Junge Menschen in Tschechien haben weniger, aber weiterhin Vorurteile gegen Roma-Minderheit

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Junge Erwachsene in Tschechien würden eine Wohnung eher an Angehörige der Mehrheitsgesellschaft vermieten als an Roma. Dies fand eine Studie im Auftrag von „HateFree Culture“ (Eine Kultur ohne Hass) heraus. Die Umfrage ergab aber auch, dass die jüngeren Generationen heute toleranter gegenüber Minderheiten sind als noch vor wenigen Jahren.

Frau Lýdie aus Plzeň | Foto:  YouTube Kanal von HateFreeCulture

„Zweieinhalb Jahre lang habe ich in einer sozialen Einrichtung gelebt. Dann habe ich mich beim Projekt ‚Víc než jen bydlení‘ angemeldet. Das hat mir sehr geholfen. Ich bin wirklich froh über unsere Wohnung.“

Lydia aus Plzeň / Pilsen berichtet über ihre Erfahrungen mit „Víc než jen bydlení“ (Mehr als nur Wohnen) in einem Video für die Organisation „HateFree Culture“. Bei der Wohnungssuche sei sie zuvor immer auf Vorurteile und Ablehnung gestoßen. Lydia gehört der tschechischen Roma-Minderheit an. Dank des Projektes konnte sie mit ihrer Tochter dann ihre eigenen vier Wände beziehen.

Lukáš Houdek | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

Vor kurzem hat das Meinungsforschungsinstitut Median die jungen Tschechinnen und Tschechen befragt, an wen sie eine Wohnung vermieten würden. Die Studie wurde für „HateFree Culture“ erstellt. Sie ergab, dass etwa drei Viertel der Befragten den Mietvertrag bedenkenlos mit einer Person mit typisch tschechischem Namen abschließen würde. Ein Bewerber mit einem typischen Roma-Namen würde die Wohnung hingegen nur in weniger als der Hälfte der Fälle bekommen. Lukáš Houdek ist der Projektkoordinator der Non-Profit-Organisation:

„Wir testen die Vorurteile in realen Situationen. Mit diesen experimentellen Fragestellungen wird bewiesen, was viele Menschen immer noch anzweifeln – dass Roma nämlich diskriminiert werden, auf dem Wohnungsmarkt und in anderen Zusammenhängen.“

Ilustrační foto: Jana Šustová,  Tschechischer Rundfunk

Für die Studie sind im Juli 2000 Personen im Alter von 15 bis 36 Jahre befragt worden. Etwa die Hälfte von ihnen wünscht sich keinen Rom oder keine Romni im Bürgermeisteramt ihrer Gemeinde, als Nachbar oder auch als Neuzugang in der eigenen Familie. Dies belege, so die Analyse von Median, dass Diskriminierung in der tschechischen Gesellschaft nach wie vor präsent sei.

Die gleiche Umfrage wurde bereits 2014 durchgeführt. Im Vergleich zeige sich, dass junge Menschen heute toleranter seien und weniger auf Fake News ansprängen, so Houdek:

Illustrationsfoto: Petr Kološ,  Tschechischer Rundfunk

„Desinformationen sind nach wie vor ein Problem. Aber im Gegensatz zu 2014 glauben die Menschen heute weniger den typischen Mythen, nach denen Roma etwa spezielle Sozialhilfe oder kostenfreie Arzneimittel bekämen.“

Und Martina Veverková vom Forschungsteam bei Median ergänzt:

„Eine ähnlich positive Entwicklung sehe ich bei rassistischem Humor. Heute erkennen wesentlich mehr Menschen solche Witze als fremdenfeindlich, unlustig und verletzend an. Sie wissen, dass damit nicht der eigentliche Kern der Sache getroffen wird.“

Illustrationsfoto: cottonbro,  Pexels,  CC0 1.0 DEED

„HateFree Culture“ will in Tschechien nun eine Telefon-App aus Deutschland einführen, die die Menschen mit anderen Meinungen konfrontiert. Die einzelnen Nutzer werden dann durch einen Algorithmus verbunden, woraufhin sie sich treffen und zwei Stunden lang diskutieren können. Houdek führt aus:

„Dieses Projekt läuft in Deutschland schon seit einigen Jahren. In seinem Verlauf wurde bereits eine Studie durchgeführt, die belegt, dass die Menschen nach diesen zwei Stunden tatsächlich ihre Haltung ein wenig ändern. Zumindest werden die Kanten abgeschliffen.“

Die Median-Studie hat außerdem ergeben, dass junge Erwachsene in Tschechien mittlerweile eine positivere Einstellung zur vietnamesischen Minderheit haben. Deren Angehörige wurden bei der Frage nach der Wohnungsvergabe zumindest des Öfteren bevorzugt.