Blutige Barbiepuppen: Fotokünstler inszeniert Massaker an Sudetendeutschen
Barbiepuppen, auf die ihr männliches Pendant Ken das Gewehr richtet - Barbiepuppen, die gefoltert werden oder Selbstmord verüben. Dies sind die Motive einer Fotoserie von Lukáš Houdek. Die Bilder wirken umso stärker, da sie wahre Ereignisse darstellt: die Massaker an deutschen Zivilisten in der Tschechoslowakei nach dem Zweiten Weltkrieg. Unter dem Titel „Die Kunst zu töten“ ist die Bilderserie in der Technischen Nationalbibliothek in Prag zu sehen.
„Ich habe mir damals die Aufgabe gestellt, Fotos von all diesen Gräbern in der Region zu machen. Ich habe auf den Friedhöfen gesehen, dass die Mehrheit der deutschen Gräber zerstört wurde. Ich spürte darin den starken Hass, der hier unter den Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg verbreitet war.“
Lukáš Houdek wollte über die Ereignisse nach dem Krieg mehr erfahren. Er recherchierte in Archiven, las Erinnerungen von Zeitzeugen und Arbeiten einiger junger Historiker.„Auf einmal erfuhr ich, was sich nach dem Krieg abgespielt hat. Zuvor hatte ich das nicht geahnt. Dies hat mich so tief getroffen, dass ich das Bedürfnis hatte, mich intensiver damit zu beschäftigen. Bei der Suche nach Informationen bin ich auf mehrere persönliche Tragödien gestoßen. Ich fand es wichtig, auch an diese Tragödien zu erinnern. Es kann sein, dass Massaker, bei denen viele Menschen ums Leben kamen, mehr Aufmerksamkeit wecken. Aber ich wollte auch Geschichten konkreter unschuldiger Menschen erzählen, die nach dem Krieg ermordet wurden – oft nur aus dem Grund, dass sie einen deutschen Familiennamen hatten.“
Der Fotograf sagt, er habe lange überlegt, wie er das Thema künstlerisch darstellen könnte. Die Morde an den deutschen Zivilisten nach Kriegsende würden hierzulande oft verschwiegen oder verharmlost, findet er. Er entschied sich, einzelne tragische Ereignisse mit Barbiepuppen nachzustellen.„Barbiepuppen hielt ich für gut geeignet, weil sie Menschen sehr ähnlich sehen. Ich wollte realistische Szenen zeigen. Aus der Ferne sieht es aus, als seien auf meinen Fotos echte Menschen abgebildet.“
Noch vor der Eröffnung der Ausstellung erhielt Houdek viele kritische E-Mails. Vor allem ältere Leute warfen ihm vor, er sei zu jung, um sich zu diesen historischen Ereignissen äußern zu können. Lukáš Houdek:„Ich bin davon überzeugt, dass jeder das Recht hat, sich zur Geschichte des eigenen Volkes zu äußern. Ich möchte, dass die Ausstellung an möglichst vielen Orten gezeigt wird. Mein Ziel ist, die Fotos möglicherweise auch in jenen Regionen zu präsentieren, in denen sich die tragischen Ereignisse abgespielt haben.“
Die Fotoausstellung von Lukáš Houdek ist in der Technischen Nationalbibliothek in Prag bis 8. April zu sehen. Sieben großformatige Fotos aus der Bilderserie sind auch am linken Moldauufer in der Galerie ARTWALL ausgestellt.