Zeichnung eines tschechischen NS-Opfers als Briefmarke herausgegeben
Nach einer öffentlichen Diskussion wurde der 27. Januar auch in Tschechien zu einem bedeutenden Gedenktag erklärt. Der historische Hintergrund des Gedenktags ist die Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor 60 Jahren. Die vollständige Bezeichnung des Tages lautet: "Der Tag des Gedenkens an die Holocaust-Opfer und der Verhinderung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit".
Kurz vor dem Gedenktag wurde vom tschechischen Ministerium für Informatik eine Briefmarke mit einer Zeichnung von Petr Ginz herausgegeben, einem jüdischen Jungen, der mit 16 Jahren im KZ Auschwitz ermordet wurde. Petr Ginz stammte aus Prag, mit 14 Jahren wurde er nach Theresienstadt deportiert. Dort beteiligte er sich bedeutend an der Herausgabe der Untergrundzeitschrift "Vedem", er zeichnete viel und verfasste Texte. Für eine seiner Scifi-Erzählungen schuf er die Illustration, auf der er seine Vorstellung über die Mondlandschaft und den Blick vom Mond auf die Erde darstellte. Eine Kopie der Zeichnung, die in der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem aufbewahrt wird, nahm vor zwei Jahren der erste israelische Astronaut Ilan Ramon mit an Bord der Raumfähre "Columbia" ins Weltall. Ramon, dessen Vorfahren im KZ Auschwitz ermordet wurden, wollte damit symbolisch den Traum von Petr Ginz, erfüllen - nämlich vom Mond aus mal die Erde zu betrachten. Der Raumflug endete - wie bekannt - am 1. Februar 2003 tragisch. Kurz danach initiierte der tschechische Briefmarkensammler Bretislav Janík eine Petition, um eine Briefmarke als Erinnerung an die beiden Tragödien herauszugeben. Die Petition wurde vom Tschechischen Philatelistenverband unterstützt. Dessen Präsident Lumír Brendl dazu:
"Ich war von dem vom Tschechischen Fernsehen ausgestrahlten Dokumentarfilm persönlich tief beeindruckt, in dem Frau Chava Pressburger, die Schwester von Petr Ginz, über das Schicksal der beiden Prager Geschwister während des Zweiten Weltkriegs erzählte. Sie wurde zwei Jahre später als ihr Bruder nach Theresienstadt deportiert, und dort erlebte sie die Befreiung des Ghettos. Die Raumfähre "Columbia" stürzte an dem Tag ab, an dem Petr Ginz seinen 75. Geburtstag gefeiert hätte."
Die Briefmarke wurde am 20. Januar herausgegeben. Neben der Zeichnung befindet sich darauf auch ein Porträt von Petr Ginz und der Text "Mondlandschaft - Terezín - 1942-1944, Petr Ginz (1928-1944)". Die Briefmarke wurde graphisch von dem Maler und Graphiker Pavel Hrach gestaltet, und Autor des Stichs ist der Graphiker und Stecher Václav Fajt. Mit der Briefmarke wurde ein Ersttagkuvert einschließlich eines Sonderstempels herausgegeben.
Anlässlich der Präsentation der Briefmarke stellte der Leiter des Prager Jüdischen Museums, Leo Pavlát, den Brief von der Schwester von Petr Ginz, Chava Pressburger, vor. Darin hieß es u. a.:
"Die Herausgabe der Briefmarke erweckt in mir Gefühle, die ich kaum definieren kann - so als ob ein Verwandter auftauchen und seine Teilnahme ankündigen würde. Die Petition für die Briefmarke wurde von hunderten tschechischen Bürgern unterzeichnet. Ich meine, dass das etwas über das tschechische Volk aussagt. Ich bin mir dessen bewusst, dass Petrs Schicksal - das Schicksal eines begabten Jungen, dessen Leben abgebrochen wurde, bevor er erwachsen werden konnte, das Schicksal von Tausenden jüdischen Kindern darstellt. Es waren Kinder, die ermordet wurden, ohne dass eine Spur von ihnen übrig geblieben ist. Ich bin dankbar und stolz darauf, dass es viele gute Tschechen gibt, denen es leid tut und die darüber, was passiert ist, traurig sind."
Zusammen mit der Briefmarke wurden die Tagebücher von Petr Ginz vorgestellt, die vom Verlag Trigon herausgegeben wurden.