Delta-Variante: Tschechien lässt Impfungen für Corona-Genesene sofort zu
Nach mehreren Wochen sinkender Corona-Zahlen scheint der positive Trend in Tschechien zu einem Ende gekommen zu sein. In Prag wurden diese Woche erstmals wieder leicht steigende Ziffern vermeldet. Dabei breitet sich die sogenannte Delta-Variante aus. Auch deswegen können sich seit Freitag hierzulande auch all jene zur Impfung anmelden, die gerade erst von einer Corona-Infektion genesen sind.
Die Anmeldung ist sofort möglich, wenn die zweiwöchige Isolation nach einem positiven Corona-Test abgelaufen ist. Bisher mussten Genesene mindestens 90 Tage warten, bis sie geimpft werden durften. Dies habe vor allem mit der bisherigen Impfstrategie zusammengehangen, erläutert Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos):
„Zuvor gab es hier in Tschechien zum Teil nicht genügend Impfstoff für alle Interessenten. Deswegen wollten wir einfach, dass möglichst schnell jene geimpft werden, die noch keine Antikörper hatten. Mittlerweile verfügen wir aber über ausreichend Vakzine. Daher besteht kein Grund, jene auszuschließen, die die Krankheit überstanden haben.“
Das Gesundheitsministerium empfiehlt aber jenen, die gerade erst von einer Corona-Infektion genesen sind, vor der Impfung ihren Arzt zu konsultieren. Dieser solle zunächst den Gesundheitszustand beurteilen, hieß es.
Ministeriumssprecherin Gabriela Štěpányová sagte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks ergänzend, die Freigabe hänge zudem mit der neuen Delta-Variante zusammen.
„Die Impfstoffe, die zugänglich sind, wirken auch gegen die Mutationen. Und wir wollen, dass die Genesenen ebenfalls geschützt sind. Zudem gibt es laut den bisher verfügbaren Daten keine klar definierte Grenze für die Menge der Antikörper, und wir wissen auch nicht, wie schnell ihr Bestand wieder abnimmt. Das heißt, wir können uns nicht darauf verlassen, dass Genesene vor einer erneuten Ansteckung ausreichend geschützt sind“, so die Štěpányová.
Genesenen drohe durch die Impfungen auch keinerlei Schaden, erläutert der Epidemiologe Petr Smejkal:
„Es ist ein Mythos, dass es bei einem hohen Antikörperspiegel nach der Impfung zu stärkeren Nebenwirkungen kommt. Keine Studie hat das bisher nachgewiesen. Deswegen sollten wir alle uns impfen lassen.“
Denn mittlerweile wurden gerade in Prag zahlreiche Fälle der Delta-Variante registriert. Diese war erstmals in Indien nachgewiesen worden. Längere Zeit hatte die tschechische Hauptstadt eine der geringeren Corona-Inzidenzen hierzulande. Mittlerweile liegt der Wert aber bei 15 neuen Fällen je 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen und damit mehr als doppelt so hoch wie im Landesdurchschnitt. Der Mathematiker René Levínský ist Geschäftsführer des Zentrums für die Modellierung biologischer und gesellschaftlicher Prozesse. Er sieht die Gründe für die nun wieder steigenden Zahlen in der Aufhebung zahlreicher Corona-Beschränkungen. Das heißt, dass weniger Menschen im Homeoffice arbeiten und man sich zugleich wieder in Kneipen und Restaurants trifft.
„Die Menschen kommen wieder häufiger zusammen. Selbst die Impfkampagne kann dann die Entwicklung nicht aufhalten. Deswegen dürfen wir nicht davon ausgehen, dass die Corona-Zahlen weiter zurückgehen. Uns erwartet jetzt eine Stagnation“, sagte René Levínský.
Deswegen hat das Gesundheitsministerium auch seine ursprünglichen Pläne zur Maskenpflicht korrigiert. So bleiben FFP2-Masken selbst im Sommer im ÖPNV und in öffentlichen Gebäuden vorgeschrieben. Dabei hatte Minister Vojtěch eine Weile überlegt, auch OP-Masken zuzulassen. Fachleute warnten jedoch vor diesem Schritt.