ihre Sprachkenntnisse.“
Im Bereich der Bildung müsse ein weiterer Fokus auch auf Teenagern liegen, so Šimáčková Laurenčíková. Denn zwei Drittel der jungen Ukrainer im Alter von 15 oder mehr Jahren, würden derzeit in Tschechien keine Schule besuchen. Stattdessen nähmen sie online am Unterricht in der Ukraine teil oder genössen derzeit gar keine Ausbildung. Ein Zustand, den man ändern müsse – auch um soziale Ausgeschlossenheit zu verhindern, meint Šimáčková Laurenčíková.
Neben der Hilfe in dem genannten Feld müsse man auch all jene Geflüchteten unterstützen, die derzeit noch in Sammelunterkünften untergebracht sind. Zu dieser Gruppe gehörten aktuell immer noch 70.000 Menschen, so die Koordinatorin, und viele von ihnen seien nicht in der Lage, allein eine eigene Wohnung zu finden.
Šimáčková Laurenčíková will zudem die Situation der Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Zwar sei es wunderbar, dass über 100.000 Ukrainer schon eine Arbeit in Tschechien gefunden haben. Es gebe aber auch eine Kehrseite…
„Der Großteil hat eine Anstellung als Hilfskraft gefunden. Diese Tätigkeiten werden der Qualifikation, den Kompetenzen und den Erfahrungen der Geflüchteten aber nicht gerecht. Wir müssen deshalb Weiterbildungsangebote und Tschechisch-Kurse ermöglichen. So können die Ukrainer in Zukunft eine würdige Beschäftigung finden. Zudem wären sie dann besser davor geschützt, in die Armut abzurutschen, denn diese droht vor allem bei einem Job im Niedriglohnsektor.“
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