Ende der selbständigen Staatsoper Prag

Staatsoper Prag

Die Zusammenlegung der beiden Opernhäuser in Prag, die seit einem halben Jahr diskutiert wird, steht nun fest. Das Kulturministerium hat am Montag konkrete Schritte vorgestellt, die zur Entstehung einer Bühnengemeinschaft in der tschechischen Hauptstadt führen soll.

„Das Projekt einer selbständigen Staatsoper Prag ist zu Ende. Diejenigen, die Anfang der 1990er Jahre dieses Projekt durchsetzen wollten, haben es nicht geschafft, dies realisieren.“

Mit diesen Worten hat Kulturminister Jiří Besser die geplante Zusammenlegung der Staatsoper Prag und des Nationaltheaters begründet. Der Betrieb des Operntheaters schreibe seit mehreren Jahren rote Zahlen und die künstlerische Qualität schwanke, fügte er hinzu. Ab Januar 2012 werden die beiden größten Prager Bühnen, das Nationaltheater und die Staatsoper, zusammenarbeiten. Die beiden Bühnen sollen ihre Opern- und Ballettsolisten sowie ein Ballettensemble teilen. Chöre und Orchester werden dagegen weiterhin separat wirken. Das Kulturministerium betont, es handle sich nicht um eine Zusammenlegung der beiden Theater. Der Direktor des Nationaltheaters, Ondřej Černý:

Jiří Besser  (Foto: ČTK)
„Das Kulturministerium spricht von einer Transformation der beiden Institutionen. Die Eigentumsfusion ist nur ein erster, allerdings grundlegender Schritt im Rahmen des Prozesses. Es soll eine Reorganisierung des Nationaltheaters folgen, damit eine moderne Kulturinstitution daraus entsteht. In der würden die einzelnen Ensembles eine größere Haushaltsautonomie erhalten.“

Im Jahre 2012 wird die Stelle des Direktors des neuen, größeren Nationaltheaters ausgeschrieben. Und schließlich sollen auch zwei neue Beratungsorgane zu einem höheren künstlerischen Niveau beitragen: ein Verwaltungsrat als Beratungsorgan des Kulturministers und ein künstlerischer Rat als Beratungsorgan des künftigen Direktors des Nationaltheaters. Die Transformation soll im Jahr 2014 vollendet sein. Was sie für die Zuschauer bedeutet, dazu nochmals Direktor Ondřej Černý:

Ondřej Černý  (Foto: ČTK)
„Die Zuschauer sollen dies vor allem an der schrittweise wachsenden Qualität des Repertoires und an einem häufigeren Repertoirewechsel erkennen. Andererseits ist es nicht unser Ziel, revolutionäre Veränderungen durchzusetzen. Man muss in Betracht ziehen, dass das Zuschauerpotential in Prag seit Jahrzehnten stabil ist. Es ist im Moment nicht möglich, auch hinsichtlich der Einnahmen, dieses Potential aufs Spiel zu setzen. Wie bei allen Opernhäusern im mitteleuropäischen Raum wird es sich um eine Kombination von attraktivem Repertoire und dramaturgischen Neuigkeiten handeln.“

Helena Havlíková
Theaterexperten und Journalisten stellen jedoch in Frage, ob die Entstehung eines einzigen Theaters auch eine Erhöhung der Qualität bringen kann. Die Opernkritikerin Helena Havlíková:

„Wir sollten zur Kenntnis nehmen, dass das Theater oder die Kunst keine Fabrik ist. Allerdings – und darauf können wir uns mit dem Minister einigen – auch in einer Fabrik ist Konkurrenz sehr willkommen. Alle bedeutenden Regisseure, Dirigenten und Theaterleute sagen, das Lebendige, das Energie in die Kultur bringt, sei die Konkurrenz.“

In erster Phase sollen durch die Zusammenlegung rund 20 Millionen Kronen eingespart werden. Andererseits plant man, die Löhne der Künstler künftig zu erhöhen. Dies wird allerdings von Personalkürzungen in beiden Orchestern begleitet werden, die um etwa 10 Prozent schlanker werden sollen.

Gegen die geplante Zusammenlegung der beiden Theater protestieren vor allem die Angestellten der Staatsoper. Einige Duzend haben am Montag an einer Protestkundgebung vor dem Kulturministerium teilgenommen. Eine Petition gegen die Fusion wurde bisher von 20.000 Personen unterzeichnet.