Kräuter, Eier und Lamm – Osterspeisen in Tschechien

Lammfleisch (Foto: Tschechisches Fernsehen)

Die Fastenzeit endet, und nun kommt erstmals wieder Fleisch auf den Tisch. Ostern ist auch kulinarisch wichtig. Zudem blüht die Natur, auch das beeinflusst traditionell den Speiseplan an dem wichtigsten christlichen Fest. Welche Gerichte werden also in Tschechien aufgedeckt?

Martin Franc  (Foto: Till Janzer)
Vorösterlich ist bereits der Bauernmarkt im Prager Stadtteil Vinohrady. Die ersten Kräuter sind zu bekommen, Radieschen – und ein Stand bietet auch Lammfleisch an. Das ist eher eine Seltenheit in Tschechien. Beim Bäcker auf dem Markt gibt es aber die wohl wichtigste Spezialität, den Osterzopf.

Was bietet aber die tschechische Küche noch an Ostern? Martin Franc ist Historiker bei der tschechischen Akademie der Wissenschaften. Er beschäftigt sich mit Alltagsgeschichte und vor allem den Essgewohnheiten über die Jahrhunderte hinweg:

„Natürlich ist es vor allem der Osterzopf sowie das Osterlamm als Gebäck und dann die sogenannte hlavička oder velikonoční nádivka – das ist eine gemischte Speise aus Eiern und Fleisch, die im Ofen gebacken wird. Also eine Art Auflauf. In dieser Speise sind an Ostern typischerweise auch grüne Kräuter.“

Foto: Archiv des Tschechischen Rundfunks - Radio Prag
Aber eines darf natürlich überhaupt nicht fehlen – und das sind in Tschechien genauso wie in den deutschsprachigen Ländern: die Eier.

„Traditionell waren die Eier rot gefärbt. Die Farbe war die Passionsfarbe. Belege dafür gibt es bereits vom Anfang des 18. Jahrhunderts. Heute sind es meist bemalte Eier mit unterschiedlichen Varianten je nach Region.“

Ebenfalls beliebt war der sogenannte Jidáš, der „Judaskuchen“, ein spezieller Kuchen für die Osterfeiertage.

„Das ist ein Gebäck, das am Karfreitag serviert wird und zu dem Honig auf dem Tisch steht. Der Überlieferung nach schützt der Genuss des Judaskuchen gegen Schlangenbisse.“

Zwar ist Tschechien nicht so stark regional geprägt wie Deutschland. Aber bei den Getränken gibt es große Unterschied: Böhmen ist eher Biertrinkerland, in Mähren überwiegt hingegen der Wein oder, vor allem im Osten, der Obstbrand. Dasselbe gelte aber nicht bei den Osterspeisen, sagt Historiker Franc:

„Im Prinzip handelt es sich immer um die gleichen Speisen. Anders sind nur die Formen oder bestimmte Zutaten“.

Ostertisch zu kommunistischen Zeiten

Foto: Martina Schneibergová
Viele der Osterspezialitäten haben eine jahrhundertelange Tradition. Doch wie war das zu Zeiten des Kommunismus? Spielte der verordnete Atheismus etwa auch für die Osterküche eine Rolle, oder machten vielleicht Versorgungsprobleme bestimmte Planungen zunichte?

„Größtenteils waren in den 1970er und 1980er in der Zeit vor Ostern die typischen Spezialitäten ohne große Probleme zu bekommen. So zum Beispiel Osterzöpfe. Was fehlte, war allerdings Lammfleisch. Das hängt mit der landwirtschaftlichen Großproduktion vor dem Jahr 1989 zusammen. Die Produktion von Lamm- oder Kalbsfleisch in der Landwirtschaft wurde damals nicht gefördert“, so Martin Franc.

Und da sind wir wieder beim Lammfleisch, das auch heute hierzulande eine Art Rarität zu sein scheint. Denn man muss schon gehörig Glück haben, will man im Supermarkt dieses Fleisch finden. Wie sieht das der Historiker Franc?

Lammfleisch  (Foto: Tschechisches Fernsehen)
„Auch früher schon, im 18. Jahrhundert etwa, war Lamm eine der teuersten Fleischsorten überhaupt. Ich denke, bis heute ist es für tschechische Landwirte eher ungewöhnlich, Lamm- oder Kalbfleisch zu produzieren. Der meiste Anteil des Lammfleisches auf dem tschechischen Markt kommt aus Neuseeland oder aus Irland. Wenn hierzulande jemand Schafe züchtet, dann wegen der Käseproduktion. Schafskäse wird immer beliebter hierzulande. Aber die Haltung von Schafen wegen des Fleischs, oder um Wolle oder Leder zu gewinnen, steckt heute in Tschechien in der Krise.“

Keine Krise kennt hingegen das Backgewerbe beim Absatz von Osterzöpfen (mazanec). Wie viele pro Jahr verkauft werden, dazu gibt es keine Statistiken. Den Umfragen nach gehört aber solch ein Zopf für 70 Prozent der tschechischen Haushalte einfach zum Osterfest. Um den Grund zu finden, muss man ganz weit zurückblättern in den Geschichtsbüchern:

Foto: Verlag Avicenum
„Das ist die älteste Tradition in der böhmischen Osterküche. Sie stammt aus dem Mittelalter, es gibt aber auch viele Belege aus der frühen Neuzeit, dem 16. Und 17. Jahrhundert. Da tauchen auch die ersten Rezepte für Osterlämmer aus Teig auf. Sehr gut beschrieben ist dies in einem tschechischen Kochbuch von Bavor Rodovský z Hustiřan vom Ende des 16. Jahrhunderts. Das war ein sehr ausgefeiltes Rezept, ein wirkliches Bildhauerwerk aus Teig.“

Bildhauerwerk aus Teig

Rund 60 Prozent der Tschechen backen übrigens die Osterzöpfe oder Osterlämmer immer noch selbst. Allerdings steigt die Zahl jener, die lieber im Supermarkt ins Regal greifen. Und beim Osterlamm gilt: Es gibt viele Varianten. Manche sind aus einem Quarkteig, aber am liebsten mit vielen Eiern. Denn schließlich sind Eier ja wohl das wichtigste österliche Symbol, wenn auch nicht das einzige, wie Martin Franc betont:

„Neben den Eiern spielt die grüne Farbe bei den Speisen, weniger bei den Getränken eine Rolle. Und zwar auch als Symbol des Frühlings. Es sind die neuen Kräuter. Ebenfalls beliebt ist zum Beispiel die Beimischung von jungen Brennnesseln zu den Speisen, etwa zur velikonoční nádivka oder zur Suppe.“

Foto: Tschechisches Fernsehen
Inwieweit aber bezieht sich diese Tradition auf den Gründonnerstag?

„Es stimmt, es gibt diese Tradition am Gründonnerstag, dass etwas Grünes im Essen sein sollte. Aber die Zugabe von grünen Kräutern oder Brennnesseln ist für die gesamte Osterküche typisch, also auch für die folgenden Tage.“

Und damit wünschen wir ein schmackhaftes Ende der Fastenzeit.

Autor: Till Janzer
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