Tschechische Regierungsdelegation reiste zum Brüsseler Gipfel

EU-Verfassung (Entwurf) Foto: CTK

Eine Schlacht konnte die Koalition wieder einmal auf dem Boden des Abgeordnetenhauses erfolgreich für sich gewinnen, doch der politische Krieg steht an. Mehr dazu, welche Position die tschechische Delegation beim Brüsseler Gipfeltreffen verteidigen will, erfahren Sie im folgenden Beitrag von Jitka Mladkova:

EU-Verfassung  (Entwurf) Foto: CTK
Wie Sie bereits unseren Nachrichten entnehmen konnten, ist heute Morgen die tschechische Delegation geleitet von Premier Vladimir Spidla zum EU-Gipfel nach Brüssel abgeflogen. Wie gesagt, mit einem frisch ausgefochtenen Mandat des Abgeordnetenhauses. Mit diesem kann Spidla am Brüsseler Verhandlungstisch die tschechische Position besonders bezüglich zweier Themen präsentieren: bei der Wahl eines neuen Präsidenten der Europäischen Kommission wie auch bei der Abstimmung über die künftige Europäische Verfassung. Auf Beschluss des Kabinetts von Mittwoch wolle Tschechien keinen eigenen Kandidaten als Nachfolger von Romano Prodi vorschlagen und habe auch keinen Favoriten unter den Politikern, die für diesen Posten erwogen werden. In der Debatte zur europäischen Verfassung geht es bekanntlich nach wie vor vor allem um die Stimmengewichtung bzw. um die Frage der so genannten doppelten Mehrheit. Die Positionen der tschechischen Koalition und der Opposition hierzu gehen wohl am weitesten auseinander. Was die tschechische Delegation in Brüssel durchsetzen will, fasste Außenminister Cyril Svoboda in einem Interview mit dem Tschechischen Rundfunk etwa so zusammen: Jedes Land müsse seinen EU-Kommissar haben und darüber hinaus auch über das Recht verfügen, sowohl über eigene Finanzquellen als auch über konkrete Fragen der Steuerpolitik zu entscheiden. Anders herum. so Svoboda weiter:

"Anders herum", fügte Svoboda hinzu, "das mathematische Modell muss aber in der Form gebilligt werden, damit wir unseren Bürgern eindeutig nahe bringen können, dass der Wille der Tschechischen Republik in der EU respektiert wird. Selbstverständlich im Einklang mit den anderen Mitgliedern. Es heißt nicht: Wir gegen den Rest der Welt bzw. der Union. Die Europäische Union bilden 25 Länder, und so muss man nach Übereinkunft und Kompromiss streben. Und Kompromiss ist ja keineswegs etwas Unehrliches."

Unter den Journalisten, die mit der tschechischen Regierungsdelegation nach Brüssel flogen, ist auch Alexis Rosenzweig von der französischen Redaktion Radio Prags. Kurz nach seiner Ankunft fragten wir ihn nach der Stimmung an Board der tschechischen Regierungsmaschine und im Brüsseler Hauptquartier:

Premierminister Vladimir Spidla  (Foto: CTK)
"Premierminister Vladimir Spidla hat mit den Journalisten während des Fluges überhaupt nicht gesprochen, aber für ihn ist die Situation nach der Koalitionsniederlage bei der Europawahl sehr unangenehm. ODS-Chef Mirek Topolanek hat am Dienstag einen Brief an die Botschaften der EU-Länder verschickt, in dem er den Regierungen der EU-Mitglieder schreibt, die tschechische Koalition sei nicht zu Verhandlungen über die Europäische Verfassung berechtigt. Die Stimmung in Brüssel ist zurzeit nicht die beste, jedoch etwas optimistischer als im Dezember des Vorjahres, als die Verhandlungen wegen offener Fragen gescheitert waren. Nach der jüngsten Europawahl sind sich auch die Staats- und Regierungschefs dessen bewusst, dass sie zu einem Kompromiss kommen müssen. So gibt es z.B. einen Kompromissvorschlag in Bezug auf die am heftigsten diskutierte und umstrittenste Frage der doppelten Mehrheit. Danach soll es eine neue Regelung, nämlich dass 55 Prozent der Staaten, die zugleich 65 Prozent der EU-Bevölkerung ausmachen, den kleineren Staaten wie z.B. Tschechien erleichtern, eine Sperrminorität zu erreichen."