Gemeinsam lernen: Železná Ruda und Bayerisch Eisenstein wollen eine tschechisch-deutsche Grundschule
Einen grenzüberschreitenden Kindergarten gibt es schon. Nun wollen die Nachbarorte Bayerisch Eisenstein und Železná Ruda ihre Kinder in eine gemeinsame Grundschule schicken. So früh wie möglich Sprachbarrieren abbauen, so lautet das Ziel. Die Bürgermeister der beiden kleinen Grenzorte haben längst erkannt, dass sie nur gemeinsam gegen die Abwanderung bestehen können.
„Der Plan ist, in Železná Ruda zwei neue bayerische Schulklassen einzurichten. Denn die deutsche Schule in Bayerisch Eisenstein ist geschlossen, und wir haben uns mit Bürgermeister Charly Bauer verständigt, dass wir dieses gemeinsame Projekt für die deutschen und tschechischen Schüler nun in unserer Schule verwirklichen wollen.“
Seit drei Jahren müssen die Kinder aus der 1000-Einwohner-Gemeinde Bayerisch Eisenstein ins benachbarte Zwiesel fahren, etwa 15 Kilometer entfernt. Das heißt vor allem: Früh aufstehen, sagt Bürgermeister Charly Bauer.„Bis die Schule beginnt, sind die Kinder eigentlich schon müde. Die tschechische Schule ist dagegen nur zweieinhalb Kilometer entfernt von Bayerisch Eisenstein. Das ist doch ein erheblicher Fortschritt.“
Mit 1700 Einwohnern ist Železná Ruda etwas größer als Bayerisch Eisenstein. Die Schule dort wurde erst vor 15 gebaut. Ausgelegt war sie für 450 Schüler, derzeit sind es aber nur etwa 160. Wenn dort bald deutsche Kinder unterrichtet werden, wäre es nicht das erste grenzüberschreitende Projekt. Einen deutsch-tschechischen Kindergarten in Bayerisch Eisenstein gibt es schon. Darauf will man aufbauen, sagt Charly Bauer.
„Das Modul eins ist der Kindergarten in Bayerisch Eisenstein. Das Modul zwei besteht aus zwei jahrgangsübergreifenden Klassen – erste und zweite, dritte und vierte – in denen nach dem bayerischen Lehrplan mit deutschen Lehrkräften an der tschechischen Schule unterrichtet werden soll.“Sieben Jahre gemeinsamer Vorschul- und Schulbildung könnten die Kinder dann bereits im Alter von zehn Jahren vorweisen. Die guten Erfahrungen mit dem Kindergarten haben die Bürgermeister in ihrem Plan bestärkt.
„Dort singen die Kinder zum Beispiel gemeinsame Lieder auf Deutsch und Tschechisch. Oder machen Ausflüge in die Natur und lernen, dass das Eichhörnchen auf Tschechisch ‚Veverka‘ heißt.“Das spielerische Lernen soll auch in der gemeinsamen Schule im Vordergrund stehen. Michal Šnebergr:
„Einige Fächer werden gemeinsam unterrichtet, zum Beispiel Sport oder auch Kunst und Gestalten. Und natürlich gibt es in diesen Klassen einen erweiterten Unterricht in der jeweiligen Fremdsprache – Deutsch für die tschechischen Kinder und Tschechisch für die deutschen Kinder.“
Die Sprachbarriere soll damit bald der Vergangenheit angehören. Schon jetzt wachsen die beiden Orte immer mehr zusammen. Viele junge tschechische Familien sind nach Bayerisch Eisenstein gezogen und fahren zum Arbeiten nach Tschechien. Michal Šnebergr:
„In Bayerisch Eisenstein leben bereits mehr als 10 Prozent Tschechen. Das heißt, die Annäherung der beiden Nationen ist jetzt schon sehr stark. Eigentlich wollten wir mit dem Projekt erst 2016 beginnen, doch nun gibt es so großes Interesse, dass es wahrscheinlich schon im kommenden Schuljahr 2015/2016 an den Start gehen kann.“