Breakfaststory: Essen bestellen – Bedürftigen helfen

Foto: Karol Pružinský / Breakfaststory

In den jetzigen Corona-Zeiten müssen Restaurants und Kantinen geschlossen bleiben. Viele Beschäftigte oder ganze Firmen lassen sich daher Essen bringen. Das kann man seit einem knappen Jahr in Prag mit der Hilfe für bedürftige Menschen verbinden. Die Organisation dahinter nennt sich Breakfaststory.

Lucie Hyblerová  (Foto: Lucie Kalodová,  Archiv des Tschechischen Rundfunks)

Im Februar vergangenen Jahres entstand das Projekt. Lucie Hyblerová hat es ins Leben gerufen. „Breakfaststory“ ist eine Internetplattform, über die drei unterschiedliche Teilnehmer vernetzt werden: hungrige Firmenmitarbeiter, soziale Unternehmen und ebenfalls hungrige Menschen aus ärmeren Schichten. Die Gründerin erläutert:
 
„Breakfaststory heißen wir deswegen, weil wir ursprünglich Frühstücksplatten, die in sozialen Unternehmen zusammengestellt werden, an Firmen und Institutionen liefern wollten. Das hat zunächst nicht so gut geklappt. Aber Mitte März haben wir innerhalb von zwei Tagen das Projekt ‚Potěš obědem’ (Mach mit dem Mittagessen eine Freude, Anm. d. Red.) gestartet. Und das hat funktioniert. Daran beteiligt ist die ‚Kantine der obdachlosen Köchinnen‘ – eines der sozialen Unternehmen aus Prag, mit denen wir zusammenarbeiten.“

Obdachlose Köchinnen am Herd

Obdachlose Köchinnen  (Foto: Archiv von Breakfastfest)

Die „Kantine der obdachlosen Köchinnen“ betreibt normalerweise Stände zum Beispiel auf Bauernmärkten oder bei Musikfestivals. Im Corona-Lockdown war das nicht mehr möglich, und man hätte komplett schließen müssen. Dank Breakfaststory konnte aber weitergekocht werden. Das Prinzip basiert darauf, dass die Köchinnen zum einen das Essen für den Kunden zubereiten und zum anderen jeweils ein weiteres Menü für jemand Bedürftigen. Das alles zum Preis von 160 Kronen, umgerechnet etwas mehr als sechs Euro.
 
„Wir fahren die gespendeten Mahlzeiten dann an Senioren aus und an Alleinerziehende in schwierigen Lebenslagen. Zugleich versuchen wir, so die sozialen Unternehmen am Laufen zu halten, indem wir ihnen die Bestellungen der Mittagessen vermitteln“, so Hyblerová.
 
Dies wurde zu einem Erfolg. Letztlich konnte Breakfaststory im Herbst auch wieder das ursprüngliche Projekt mit den Frühstücksbestellungen für die Belegschaften von Firmen aufnehmen. Die Buffets lassen sich in drei Größen ordern – vom kleinen Frühstück für bis zu zehn Mitarbeiter zum Preis von 1200 Kronen (46 Euro) bis zum großen für bis zu 20 Menschen, das dann 2200 Kronen (85 Euro) kostet. Und weiter die Gründerin der Plattform:

Foto: Archiv von Breakfaststory

„Dazu gibt es ein für mich wichtiges Element. Denn bei jedem Frühstück erhalten die Kunden ein kurzes Video, mit dem sie jene Seniorin oder jenen Senioren kennenlernen, die oder der durch die Bestellung zeitgleich ebenfalls ein Frühstück erhält. Je häufiger man dann bei uns ein Frühstück ordert, desto enger wird die Beziehung zu dem jeweiligen älteren Menschen. Meine Vorstellung ist, dass die Firmenbelegschaft dadurch dazu motiviert wird, ein bisschen Zeit nach Feierabend für diesen Menschen zu reservieren. Das heißt, vielleicht für sie oder ihn etwas einzukaufen oder dabei zu helfen, Vorhänge anzubringen. Das sind Beispiele für die Bitten, die wir von den Seniorinnen und Senioren erhalten.“

Die Videos gibt es mittlerweile aber auch bei den Mittagessen, und zwar bei Bestellungen ab 3000 Kronen (115 Euro). Und zu den Kunden zählen oder zählten bereits durchaus namhafte Institutionen und Firmen. Neben etwa den Autoherstellern Škoda und Porsche auch die Deutsche Botschaft in Prag…

Foto: Lucie Sikorová / Breakfaststory

„Das war für mich ein wichtiger Kunde. Zunächst haben wir Mittagessen für die Botschaft gekocht. Und während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft konnten wir auch das Catering für ein Treffen der 28 Botschafter vorbereiten. Wir haben dafür unsere veganen gefüllten Paprika geliefert. Ich fand das eine wunderbare Verbindung zweier unterschiedlicher Welten“, betont Hyblerová.

Catering für die Deutsche Botschaft

Ähnliche Bedeutung hatte für sie und ihr Team auch das Krankenhaus im Prager Stadtteil Motol:

Foto: Milan Jaroš / Breakfaststory

„Der Leiter der Kinderkrebsstation, Jan Janoušek, hat als Dank an seine Mitarbeiter vor Weihnachten für drei oder vier Abteilungen der Klinik unser Frühstück bestellt.“

Aber auch zahlreiche weniger prominente Firmen nutzen das Angebot von Breakfaststory – weil ihre Angestellten derzeit im Homeoffice sind. Und nicht zuletzt zählen zur Kundschaft Institutionen wie die Akademie der Wissenschaften, der Prager Magistrat, aber auch Parteien oder das Lehrpersonal einer Grundschule:

„Wir haben Firmen und Institutionen, die jede Woche zum Beispiel 25 Portionen für ihre Mitarbeiter bestellen. Von denen erhalten wir die Adressen der Beschäftigten, die in ganz Prag verteilt leben – und wir fahren die Essen dann aus. Das heißt, die Firma oder Institution muss sich da um nichts Weiteres mehr kümmern.“

Foto: Archiv von Breakfaststory

Ebenso würden Familien in Quarantäne gerne bei ihnen Mittagessen bestellen, sagt Hyblerová. Auf der anderen Seite stehen die sozialen Unternehmen, die das Essen vorbereiten. Es sind acht unterschiedliche Firmen mit insgesamt rund einhundert Angestellten. Neben der „Kantine der obdachlosen Köchinnen“ gehören dazu unter anderem das Kaffee „Modrý domeček“ (Blaues Häuschen), in dem Menschen mit körperlicher Behinderung arbeiten, oder auch die „Tichá cukrárna“ (Stille Konditorei), in der Gehörlose beschäftigt sind.

Dass das Projekt mittlerweile gut läuft, ist auch dem Beitrag einiger Prominenter zu verdanken. So werben etwa die beliebten Schauspieler Eva Holubová und Václav Neužil dafür oder auch die Violoncellistin Terezie Kovalová. Der Tagesrekord an Bestellungen liege bei 250, sagt die Gründerin. Im Schnitt würden aber 80 bis 100 Mittagessen pro Tag ausgefahren. Die Bestellungen laufen über die Website von Breakfaststory.

Foto: Magdalena Hrozínková

„In einem Formular lässt sich die Zahl der Portionen ankreuzen. Im Preis von160 Kronen sind der Hauptgang und eine Suppe enthalten. Alles ist vegan, und wir verwenden weder Zucker noch Halbfertigprodukte. Wir garantieren also ein gesundes Mittagessen, bei dem man weiß, dass man es mit einem bedürftigen alten Menschen oder jemandem Alleinerziehenden teilt“, so Lucie Hyblerová.

Freiwillige Fahrer

Dabei fallen keine zusätzlichen Kosten für den Transport an, denn das Konzept basiert auf freiwilligen Fahrern oder entsprechenden Kooperationen mit Bringdiensten:

„Von März bis Mai sind Freiwillige für uns gefahren. Das war unglaublich. Wir hatten 100 bis 120 Fahrer, die jeden Tag losgelegt haben. Sie haben ab 11 Uhr bei uns die Mahlzeiten abgeholt und erhielten meist fünf Adressen, damit die Leute nicht zu lange auf ihr Essen warten mussten. Das waren sowohl Menschen sozusagen von der Straße, als auch Firmenmitarbeiter oder etwa Berufsfahrer, die wegen der Schließung ihrer Betriebe nichts zu tun hatten.“

Foto: Lucie Sikorová / Breakfaststory

Um zumindest teilweise die Benzinkosten zu ersetzen, vereinbarte das Team von Hyblerová mehrere Kooperationen mit Tankstellen. Mittlerweile arbeitet Breakfaststory mit dem tschechischen Startup-Taxidienst Liftago zusammen. Dieser erhält je Fahrt die eher symbolische Summe von 60 Kronen (2,30 Euro).

Seit Oktober hat Breakfaststory im Übrigen auch noch ein drittes Standbein. Und zwar einen Online-Shop für Produkte aus Behindertenwerkstätten, mit 180 unterschiedlichen Dingen von der Butterdose, über handgemachte Seifen bis zum Rucksack für Kinder.