Mozart persönlich im Ständetheater zurück

„Mozart und die anderen“ (Foto: Patrik Borecký, Archiv des Nationaltheaters in Prag)

Mozart kehrt nach Prag zurück. Und er bringt auch Beethoven und Haydn mit. Das konnten die Besucher des Ständetheaters am vergangenen Donnerstag erleben – und zwar in zwei Gegenwartsopern, die ihre tschechische Premiere hatten und den genialen österreichischen Komponisten in ungewöhnlichen Zusammenhängen vorstellen. Die eine ist die Kammeroper „Letters, Riddles und Writs“ vom britischen Pionier des Minimalismus Michael Nyman und die andere das groteske Werk „The Classical Style“ vom US-amerikanischen Komponisten Steven Stucky. Sie werden zusammen unter dem Titel „Mozart und die anderen“ aufgeführt.

„Mozart und die anderen“  (Foto: Patrik Borecký,  Archiv des Nationaltheaters in Prag)

„Mozart und die anderen“  (Foto: Patrik Borecký,  Archiv des Nationaltheaters in Prag)
Michael Nyman hat seine Kammeroper „Letters, Riddles und Writs“ anlässlich des 200. Todestags von Mozart geschrieben. Das Libretto ist eine poetische Kollage, es besteht aus Fragmenten von Mozarts Korrespondenz mit seinem Vater Leopold und auch einigen bizarren Rätseln, die der Komponist 1786 für den Wiener Karneval geschrieben hat. Nyman benutzt in seiner Oper seinen typischen repetitiven Stil. Das Orchester spielt in einer ungewöhnlichen Besetzung. Dirigent David Švec hat die beiden Opern mit dem Ensemble des Nationaltheaters einstudiert:

„Das Orchester besteht bei Nymans Oper nur aus 15 Musikern. Vertreten sind auch einige Instrumente, die sonst in der Oper kaum erklingen wie Saxophone und eine Bassgitarre. Das ist sehr speziell.“

„Mozart und die anderen“  (Foto: Patrik Borecký,  Archiv des Nationaltheaters in Prag)
Nymans Kammeroper zeigt einen leichtsinnigen, aber auch melancholischen Mozart, der auf eine pragmatische Welt trifft. Völlig anders wird der Komponist in der zweiten Oper vorgestellt. Der US-amerikanische Komponist Steven Stucky hat sich das Werk „The Classical Style“ vom Pianisten und Musikwissenschaftler Charles Rosen als Inspiration genommen. Stuckys Oper heißt genauso. Sie ist ein grotesker Führer durch die klassische Musik. Zu Beginn des Stücks langweilen sich die drei Wiener Klassiker Mozart, Beethoven und Haydn im Himmel. Haydn entdeckt in der New York Times einen Artikel darüber, dass die klassische Musik zu Beginn des 21. Jahrhunderts immer weniger Anhänger hat. Die drei Komponisten begeben sich auf die Erde und suchen nach dem Musikwissenschaftler Charles Rosen. Dieser soll ihr Vermächtnis retten. Stucky sowie Nyman zitieren in ihren Opern ausgiebig aus berühmten klassischen Werken. David Švec:

„Mozart und die anderen“  (Foto: Patrik Borecký,  Archiv des Nationaltheaters in Prag)
„Nyman arbeitet mit kurzen Motiven, die vielleicht für die Öffentlichkeit nicht immer erkennbar sind. Beide Komponisten verwenden beispielsweise die berühmte Arie von Leporello aus Mozarts Don Giovanni, sie gehen jedoch jeweils anders damit um. Stuckys Oper ist voll musikalischem Witz. Die Idee der Oper besteht vermutlich darin, dass die klassischen Komponisten schon Großes geleistet hätten und die Musikwissenschaftler nicht immer wieder dieses deuten müssten.“

Der Dirigent fügt noch an, er habe nach der Premiere mit einigen Musikkritikern gesprochen. Denn selten schreibe jemand eine Oper über ihre Zunft und die der Musikologen. Die Befragten hätten sich gut amüsiert, berichtet Švec.

„Mozart und die anderen“  (Foto: Patrik Borecký,  Archiv des Nationaltheaters in Prag)
Die Rolle Mozarts hat Michael Nyman ursprünglich für die Schauspielerin und Sängerin Ute Lemper geschrieben. Im Ständetheater singt Sopranistin Alžběta Poláčková die Partie des Komponisten in den beiden Opern.

„Es ist eine Herausforderung, den großen ,Wolfi‘ zu singen. Aber es macht mir viel Spaß. Bei Nyman ist es der sterbende Mozart, der daran denkt, was er alles nicht mehr schaffen konnte. Stuckys Oper ist eine Komödie: Mozart diskutiert im Himmel mit Beethoven und Haydn. Das ist etwas völlig anderes als Nyman. Aber ich genieße beide Teile der Vorstellung.“

Alice Nellis hat Regie geführt bei beiden Opern. Der erste Teil der Aufführung sei minimalistisch und lyrisch, sagt sie:

„Wir haben uns in Mozarts Zeit zurückversetzt und mit der Phantasie des Komponisten gespielt. In der ersten Oper gibt es keine realistischen Dialoge. Die zweite Oper ist eine absurde, ein wenig schwarze Komödie. Auch das Bühnenbild ist mutiger gestaltet. Wir konnten uns zudem zahlreiche visuelle Scherze leisten. Wenn die Oper zum Schluss doch etwas ernster wird, kehren wir auch visuell zu Formen zurück, mit denen die Vorstellung angefangen hat.“


Die Operninszenierung mit dem Titel „Mozart und die anderen“ wird in dieser Spielzeit noch dreimal aufgeführt: am 25. April sowie am 26. und 28. Mai. Die beiden Opern werden aber auch in der nächsten Saison gespielt, die erste Vorstellung ist für den 20. Oktober angesetzt.